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Herzklopfen für Anfänger

Herzklopfen für Anfänger

Titel: Herzklopfen für Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lynne Barrett-Lee
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aussehen«, warf ich ein. Ich überlegte, ob ich nicht lieber die Waschmaschine ausräumen oder den Hund entwurmen sollte. Merlin, der atmosphärische Störungen sofort mitbekam, erhob sich und schlich in die Waschküche.
    »Reizend?«, schrie Kate und stach mit einem schwarz lackierten Fingernagel auf das Foto. »Reizend? Darin? Ich werde aussehen wie eine alte Frau. Wie kommst du auf die Idee, dass mir ein Kleid stehen könnte, das so aussieht, als sei es aus den Vorhängen eines Altersheims genäht worden? Es ist grässlich! Grauenhaft! Entsetzlich!« Sie schlug angewidert mit der Hand auf das Foto.
    Jonathan schlug sein Fensterleder in der Luft aus. Es gab ein knallendes Geräusch wie einen Schuss, und Wassertropfen regneten über den Tisch.
    »Oh!« Morgan schnalzte mit der Zunge. »Dad!«
    Er knüllte das Leder wieder zusammen und blickte seiner jüngeren Tochter über die Schulter, um sich das Foto anzuschauen. »Du liebe Güte, Kate. Du musst es nur einmal anziehen. Für ein paar Stunden. Das wird dich nicht umbringen.«
    Sie nickte nachdenklich. »Ja, genau, Dad. Aber wenn, würde sowieso keiner den Unterschied merken, weil ich darin sowieso aussähe wie eine Leiche.«
    Jonathan verzog das Gesicht und ging wieder in die Garage. Morgan, die über seinen Mangel an Beistand sichtlich sauer war, sammelte all ihre Fotos und Farbkopien wieder ein. »Hm«, sagte sie und warf ihrer Schwester einen verächtlichen Blick zu. »Es wäre meiner Meinung nach eine deutliche Verbesserung. Jetzt siehst du aus wie gerade der Gruft entsprungen. Und was verstehst du schon von Stil? Sancha fand es jedenfalls sehr hübsch.«
    Sancha, die andere Brautjungfer, war die Nichte des Bräutigams, Cody. Wir hatten sie auf der Verlobungsparty kennengelernt. Sie trug eine knallbunte Zahnspange, plagte sich mit einer Essstörung, besaß aber auch eine schicke Handtasche und ein Kundenkonto bei Harvey Nicholls. Morgan ließ sich von solchen Details beeindrucken.
    Kate nicht. »Morgan, Sancha ist zwölf. Zwölfjährige haben überhaupt keine Ahnung. Ihnen macht es nichts aus, aufgerüscht zu werden wie eine Klopapierrolle. Zwölfjährige haben noch keine Brüste, und – und – und, na ja, noch keine Gefühle. Vielleicht hat sie gedacht, sie sieht süß darin aus. Aber ich meine, guck es dir doch an! Es hat Puffärmel, du liebe Scheiße!«
    An diesem Punkt hätte ich normalerweise eingegriffen und »Hör auf zu fluchen, Kate« eingeworfen oder »Es reicht jetzt, Fräulein!«, aber ich hatte noch nicht ganz den Mund aufgemacht, als Morgan sagte: »Ja, Kate, ich weiß.«
    Um genauer zu sein, war es weniger, was sie sagte, sondern, wie sie es sagte, was die Temperatur im Raum um einige Grade sinken ließ. Kate jedoch merkte es offensichtlich nicht, denn sie antwortete: »Aber warum? Ich meine, was hast du dir dabei gedacht? Hasst du mich so sehr?«
    »Eigentlich«, sagte Morgan lächelnd, »gab es ein anderes Kleid, das mir sehr gut gefiel. Ein Etuikleid. Aus Satin. Es war wirklich sehr hübsch. Aber leider nicht passend.«
    »Nicht passend?«, fragte ich. Eine unbehagliche Vorahnung stieg in mir auf.
    »Nein«, fuhr Morgan fort. Sie wandte den Blick von ihrer Schwester ab und lächelte mich an. »Es war nämlich ärmellos, weißt du.«
    »Ärmellos?«, sagte ich.
    »Ja, ärmellos«, wiederholte sie.
    „Ich wollte gerade fragen, was Ärmel damit zu tun hatten, als Kate das Gesicht verzog, als hätte sie auf eine Schnecke gebissen. Sie blinzelte uns an. »Ah, jetzt kapiere ich«, murmelte sie. Morgan sagte nichts.
    Aber ich sagte: »Und was gibt es da für ein Problem?«
    »Das musst du schon Kate fragen«, erwiderte Morgan.
    »Du blöde Kuh«, zischte Kate.
    »Moment«, warf ich ein. Was um alles in der Welt war da los?
    »Du blöde Kuh«, zischte Kate wieder. »Du verdammte blöde Kuh.«
    Morgan schwieg. Sorglos blätterte sie in ihren Unterlagen. Nun, beinahe jedenfalls. Bei genauerem Hinsehen sah ich, dass ihre Finger leicht zitterten.
    »Hört mal«, begann ich.
    »Tja«, unterbrach Morgan mich. „Das war es dann wohl. Soll ich Wasser aufsetzen oder die Flasche Chablis aufmachen? Mum? Ein Glas Wein?«
    Kate, von der ich eigentlich erwartet hätte, dass sie wütend aus dem Zimmer stampfen würde, blieb mit wächserner Miene sitzen.
    »Hört mal«, sagte ich noch einmal. »Was ist denn los, Kinder?«
    Morgan stand auf und machte sich an der Küchentheke zu schaffen. Ich blickte Kate an.
    »Na?«
    »Nichts.«
    »Ich bin nicht völlig

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