Herzklopfen für Anfänger
Filialleiter bei Sandals, als ich in der Ausbildung war, uns auf einer Personalversammlung mitteilte, er würde in eine andere Filiale versetzt, weil er seine Frau wegen einer anderen verlassen hätte. Ich hatte David gern gemocht, weil er mich von Anfang an unterstützt und mir immer geholfen hatte. Er war ein netter Mann. Und doch wurde missbilligendes Gemurmel laut, als er die Personalversammlung verließ. Er habe unverantwortlich gehandelt. So etwas ginge doch nicht. Wie konnte er nur? Wie konnte er nur so selbstsüchtig und grausam sein.
Auch ich hatte mich daran beteiligt. Ich wusste nichts von seiner Frau, von seiner Ehe oder seiner Situation, und doch verurteilte ich ihn wie alle anderen. In seiner Gegenwart benahmen wir uns tadellos und höflich, doch kaum hatte er den Rücken gedreht, da zogen alle über ihn her. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich mir keine Gedanken darüber machte, ob wir das Recht dazu hatten. Wie kamen wir dazu, mit so atemberaubender Sicherheit über ihn zu urteilen? Für die meisten, die nicht in einer unglücklichen Ehe leben, sind die kopflosen Handlungen derer, die unglücklich sind, nur ein geschmackloses Beispiel für Selbstsucht und Eigennutz. Die Leute urteilen so viel und wissen so wenig. Wie mochte es David heute wohl gehen?
Bei der Treue ging es natürlich nur um Sex. Was sich in unseren Köpfen abspielte, war egal, solange man sexuell treu blieb. Ich empfand das eigentlich als Farce. Wenn man zur Entspannung heimlichen Sex mit anderen hatte, mochte das zwar als Untreue bezeichnet werden, war aber an sich harmlos. Zu wahrer Untreue musste meiner Meinung nach Liebe mit im Spiel sein.
Mir gingen also nicht gerade die fröhlichsten Gedanken durch den Kopf, als ich am Donnerstagnachmittag meinen Mann und meine Tochter von Gatwick Airport abholte. Als jedoch hinter ihrem Flug angezeigt wurde, dass die Koffer bereits auf dem Laufband waren, musste ich von der Achterbahn meiner Gefühle abspringen und in die raue Wirklichkeit meines Lebens zurückkehren.
Ich fragte mich, ob meine geschwollenen Augen auffielen.
Kate hatte bereits ihr Handy am Ohr, als sie durch die Schiebetüren kamen. Wahrscheinlich machte sie gerade mit Carl aus, wann sie sich treffen sollten. Ich beneidete sie um ihre Sorglosigkeit. Sie sah groß, schön, gebräunt und gelassen aus. Jonathan zog beide Koffer hinter sich her, und ein kleiner Funke des Mitgefühls entzündete sich in mir für diesen grauhaarigen, würdevollen Mann, der nichts davon wusste, was in meinem Herzen vor sich ging. Lächelnd winkte ich ihnen zu, als ob sich dadurch Normalität einstellen würde. Aber mir kam es so vor, als befände ich mich mit einer Tauchermaske unter Wasser.
Kate verließ, wie nicht anders erwartet, schon nach einer halben Stunde das Hause wieder. So lange brauchte sie, um mir ihren Beutel mit schmutziger Wäsche in die Hand zu drücken und mich zu bitten, ihre schwarze Jeans und die schwarze Jacke vor der Party morgen Abend zu waschen. Dann waren wir allein.
Er und ich, er und sie. Denn was Jonathan anging, so saß ihm am Küchentisch seine zuverlässige treue Ehefrau gegenüber. Wir aßen das Hühnchen mit Salat, das ich rasch zubereitet hatte, und tranken eine Flasche Wein dazu. Und warum sollte er auch etwas anderes denken? Es war ein ganz gewöhnlicher Donnerstag. Abgesehen von dem Koffer in der Diele und dem Gin aus dem Duty-free-Shop – Bob und Androulla wollten am Samstag kommen, sie tranken ihn eimerweise – war es ein ganz normaler Abend. Wo mein Herz nicht mehr beteiligt war, hatte mein Pflichtgefühl übernommen.
Aber ich spürte, wie etwas unser normales Eheleben überschattet. Ich konnte es spüren, als Jonathan mir den Pfeffer reichte, als er spöttisch die Verkehrspolitik der Regierung kommentierte, als er ein wenig zu herzlich über einen kleinen Witz lachte, den ich machte. Ich spürte es, weil er gar nicht gereizt war wie sonst. Seine Redseligkeit war eine willkommene Abwechslung zu seiner Wortkargheit an einem normalen Donnerstagabend.
Ich wusste, was der Grund war. Ich wusste, warum er so nett zu mir war. Er wollte mit mir schlafen.
Wir beendeten unser Abendessen, schauten uns einen langweiligen Fernsehfilm über die Erstürmung eines Schlosses im Mittelalter an und dann noch den Rest eines Films, in dem es einige Sexszenen gab. Ich spürte, wie Panik in mir aufstieg. Aber bevor ich die Fernbedienung ergreifen und abschalten konnte, verkündete Jonathan, er habe genug
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