Herzgrab: Thriller (German Edition)
Bonus oder zumindest die Bezahlung der Überstunden einbrachte. Der Maresciallo war ein gieriger Hund, doch Vito würde ihm mit seiner Spesenabrechnung schon etwas aus den Rippen leiern.
Er schob sich einen Kaugummi in den Mund. Jetzt würden die beiden gleich links abbiegen und die Straße zum Grundstück der Del Vecchios hinunterfahren, das zwischen den Zypressen und Olivenhainen lag. Für einen Moment vergaß Vito zu kauen. Die Typen hatten doch glatt die Abzweigung verpasst! Sie gaben Gas und fuhren die Straße ins Hügelland hinauf. Vito beschleunigte ebenfalls. Sie durften ihm nicht entwischen. Wohin wollten sie bloß?
Nach wenigen Sekunden erreichte er ebenfalls die Abzweigung und fuhr geradeaus weiter. Die Rücklichter des Pajeros rasten über die Bergstraße und entfernten sich immer weiter vom Anwesen der Del Vecchios. Wohin wollten die nur? In dieser Richtung kam bald der Wald, und danach machte die Bergstraße einen Bogen und mündete in eine Umfahrungsstraße, die aus San Michele hinaus- und zurück nach Florenz führte. Vito schob sich einen weiteren Kaugummi in den Mund. Die Verfolgungsjagd wurde interessant. Jedenfalls glaubte er nicht, dass sich die beiden Kerle verfahren hatten. Sie führten etwas im Schilde – und er würde herausfinden, was. Er war nicht umsonst der ehrgeizigste Mann des Maresciallo, auch wenn dieser das nie zugeben würde.
Plötzlich waren die roten Rücklichter verschwunden. Maledetto! Vito hielt am Straßenrand. Eine Staubwolke stieg vor der Motorhaube auf. Geistesgegenwärtig schaltete er den Motor ab und kurbelte die Seitenscheibe herunter. Hatten die beiden gestoppt? Vito hielt den Kopf aus dem Fenster und lauschte. In weiter Ferne hörte er das Brummen ihres Motors. Da! Zwischen den Bäumen blitzten die Rücklichter auf. Die zwei hatten den Pfad durch den Wald genommen. Diese raffinierten Hunde! Nun ahnte Vito, was sie vorhatten. Der Weg ging etwa einen K il ometer durch den Wald und endete auf einer kleinen Lichtung bei dem abgesperrten Eisengatter. Von dort führte ein Forstweg an der Pferdekoppel entlang zur Rückseite der Del-Vecchio-Villa, wo sich ein Tor befand, das früher als Lieferanteneingang benutzt worden war.
Vito lenkte den Wagen ebenfalls in den Wald, fuhr jedoch nicht bis zur Lichtung, sondern hielt nach etwa fünfhundert Metern zwischen den Bäumen. Von dieser Stelle würde er anschließend relativ leicht ausparken und im Rückwärtsgang zur Bergstraße fahren können, ohne dass die beiden Pappnasen ihn bemerken würden.
Er stieg aus und lief den Rest des Pfades zu Fuß hinunter. Kurz vor der Lichtung versteckte er sich hinter einem Baum. Wie er es vermutet hatte, stand der Pajero vor dem Eisengatter. Die beiden waren nicht einmal darübergeklettert, sondern hatten das Schloss mit einem Dietrich geöffnet. Vergehen Nummer eins! Vito notierte es in Gedanken. Nun hatte der Maresciallo endlich etwas gegen sie in der Hand. Noch mehr, wenn Beatr ic e Del Vecchio aussagen würde, dass sie von den beiden belästigt worden war.
Vito schlich zum Pajero, verbarg sich hinter der Hecktür und lugte seitlich hervor. Die beiden Kerle liefen geduckt an der Pferdekoppel entlang zum Hintereingang. Im Mondlicht waren ihre langen Schatten zu erkennen. Vito schlüpfte am Wagen vorbei und wollte ihnen folgen, als er innehielt. Er spähte in den Pajero. Das Mondlicht fiel durch die Windschutzscheibe auf die Armaturenablage. In der Handyhalterung klemmte ein Mobiltelefon. Auf dem Beifahrersitz lag ein Notizbuch. Vito gluckste vor Freude. Diese Deppen! Er fuhr mit den Fingern in den Türgriff und zog vorsichtig daran. Der Wagen war offen. Vorsichtig schob er die Tür auf. Die Innenbeleuchtung ging nicht an. So dumm waren die beiden also doch nicht, immerhin hatten sie das Licht ausgeschaltet. Vito schnappte sich das Notizbuch. Im nächsten Moment richtete er sich auf, um zu sehen, wo sich die beiden Kollegen befanden. Sie liefen immer noch am Wegrand zum Hintereingang der Villa.
Vito ging wieder in die Hocke, zog seine kleine Stabtaschenlampe aus der Hosentasche und knipste sie im Schutz des Pajeros an. Er hatte das Glas mit dunklen Klebestreifen so präpariert, dass nur ein winziger Punktlichtstrahl durchfiel. Damit beleuchtete er die Seiten des Notizbuchs. Mehrere Einträge auf Deutsch, die er nur bruchstückhaft übersetzen konnte. Mit den Namen konnte er mehr anfangen.
Beatrice
Nicola
Cristina
Zenobia
Matteo
Lorenzo
Salvatore
Hinter jedem Namen stand eine
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