Herzklopfen auf Französisch - Perkins, S: Herzklopfen auf Französisch
Nicht-Streiten. Ich suche nach einer Ausrede, als wir an einem Obdachlosen mit Zottelbart vorbeikommen. Er liegt vor der Metrostation in einem Windschutz aus Karton. St. Clair durchwühlt seine Taschen und legt dem Mann alle seine Euromünzen in den Becher. » Joyeux Noël .« Er wendet sich wieder mir zu. »Also? Taxi teilen?«
Ich sehe mich noch mal flüchtig zu dem Obdachlosen um, bevor ich antworte. Er starrt verblüfft auf die Geldmenge in seinen Händen. Der Frost, der mein Herz überzogen hat, bekommt einen Riss.
»Wann sollen wir uns treffen?«
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Kapitel dreiundzwanzig
E ine Faust hämmert an meine Tür. Ich schlage die Augen auf und mein erster klarer Gedanke ist: - ai, -as, -a, -âmes, -âtes, -èrent . Warum träume ich von Passé-simple-Endungen der Verben auf -er? Ich bin erschöpft. So müde. Tooodmü– WAS WAS WAS ? Eine weitere Schnellfeuer-Klopfsalve an der Tür reißt mich aus dem Schlaf und ich spähe auf die Uhr. Wer um alles in der Welt schlägt um vier Uhr morgens meine Tür ein?
Moment. Vier Uhr morgens. War da nicht irgendwas?
O nein. NEIN NEIN NEIN.
»Anna? Anna, bist du da? Ich warte seit einer Viertelstunde in der Eingangshalle.« Ein Geräusch, als würde jemand auf den Fußbodendielen herumkriechen, und dann höre ich St. Clair fluchen. »Und wie ich sehe, brennt bei dir kein Licht. Hervorragend. Hättest mir ruhig sagen können, dass du vorhast, ohne mich zu fahren.«
Ich springe wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett. Ich habe verschlafen! Ich kann es nicht fassen, ich habe verschlafen! Wie konnte das nur passieren?
St. Clairs Stiefel stampfen davon und sein Koffer rollt schwer hinter ihm her. Ich werfe meine Tür auf. Obwohl die Kristallleuchter zu dieser nachtschlafenden Zeit gedimmt sind, muss ich blinzeln und mir eine Hand über die Augen legen.
Langsam kann ich St. Clairs Umrisse erkennen. Er ist verblüfft. »Anna?«
»Hilfe«, keuche ich. »Hilf mir.«
Er lässt seinen Koffer fallen und läuft zu mir. »Ist alles in Ordnung? Was ist passiert?«
Ich ziehe ihn in mein Zimmer und knipse das Licht an. Nun wird das ganze Elend sichtbar. Meine Koffer mit offenen Reißverschlüssen und Klamotten, die wie Akrobaten daraufgeschichtet sind. Hygieneartikel, die um mein Waschbecken verteilt sind. Bettlaken, die zu Seilen zusammengedreht sind. Und ich. Zu spät fällt mir ein, dass nicht nur mein Haar völlig zerzaust und mein Gesicht mit Pickelcreme beschmiert ist, sondern ich zu allem Übel auch noch einen Batman-Schlafanzug aus Flanell anhabe.
»Das darf doch nicht wahr sein.« St. Clair ist schadenfroh. »Du hast verschlafen? Ich hab dich geweckt?«
Ich sinke zu Boden und schaufle hektisch Kleidungsstücke in meinen Koffer.
»Du hast noch nicht gepackt?«
»Ich wollte nach dem Aufstehen weitermachen. KÖNNTEST DU MIR JETZT ENDLICH HELFEN ?« Ich zerre an einem Reißverschluss, der sich in einem gelben Bat-Symbol verfängt. Frustriert schreie ich auf.
Wir werden unseren Flug verpassen. Wir werden ihn verpassen und ich bin schuld. Und wer weiß, wann der nächste Flug ist? Wir werden den ganzen Tag hier festsitzen und ich werde niemals pünktlich zu Bridges und Tophs Auftritt kommen. Und St. Clairs Mom wird weinen, wenn sie ohne ihn zu ihrer ersten internen Strahlenbehandlung ins Krankenhaus muss, weil er auf einem Flughafen am anderen Ende der Welt hockt, und es ist ALLES MEINE SCHULD.
»Okay, okay.« Er nimmt den Reißverschluss und wurschtelt ihn aus meiner Schlafanzughose. Ich gebe komische Laute von mir, ein Mittelding zwischen Stöhnen und Kreischen. Schließlich gelingt es ihm. Er legt mir die Hände auf die Schultern, um mich zu beruhigen. »Zieh dich an. Wisch dir das Gesicht ab. Ich übernehme den Rest.«
Genau, eines nach dem anderen. Ich schaffe das. Ich schaffe das.
AAAAH !
Er packt meine Sachen. Denk nicht daran, dass er deine Unterwäsche anfasst. Denk BLOSS nicht daran, dass er deine Unterwäsche anfasst. Ich schnappe mir mein Reiseoutfit – das ich mir zum Glück schon am Abend bereitgelegt habe – und erstarre. »Ähm.«
St. Clair blickt auf und sieht mich mit meiner Jeans in den Händen dastehen. Er verhaspelt sich ein wenig, als er sagt: »Ich … Ich gehe raus …«
»Dreh dich um. Dreh dich einfach nur um, wir haben keine Zeit!«
Schnell dreht er sich um und beugt sich tief über meinen Koffer, um mir allein durch seine Haltung zu zeigen, wie sehr er nicht hersieht. »Was ist denn passiert?«
»Keine Ahnung.« Ich blicke noch einmal
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