Herzklopfen für Anfänger
Problem.«
»Wirklich?«
»Wirklich. Natürlich muss ich vorher alles mit der Polizei klären, aber …«
»Mit der Polizei?«
»Ja, in Charing Cross. Er hat mir ihre Nummer gegeben. Es geht alles ganz einfach – am wichtigsten ist jedoch, dass wir mehr Unterschriften brauchen. So viel Hilfe, wie wir nur bekommen können. Ich habe mich natürlich gefragt, ob du diesen Samstag arbeiten musst. Und?«
»Nun, zufällig nicht, aber …«
»Hervorragend! Es macht dir doch nichts aus vorbeizukommen, oder? Nur für zwei Stunden. Bring Kate und Merlin mit. Ja, vor allem Merlin. Er wird uns nützen, weil ihn die Leute bestimmt alle streicheln wollen. Und wenn sie denken, es sei für den Tierschutz, dann unterschreiben sie sowieso. Oh, ist das nicht alles aufregend?«
In jener Nacht träumte ich tatsächlich von meiner Mutter. Ich träumte, sie würde in einem Trikot und Leggings über die Chinesische Mauer laufen, dabei selbst gezüchtete Usambaraveilchen und Hundekuchen verteilen und tibetanische Mönche bitten, ihre Petition zur Rettung des Frauenhauses zu unterschreiben. Dann wachte ich auf.
Natürlich wache ich in den meisten Nächten auf, aber meistens auf relativ unkomplizierte Art. Wenn ich nicht durch einen Traum aufgeschreckt werde, komme ich nach und nach wieder zu mir. In der einen Minute schlafe ich, und in der nächsten bin ich wach. Meine Augen sind offen, ich bin noch ganz benommen im Kopf, meine Füße sind kalt.
Aber dieses Mal war es anders. Ich öffnete die Augen und suchte im dunklen Zimmer nach Hinweisen. Etwas hatte mich geweckt.
Still lag ich ein oder zwei Minuten lang da und wartete auf das Geräusch, das mich offenbar geweckt hatte. Aber da war nichts. Nur das Ticken meiner Uhr auf dem Schminktisch und ein fernes, leises Summen von der Autobahn.
Aber da war etwas gewesen. Ich setzte mich auf die Bettkante. Es war eine schwüle Nacht. Der Himmel sah blauschwarz aus, erleuchtet von einem Mond, den ich nicht sehen konnte. Die Kronen der Bäume bewegten sich nicht. Jonathan drehte sich im Schlaf um, als ich aufstand, um aus dem Fenster zu schauen.
Da war etwas gewesen. Aber was? Ich hatte keine Angst. Mit den nächtlichen Geräuschen in unserem Haus war ich so vertraut, dass es mir im Dunkeln nicht bedrohlicher vorkam als tagsüber. Auf bloßen Füßen tapste ich die Treppe hinunter und ging in die Küche. Merlin, der vierundzwanzig Stunden lang aufpasste, falls einmal ein Moorhuhn vorbeikommen sollte, klopfte zweimal mit dem Schwanz auf den Boden, blieb aber in seinem Körbchen. Ich bückte mich und streichelte ihm über den Kopf.
Da war etwas gewesen. Nicht das Telefon. Kein Dachbalken. Keine Fußbodendiele. Die Heizung vielleicht. Nein. Ein anderes Geräusch.
Ich öffnete den Kühlschrank und nahm eine Packung Heidelbeersaft heraus. Das gelbe Licht beleuchtete das mit Frischhaltefolie abgedeckte Hühnchen, das ich für Jonathan verwahrt hatte. Wann hatten wir eigentlich das letzte Mal zusammen gegessen? Das musste Wochen her sein. Auf dem Ablaufbrett stand ein umgedrehtes Glas. Ich ergriff es und schenkte mir Saft ein. Auf der Arbeitsfläche lag mein Handy. Das Ladegerät steckte in der Steckdose neben den Kochbüchern. Das Licht durch das Küchenfenster fiel darauf, und als ich es in die Hand nahm, fiel es mir ein. Natürlich. Ich hatte eine Nachricht bekommen. Natürlich. Das Handy. Das kleine Geräusch, das es von sich gab, wenn es eine Nachricht empfing. Ich blickte zur Wanduhr. Zehn nach vier. Und eine SMS für mich. Um diese Uhrzeit? Wer mochte das sein?
Geistesabwesend fragte ich mich, ob meine Mutter mir vielleicht mitten in der Nacht eine Nachricht wegen ihrer Petition schickte. Ich drückte auf den Knopf, um die Nachricht zu sehen.
Und da war sie. Die Telefonnummer sagte mir nichts.
Mars. Im Süden. Wow. Es lohnt sich hinzusehen, wenn du auf bist.
Darunter ein N – für Nick. Die SMS war also von ihm. In meinem Bauch begann es zu flattern. Ohne nachzudenken griff ich nach meinen Schlüsseln und ging durch den Vorraum in den Garten, das Telefon fest in der Hand. Mitten in der Nacht. Der Himmel zeigte sich von Sternen übersät, und das Gras unter meinen nackten Füßen fühlte sich weich und feucht an. Und da war der Mars. Klar und kräftig leuchtete er über mir, als sei er gerade erst nur für mich aufgegangen.
Das Faszinierende an Sternen und Planeten ist einfach die Tatsache, dass es sie gibt. Nicht ihr Licht an sich – Licht ist schließlich Licht, ganz gleich, woher
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