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Herzkurven

Herzkurven

Titel: Herzkurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Holman
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nicht mit ihr; ein Teil von ihr wollte ihn schlagen, während ein anderer Teil ihm die Kinderdecke von der Hüfte reißen und ihn anspringen wollte.
    »Tante Danny hat gesagt, dass du eine Weile bei uns wohnen wirst«, sagte Mia.
    Ross durchquerte auf dem Weg zum Bad die Küche. Danny drückte sich eng gegen die Arbeitsfläche, damit er sie nicht berührte. »Ja«, stimmte er zu, »für eine Weile.«
    Er musste pinkeln und brauchte ein Frühstück. Und er brauchte eine Rückenmassage oder eine Streckbank. Ross hatte vergessen gehabt, wie viel Mia redete. Sie brabbelte immer noch, als er die Badezimmertür vor ihrer Nase schloss. Als er wieder herauskam, wartete sie schon auf ihn. Sein Lid fing an zu zucken. Ross begann, die Ausmaße seiner Entscheidung zu begreifen, bei Pats Kindern einzuziehen, und war sich sicher, er könnte seinen Bruder in dem Jenseits, in dem er gelandet war, lachen hören. Ross verzehrte sich nach dem Frieden und der Ruhe in seinem Apartment, einem Bett, in dem die Sprungfedern in der Matratze blieben, und der Ungestörtheit in seinem eigenen Bad. Er zog sich die Hose von gestern Nacht und ein schwarzes Sweatshirt an und machte sich auf in die Küche, um nach etwas Essbarem zu suchen.
    Matt saß am Tisch und verdrückte eine Schüssel Frühstücksflocken. Ross setzte sich neben ihn. Danny blieb an der Spüle und aß einen Toast, der dick mit einer dunkelbraunen Paste beschmiert war. Ross’ Magen knurrte laut. Danny vergrub mit einem Knuspern ihre Zähne in dem Toast, biss ab und kaute lautstark. Ross wusste, dass er verhungern würde, bevor sie ihm Frühstück anbot. Er ging zum Kühlschrank und schaute hinein. »Habt ihr Eier?«
    Danny nippte an ihrem Tee. »Im Hühnerstall.«
    Hinter ihr prasselte der Regen gegen die Scheiben, und der Wind heulte ums Haus.
    Ross öffnete einen Schrank. »Wo ist der Kaffee, den ich gekauft habe?«
    Sie dachte kurz darüber nach. »Ich habe ihn weggeschmissen.«
    »Weggeschmissen! Warum?«
    Sie mampfte ihren Toast. »Keiner hier, der ihn trinkt.«
    Ross rieb sich langsam das Gesicht mit den Händen. Sie würde ihn zahlen lassen – mit Blut.
    Matt nahm sich noch mehr Frühstücksflocken.
    »Kann ich etwas davon abhaben?«, fragte Ross.
    Matt schob die Packung über den Tisch. Ross schüttete sich etwas davon in eine Schüssel, goss Milch darüber und schob sich einen Löffel in den Mund. Dann würgte es ihn fast von der zuckrigen Süße.
    Mia war schockiert. »Magst du das nicht? Wir mögen die am liebsten!«
    Ross kratzte die Frühstücksflocken mit dem Löffel wieder von seiner Zunge. Er beobachtete, wie Danny sich das letzte Stück Toast in den Mund schob und sich Daumen und Zeigefinger ableckte. Ihre Blicke trafen sich. Erkenntnis sprang von einem zum anderen über wie Ektoplasma. Danny schaute als Erste zur Seite, und Ross fragte sich, warum sie gegenseitig ihre Gedanken lesen konnten, wenn es um Sex ging, aber bei allem anderen völlig versagten.
    Eine Durchsuchung der Küchenschränke nach dem Frühstück bestätigte seinen Verdacht, dass er entweder verhungern oder vergiftet werden würde, wenn er nicht bald einkaufen ging. Das einzige Essen, das Ross finden konnte, bestand in Fertiggerichten, wie die Kinder sie gern mochten, und genug Haferflocken, um halb Schottland zu füttern. Er griff sich ein paar saubere Klamotten aus seinem Koffer und machte sich auf den Weg unter die Dusche, als die Eingangstür knallte und eine Stimme trällerte: »Juuuuhu!«
    Deryl Snedden erschien im Flur. Ross hatte sie noch nie so fein gekleidet oder – um präzise zu sein – in einem Kleid gesehen. Es war keine angenehme Erfahrung. Das Kleid war lang, formlos und aus einem unebenen braunen Material, mit einem Gürtel aus demselben Stoff um die Taille – nur dass Deryl keine Taille besaß. Diese Frau hatte von den Schultern bis zur Hüfte dieselbe Breite: lang, schlaksig und flach wie ein Pfannkuchen. Sie trug knielange Strümpfe, die ein kleines Stück unter dem Saum des schrecklichen Kleides endeten, und grauenhafte braune Schuhe. Ihr schütteres ergrauendes Haar war in dünnen kleinen Würsten über ihren Kopf gelegt. Sie hatte sogar ein wenig orangefarbenen Lippenstift aufgetragen.
    »Was machen Sie so früh hier?«, verlangte Deryl zu wissen. »War Ihr Auto die ganze Nacht da draußen?«
    Danny eilte in den Flur und wirkte angespannt. »Morgen, Dee!«, rief sie fröhlich. »Du bist ja piekfein angezogen! Wohin bist du unterwegs?«
    Deryl zeigte auf Ross.

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