Herzgrab: Thriller (German Edition)
Schließlich trafen sich ihre und Elenas Blicke.
» Durch mehrere Aufträge ist der Preis auf 875 000 Euro angesteigert worden « , sagte die Auktionsleiterin. » 890 000 Euro, der Herr in der ersten Reihe … «
Die Rothaarige deutete unauffällig auf Elena, und die Blondine sah herüber. Als Elena die Frau erkannte, blieb ihr Herz stehen. Die Gebote begannen, doch sie hörte nicht hin. Die Stimme war wie ausgeblendet. Sie fixierte die Frau.
Es war Lydia Hödel, die Tochter des Vorstandsvorsitzenden der Hödel-Immobilien-Bank, die sie gestern im Hotel Caruso beschattet und abgehört hatte.
14
Peter Gerink und Dino Scatozza kamen um kurz nach halb zwei Uhr in Florenz an. Scatozza war zwei Stunden lang gefahren, den Rest der Strecke hatte Gerink wieder hinter dem Lenkrad verbracht, während Scatozza seine eBay-Versteigerung erfolgreich abgewickelt und anschließend die Bezahlung getätigt hatte. Die Freude, ein » Schnäppchen « für neunzig Eur o a n Land gezogen zu haben, stand ihm ins Gesicht geschrieben.
» Was hast du eigentlich ersteigert? « , fragte Gerink beiläufig.
» Geht dich nichts an « , lautete Scatozzas Antwort. Dabei hielt er den Bildschirm so, dass Gerink keinen Blick darauf werfen konnte. Anscheinend war ihm die Sache peinlich, und mittlerweile kam Gerink die Idee mit der günstigen Pornosammlung nicht mehr so abwegig vor.
Gerink parkte in einer engen Seitengasse in der Nähe der Piazza Signoria.
» Hier willst du stehen bleiben? « , fragte Scatozza.
» Sicher, wir bleiben ja nicht lange. « Gerink nahm das Schild des Wiener BKA aus dem Handschuhfach und legte es auf das Armaturenbrett. Falls ihm ein Carabiniere tatsächlich einen Strafzettel verpasste, würden sich die italienischen Kripokollegen darum kümmern. Er stieg aus, streckte das Kreuz durch, bis die Wirbel knackten, und schüttelte die Beine aus.
» Hör auf, das ist peinlich! « , zischte Scatozza.
» Leck mich! «
Die Sonne stand im Zenit, und es gab kaum ein Plätzchen im Schatten. Gerink war noch nie in Florenz gewesen. Irgendwie hatte er sich die Stadt größer vorgestellt, und was er bisher hatte zu sehen bekommen, wirkte alt und schäbig. Sämtliche Häuserdächer, Kirchenkuppeln und spitzen Türmchen trugen rote Schindeln, die Gassen bestanden aus holprigem Kopfsteinpflaster, und zwischen den engen Häuserschluchten hingen Wäscheleinen. Es sah genauso aus wie auf einer klischeehaften Ansichtskarte.
Gerink überquerte einige Straßen und blieb auf der Piazza Signoria stehen. Es hatte mindestens dreißig Grad, und er fühlte sich so durstig wie ein Nilpferd in der Wüste. Hinter einigen Statuen und einem kaum zwei Fingerbreit mit Wasser gefüllten Brunnen, durch den einige Tauben staksten, befand sich der wuchtige Bau der Uffizien. Auf den Treppen saßen einige Touristen im Schatten. So viel wusste er gerade noch, dass darin einige wertvolle Renaissancegemälde hingen. Falls er den Stadtplan richtig in Erinnerung hatte, lagen dahinter der Arno und der berühmte Ponte Vecchio.
Dino hatte nicht übertrieben. Das Arnotal glich einem schwülen Kessel. Besonders an einem heißen Frühlingstag wie diesem zog die übel riechende Suppe aus Autoabgasen, Brackwasser und Kanalisationsgestank alle Register. Hätte er die Stadt nicht beruflich besuchen müssen, wäre er nie auf die Idee gekommen hierherzufahren. Der Platz wirkte nicht gerade gepflegt – ebenso wenig wie der Rest der Stadt.
» Beeindruckt? « , fragte Scatozza.
» Unglaublich « , murrte Gerink. » Wo ist das Revier der Kripo? «
» Wollen wir nicht vorher einen Happen essen gehen? Mir knurrt der Magen. «
» Ist nicht zu überhören, aber ich brenne darauf, deine Landsleute kennenzulernen. Nachher kannst du dir einen Teller Spaghetti reinziehen. Also, wo ist es? «
Widerwillig zog Scatozza eine vergilbte Visitenkarte aus der Hosentasche und warf einen Blick darauf. » In der Via dei Gondi. « Er setzte sich in Bewegung.
Gerink folgte ihm. Scatozza stolzierte durch die Gassen, als kannte er Florenz wie seine Westentasche und hätte Zeit seines Lebens keinen Schritt aus diesem Brackwasserkessel gemacht.
Allerdings wusste Gerink, dass sein Partner auf Sizilien aufgewachsen war – in einem Fischerdorf bei Syrakus. Italienische Mutter und österreichischer Vater, der in Palermo Korrespondent einer Zeitung gewesen war. Warum auch immer, Dino hatte damals den Nachnamen seiner Mutter bekommen. Als er zehn Jahre alt war, erkrankte sein Vater an Krebs, und die
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