Herzgrab: Thriller (German Edition)
musste ja kommen! Elena lehnte sich an den Wagen, schloss für einen Moment die Augen und inhalierte die Mischung aus Benzingeruch und kühler Abendluft.
» Dahinter stecken Sie, nicht wahr? « , fragte er schließlich.
» Ich musste beruflich zu Rinaldi’s und traf zufällig auf Ihre Tochter. Ich musste das für Sie tun « , erwiderte sie, und es war nicht einmal gelogen.
» Danke. « Allerdings klang er nicht sehr erfreut darüber, dass sie sich in seine Privatangelegenheiten mischte.
» Die Spielsucht Ihrer Tochter lässt sich behandeln. Falls Sie Hilfe benötigen, ich kenne eine gute Therapeutin. «
» Danke, ich übernehme Lydias Schulden, im Gegenzug wird sie eine Therapie machen. Und nun verraten Sie mir, woher Sie davon wissen. «
Das war der springende Punkt. Elena dachte an die Prospekte des Casinos und der Pferderennbahn in Lydias Büro. Währenddessen sah sie durch die Glasfront des Shops, wie Monica durch die Regalreihen ging und die Zeitschriftenständer drehte. Ob sie wieder klaute oder nicht, war Elena in diesem Moment egal. Jedenfalls würde sich Monica, so wie es aussah, noch etwas Zeit lassen.
» Also gut … « Sie verstieß zwar gegen ihre Diskretionspflicht, erzählte Hödel aber schließlich von Monica Del Vecchios Auftrag, der Versteigerung des Gemäldes, ihrem Besuch in Lydias Büro, der DVD , dem Gespräch und dass sie Dindic’ Namen erwähnt hatte.
» Ich habe etwas Ähnliches vermutet « , sagte er. » Danke, dass Sie so ehrlich waren. «
» Sie sind mir nicht böse? «
In diesem Moment verließ Monica den Shop mit einer zusammengerollten Zeitschrift in der Hand.
» Zumindest waren Sie ehrlich zu mir. Wie heißt die Therapeutin? «
Elena nannte ihm Namen und Adresse von Tonis Mutter. Sie hörte, wie er die Daten auf ein Blatt Papier kritzelte.
» Vielen Dank. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem neuen Fall. Sollten Sie meine Hilfe brauchen, zögern Sie nicht, mich anzurufen. Sie wissen ja, ich bin Ihr Juniorpartner. «
Elena schmunzelte. » Ehrensache. «
» Und grüßen Sie Ihren Mann von mir. Er ist ein Glückspilz « , fügte Hödel hinzu.
Danke, dachte sie, brachte das Wort aber nicht über die Lippen.
» Schönen Abend. « Sie legte auf und druckte die Quittung an der Zapfsäule aus. Monica wollte bereits in den Wagen springen, doch Elena hielt sie auf.
» Haben Sie die Zeitschrift geklaut? «
» Was? « Monica wurde rot. » Natürlich nicht! «
» Mittlerweile erkenne ich es, wenn Sie lügen. « Elena schüttelte fassungslos den Kopf und drückte Monica aus ihrer Brieftasche zwanzig Euro in die Hand.
» Was soll ich damit? «
» In den Laden gehen und zahlen! «
» Ich dachte, wir müssten uns beeilen? «
Elena blickte auf die Armbanduhr. » So viel Zeit haben wir noch. «
Widerwillig ging Monica in den Shop und kam eine Minute später mit der Zeitschrift und einer Getränkeflasche heraus.
Sie stieg in den Wagen. » Ich habe uns etwas zum Trinken gekauft. «
» Danke. Behalten Sie das Retourgeld. «
» Hätte ich sowieso. «
Sie fuhren auf der Autobahn weiter nach Siena. Nach einer Weile warf Elena einen Blick auf die Zeitschrift auf Monicas Schoß, ein italienisches Kunstmagazin. » Malerei? «
» Ja, hauptsächlich. Es ist aber auch ein kurzer Artikel über meinen Vater drin. « Ihre Stimme klang immer noch trotzig.
» Worüber? «
» Über seine Maltechnik. «
» Mein Gott, jetzt erzählen Sie schon! «
» Er behauptete immer, er sei zu nichts Geringerem bestimmt, als die Malerei vor den Dilettanten der Modernen Kunst zu retten. «
» Klingt nach einem Egozentriker « , kommentierte Elena, darauf bedacht, es vorsichtig zu formulieren.
» Egozentrisch … Hm, möglicherweise wurde er das im Lauf der Zeit. Vielleicht war es eine Art Überlebensstrategie gegen die strenge Erziehung seines Vaters. «
» Wurde er geschlagen? «
» Und wie! « Plötzlich begann Monica zu erzählen, als wäre der Vorfall an der Tankstelle nie passiert. » Eines Abends, als ich klein war, sah ich durch den Türspalt, wie er sich in seinem Zimmer das Hemd auszog. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich stets gewundert, weshalb er es vermied, seinen nackten Oberkörper zu zeigen. Nun wusste ich es. Im Licht der untergehenden Sonne bemerkte ich die Narben auf seinem Rücken. Angeblich hatte er keine schöne Kindheit gehabt; er war ein Bettnässer und krankhafter Lügner gewesen. «
» Und wie verhielt sich Zenobia, Ihre Großmutter? «
Monica lachte abfällig. »
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