Herzklopfen in Virgin River (German Edition)
eine Frau wie Darla, eine Frau, die sich selbst erfüllen will. Das ist total vernünftig!
Vernünftig, schoss es Mel durch den Kopf. Deinen Mann zwingen zu wollen, sich mit einer fremden Frau für vielleichtfünfzigtausend Dollar fortzupflanzen, obwohl du bereits eine kleine Familie hast? Ihn anzulügen und ihn mit einer Adoption auszutricksen, die dir in den Schoß fiel? Ihn zu manipulieren und dazu zu bringen, mit deinen Bedürfnissen einverstanden zu sein? Einem Paar, das du magst und bewunderst, deine Hilfe zuzusagen – und dann deren Unterlagen zu unterschlagen, damit du noch mehr Kinder haben kannst? Oh – vernünftig. Für eine total Verrückte.
Mel nahm den Umschlag erneut aus der Schublade und legte ihn auf den Tisch. Dann griff sie nach ihrer Tasche und dem Arztkoffer und ging zum Empfang, wo Cameron immer noch am Computer saß. „Es tut mir leid – ich glaube, ich brüte gerade etwas aus“, erklärte sie ihm. „Ich muss nach Hause. Für den Notfall lasse ich dir den Hummer da.“
„Ich sage Jack Bescheid“, entgegnete Cameron und erhob sich.
„Nein, lass nur. Leih mir deinen Wagen. Zu Hause wartet ein Babysitter – ich werde ihn bitten, noch ein bisschen zu bleiben, und lege mich ein paar Stunden hin. Tut mir leid …“
„Was ist los, Mel?“, fragte er und kramte in seinen Taschen nach den Autoschlüsseln. „Soll ich dich fahren?“ „Nein. Nein. Ich habe nur ein bisschen Kopfschmerzen, und mir ist ein wenig übel. Ich sollte einfach nach Hause fahren und mich etwas ausruhen.“ Sie nahm die Schlüssel an sich. „Es ist schon gut. Vertrittst du mich?“
„Ja, klar, aber …“
„Wenn es dich beruhigt, schaue ich später noch einmal vorbei. Nachdem ich geschlafen und ein paar Tabletten genommen habe. Ich bringe dir das Auto noch vor deinem Feierabend zurück …“
„Darüber mache ich mir keine Gedanken“, sagte er. „Du bist blass und seltsam. Lass mich dich nach Hause fahren …“ „Ich komme nachher noch mal vorbei“, unterbrach ihn Mel und ging zur Tür.
Gegen eins überquerte Cameron die Straße zur Bar, um sich ein Sandwich zu holen. Er setzte sich auf einen Barhocker „Wie geht es Mel?“, erkundigte er sich.
„Mel?“, wiederholte Jack erstaunt. „Das müsstest du eigentlich besser wissen als ich.“
„War sie nicht hier? Bevor sie sich auf den Heimweg gemacht hat? Hat sie dich nicht angerufen?“
„Wie bitte?“, fragte Jack. „Wovon sprichst du?“
„Sie ist vor ein paar Stunden nach Hause und hat sich krankgemeldet. Sie sah ziemlich schlecht aus. Bleich wie ein Gespenst. Sie hat mein Auto genommen und mir den Hummer dagelassen. Ich hoffe, sie musste nicht rechts ranfahren oder so.“
Jacks Blick verfinsterte sich.
„Es kam alles ziemlich plötzlich. Die Prentisses waren da und brachten ihr ein paar Adoptionsunterlagen – ich habe sie auf Mels Schreibtisch gefunden. Nur wenige Minuten nach den Prentisses ging auch Mel. Sie hatte Kopfschmerzen, aber in der ganzen Zeit, seit ich mit Mel arbeite …“
„Entschuldige mich“, meinte Jack. Er marschierte zur Schwingtür, die in die Küche führte, trat schließlich hinter der Bar hervor und hastete zur Tür. „Preacher ist gleich da und kümmert sich um dich, Cam.“ Und dann verschwand er.
Jack fuhr so schnell wie möglich nach Hause. Er hatte keine Ahnung, was ihn dort erwartete. Mels Launen waren momentan ziemlich seltsam, ihre Persönlichkeit verändert und ihr Verhalten unvorhersehbar. Jack versuchte, so gut wie es ging mit diesem gefühlsmäßigen Drahtseilakt klarzukommen. So etwas hatte er mit seiner Frau noch nie durchmachen müssen – eigentlich war sie der ruhige Pol in der Familie, während Jack eher derjenige war, der immer noch etwas unter posttraumatischen Belastungsstörungen vom Krieg zu leiden hatte und sein Temperament, wenn die entsprechenden Knöpfchen gedrückt wurden, schlecht im Zaum halten konnte.
Doch Mel hatte ihn bisher noch nie so durcheinandergebracht.Sie hatte ihn herausgefordert, ihm Angst eingejagt, ihn gerettet, aber er hatte sie immer verstanden. Sie war eigentlich die geradlinigste Frau, die Jack kannte.
Als er das Haus betrat, erhob sich die vierzehnjährige Leslie erschrocken von der Coach. „Jack!“, sagte sie. „Ist Mel zu Hause?“, fragte er.
„Sie sagte, sie fühlt sich nicht gut … Sie hat sich einen Augenblick hingelegt.“
„Die Kinder schlafen?“
„Ja. Ich schätze, das Schläfchen dauert noch eine Stunde. Alles in Ordnung?“
„Schön.
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