Herzklopfen - Down Under (German Edition)
über und ließ das Schloss unter dem Kinn einrasten. Er steckte den Schlüssel ins Zündschloss und drückte auf den Startknopf. Jake liebte den tiefen, blubbernden Sound seiner Suzuki. Wie das zufriedene Schnurren einer Raubkatze, dachte er immer. Jetzt wäre ihm allerdings lieber, das angenehme Geräusch wäre nicht zu hören, denn er fürchtete, Chris könnte darauf aufmerksam werden. Seine Sorge stellte sich rasch als unbegründet heraus. Hunt drehte das Autoradio erneut auf die volle Lautstärke. Das dumpfe Dröhnen der Bässe war bis zum Parkplatz zu hören. In – wie Jake hoffte – sicherer Entfernung und ohne Licht hängte er sich an den schäbigen Pick-up. Inzwischen goss es so heftig, dass die hohe Luftfeuchtigkeit Dampfschwaden aufsteigen ließ. Wie ein Spiegel glänzte der nasse Asphalt. Kleine Rinnsale bahnten sich gluckernd und glucksend ihren Weg durch die Vertiefungen neben den Gehwegen. In der Ferne grollte es. Es war ein Spätsommergewitter, das den nahen Herbst ankündigte.
Jake gelang es, dem Ford unbemerkt nach Norden bis in die George Main Road zu folgen. War die Schule Hunts Ziel? Hielt er Nele dort versteckt? Aber Jake hatte jeden Zentimeter des Geländes durchkämmt, und Tony hatte bislang nichts von sich hören lassen. Die Henleys hätten ihn mit Sicherheit darüber informiert. Jake bezweifelte, dass Nele sich irgendwo in der Nähe der Victor Harbor High aufhielt. Tatsächlich ließ Chris das Schulgebäude links liegen.
Wenig später passierten sie die Polizeistation. Der Pick-up beschleunigte und Jake presste grimmig die Lippen aufeinander. Typisch Hunt. Der Abstand zwischen ihnen vergrößerte sich zusehends. Er durfte den Wagen nicht verlieren. Entschlossen drückte Jake aufs Gas.
Als sich der Ford in den dritten Kreisel einfädelte, geriet seine Maschine ins Schlingern, und bei dem Versuch, das Motorrad zu stabilisieren, rutschte seine rechte Hand vom Griff. Er reagierte blitzschnell, doch auf der regennassen Straße hatte er keine Chance. Die Suzuki schlitterte quer über den Asphalt.
Wie betäubt blieb Jake neben seiner Maschine liegen, bevor er einen frustrierten Schrei ausstieß. Wütend und geschockt zugleich bewegte er vorsichtig seine Glieder, um zu sehen, ob er irgendeine Verletzung davongetragen hatte. Es funktionierte alles. Lediglich die Knöchel seiner linken Hand waren aufgeschürft und bluteten leicht. Im Ärmel seiner bereits schon ramponierten Jacke klaffte ein Loch. Es hätte Schlimmeres passieren können. Leise fluchend erhob er sich. Wie gut, dass um diese Zeit fast niemand unterwegs war, sonst wäre die Sache vielleicht nicht so glimpflich ausgegangen. Behutsam zog er das schwere Gefährt hoch. Außer ein paar Schrammen am Lack schien sein Baby unbeschädigt zu sein. Gott sei Dank!
Als er sich hinaufschwang, fuhr ein stechender Schmerz durch seine Hüfte. Er schnappte nach Luft, biss die Zähne zusammen. Er würde sich später darum kümmern. Sicher nur eine Prellung. Rasch warf er einen Blick zurück zur Straße, aber der Ford Falcon war in der Dunkelheit verschwunden.
»Shit! Verdammter Shit«, wetterte er. Er musste zusehen, dass er Hunt einholte. Mit zitternden Fingern steckte er den Zündschlüssel ins Schloss. Ihm war klar, dass er leicht unter Schock stand, aber er gönnte sich keine Ruhe. Er musste Nele finden. Er sandte ein Stoßgebet gen Himmel, als die Suzuki ansprang und ihr vertrautes Blubbern hören ließ. Es krachte ordentlich, als Jake den ersten Gang einlegte. Die Maschine machte einen kleinen Satz nach vorn. »Komm schon, Mädchen«, murmelte er. »Wir müssen weiter.«
Er drückte aufs Gaspedal, doch am Kreisel angekommen, blieb er stehen. Welche Ausfahrt hatte Chris gewählt? War es die zweite oder die dritte gewesen? Jake glaubte sich daran zu erinnern, dass Hunt sich für Letztere entschieden hatte. `Adelaide via Yankalilla´ verkündete das grüne Schild am Straßenrand in weißen Lettern. Yankalilla? Was zum Teufel wollte Hunt im beschaulichen, ländlichen Yankalilla? Oder wollte der Spinner gar ins vierundachtzig Kilometer entfernte Adelaide? Nein, das schien Jake nicht wahrscheinlich. Während er der sanft geschwungenen Landstraße den Hügel hinauf folgte, ließ der Regen nach. Die Sicht klarte auf. Von Chris’ Wagen weit und breit keine Spur.
*
Der Geruch von moosiger Erde, frischem Holz und feuchten Blättern stieg Nele in die Nase. Sie fühlte sich flüchtig an ihre Pfadfinderzeit erinnert, wo es in den Camps in den
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