Herzklopfen für Anfänger
ferngesehen und es sei Zeit, ins Bett zu gehen.
»Kommst du auch?«, fragte er. Das war das Codewort für Sex.
Es gab nicht viel Sex in unserer Ehe. Als Freizeitvergnügen stand er höchstens auf der B-Liste, wenn er gerade in Jonathans Terminkalender hineinpasste. Alle vierzehn Tage vielleicht, wenn sonst nichts anstand. Das war immer schon so gewesen. Ich hatte mich in einen Mann verliebt, der um die junge Frau trauerte, die auf so tragische Weise ums Leben gekommen war, und der sich als alleinerziehender Vater herumschlug. War es ein Wunder, dass er keinen besonders großen sexuellen Appetit hatte?
Und ich? Die naive, schüchterne, unsichere junge Frau? Ich hatte mich natürlich so verhalten, wie jede liebende Ehefrau es getan hätte. Geduldig, verständnisvoll und anspruchslos. Dann war Kate zur Welt gekommen, und wir hatten beide kaum noch Interesse. Es lag alles so klar auf der Hand. So ein Wahnsinn. Ich war zu jung, zu unerfahren, zu blöd gewesen, um zu merken, dass es anders hätte sein können – sein sollen.
Aber Sex gehörte zur Ehe, und wir hatten schon seit drei oder vier Wochen nicht miteinander geschlafen. Sex war fällig. Und deshalb wartete er an der Tür auf mich, eine Hand in der Tasche.
Ich nickte und ging in die Küche, um aufzuräumen. »Ja, ich komme«, sagte ich. Es würde nicht lange dauern. Kurz spielte ich mit dem Gedanken zu trödeln. So lange, bis er aufgeben und einschlafen würde. Aber irgendetwas sagte mir, dass das heute Abend nichts nützen würde.
Ich kann das, sagte ich mir. Ich muss es. Ich muss.
Langsam schleppte ich mich die Treppe hoch, auf meinen zwei schuldbewussten Füßen, um ins Bett zu gehen.
Er hatte das Licht ausgeschaltet und die Vorhänge zugezogen. Noch bevor ich neben ihm lag, begann er mit seiner lieblosen Art, Liebe zu machen. Auf einmal wusste ich mit absoluter Sicherheit, dass ich das mit Jonathan nie wieder tun wollte.
Wenn einem etwas Spaß macht, vergeht die Zeit im Nu, heißt es. Aber das stimmt nicht. Die Woche, diese eine kurze Woche, hatte sich angefühlt wie ein ganzes Leben. Freitagfrüh in der Dämmerung überfiel mich die Erinnerung daran, und ich fühlte einen dumpfen Schmerz. Würde ich mich jeden Morgen so fühlen?
»Du bist aber früh auf«, meinte Jonathan, als ich durchs Schlafzimmer tapste, Schranktüren öffnete und den Inhalt inspizierte. Ich würde mein blaues Kostüm anziehen. Konservativ, gedeckt. Aber mit meiner knallrosa Bluse. Das würde Drug-U-Like gefallen.
»Heute ist mein Bewerbungsgespräch.«
»Bewerbungsgespräch?«
Er drehte sich im Bett um.
»Ja«, sagte ich, dankbar für sein schlechtes Gedächtnis. Seinen Mangel an Interesse. Das war ein guter Impfstoff gegen meine Schuldgefühle. Was ich jedoch mit meinem Schmerz machen sollte, wusste ich nicht. »Mein Bewerbungsgespräch wegen des Jobs als Filialleiterin. Es ist um Viertel nach elf.«
»Ach ja«, murmelte er. Er wollte erst nach dem Mittagessen in die Praxis fahren und hatte anscheinend vor, noch eine Weile im Bett zu bleiben. Blinzelnd schaute er zum Wecker. »Aber es ist doch erst sieben.«
Ich riss die Packung einer neuen Strumpfhose auf.
»Ja, ich muss vorher in die Firma. Ich muss noch ein paar zusätzliche Kopien meines Lebenslaufs machen.« Das stimmte gar nicht. Ich wollte einfach nur aus dem Haus.
Er grunzte und nickte, die Augen immer noch halb geschlossen.
»Du hast doch nicht vergessen, dass du diese Wagner-CD abholen musst, oder? Ich habe Bob versprochen, dass ich sie habe, wenn sie kommen. Weißt du, ob sie heil gelandet sind?«
Ich wusste es nicht. Bob und die blöde Androulla. An diesem Wochenende hatten die beiden mir gerade noch zu meinem Glück gefehlt. Ich nickte.
»Nein, aber es ist bestimmt alles in Ordnung.«
Er lächelte schläfrig. »Nun, dann viel Glück.«
Ich nickte. »Danke.« Wofür eigentlich?
Die Büros, in denen jetzt die Verwaltung von Drug-U-Like saß, befanden sich in einem großen, verspiegelten Gebäude außerhalb von Crawley, in einem dieser Businessparks, in denen Fontänen auf gepflegte Rasenflächen regnen. Ich öffnete die Drehtür und ging über eine ähnliche geschorene Teppichfläche zu einer schlanken Empfangsdame, die gespenstischer Weise ähnlich gekleidet war wie ich und mir lächelnd hinter ihrer Theke entgegensah.
Nick hatte mir eine SMS geschickt und mir Glück gewünscht. Er schrieb, er wisse noch nicht, wie er ohne mich funktionieren sollte, es täte ihm sehr weh, aber er verstünde mich. Dann
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