Herzkurven
Geht es ihr gut?« Dann fiel die Tür zu.
*
Danny schaute auf die Uhr auf ihrem Nachttisch. Es waren zwei Minuten vergangen, seitdem sie zum letzten Mal daraufgesehen hatte. Sie konnte das Rauschen der Dusche hören. Sie lief seit vierzehn Minuten. Ross gönnte sich eine schöne lange Dusche, während Danny in ihrem Zimmer saß und sich schämte. Er trug mindestens genauso viel Schuld wie sie. Deryl hatte recht: Sie mussten einiges klären, bevor die Kinder nach Hause kamen, aber Ross schien von den Geschehnissen völlig unberührt.
Danny ging in den Flur und klopfte an die Badezimmertür. »Ross? Ich muss mit dir reden.«
Das Wasser lief weiter.
Sechzehn Minuten.
Sie klopfte fester. »Ross! Kannst du mich hören?«
Keine Antwort.
Dannys Wut kehrte wieder. Ross war nicht in seinem schicken Apartment, in dem es endlos warmes Wasser gab. Wenn er so weitermachte, würde er den Heißwasserboiler leeren und ihre Stromrechnung nach oben treiben. Bei den alten Installationen war es durchaus möglich, dass er sie wirklich nicht hören konnte, und Danny überlegte, ob sie mit der Faust gegen die Tür schlagen sollte, hatte dann aber zu viel Angst, dass sie die Kontrolle verlieren und ihn vielleicht wieder angreifen würde. Sie musste klüger werden und ihre Würde bewahren; es war nicht ihr Fehler, wenn das bedeutete, dass Mr.Fabello einen Teil seiner Würde opfern musste. Sie ging in die Küche, holte die große Plastikflasche heraus, in der sie für die Kinder Limonade machte, und stellte sie in die Spüle. Dann drehte sie das kalte Wasser an.
»Aaaargggh!«
Die Rohre stöhnten, als das warme Wasser eilig abgedreht wurde.
Danny drehte den Wasserhahn ab und wartete.
Ross erschien in der Küche, ein Handtuch um die Hüften gewickelt. Shampoo-Schaum tropfte aus seinen Haaren und seinem Brusthaar. »Das hast du absichtlich gemacht!«
Jetzt war nicht die Zeit, um sich von all dieser nassen Haut und den Muskeln ablenken zu lassen. »Du kannst nicht zwanzig Minuten lang duschen.«
»Was?!« Er starrte sie wild an. »Warum nicht?«
»Weil du damit den Heißwasserboiler leer machst.«
Er zuckte zusammen, als ihm Schaum ins Auge lief. »Was?«
»Wir duschen vier Minuten. Im Bad steht eine Eieruhr.« Sein Gesichtsausdruck verriet Danny genau, was sie mit ihrer Eieruhr machen konnte. »Ich habe geklopft, aber du hast mich wahrscheinlich nicht gehört.«
»Oh, genau!«, keifte er. »Ich wette, du hast dich auch richtig bemüht, meine Aufmerksamkeit zu erregen.« Es war absolut möglich, dass er sie nicht gehört hatte. Er war so tief in seinem Elend versunken gewesen, dass ein Güterzug durchs Bad hätte rasen können und er es nicht bemerkt hätte.
»Sobald du angezogen bist, würde ich dich gern im Hühnerstall sehen«, eröffnete Danny ihm. »Wir müssen reden.«
*
Ross schaute auf die Hühnerscheiße, die an seinen weißen Nikes klebte. Er stand gegenüber von Danny in dem kleinen, warmen, engen Stall, umgeben von entrüstet gackernden Hennen, die auf Nestern oder auf ihren Stangen unter der Decke saßen und ihn böse anstarrten. Ross hatte nicht gewusst, dass Hühner böse starren konnten. Die Decke war zu niedrig, als dass er sich hätte aufrichten können, also war er gezwungen, dauerhaft den Kopf zur Seite zu neigen, um sich nicht an einem der Dachpfeiler k.o. zu schlagen.
»Ist das deine Vorstellung von Humor? Mich aus der Dusche zu holen, damit ich mich in Hühnerscheiße stellen kann?«
»Das mit deiner Dusche tut mir leid«, entgegnete Danny.
Ross blinzelte. »Hast du in deinem Zimmer irgendetwas geraucht?«
Sie biss die Zähne zusammen. »Nein.«
Er war immer noch misstrauisch. »Bist du dir sicher, dass die echte Danny nicht von Außerirdischen entführt wurde und eingesponnen in einen Kokon in ihrem Schlafzimmerschrank hängt?«
Sie weigerte sich, darauf einzugehen.
Ross war fasziniert von dieser neuen, ruhigen, vernünftigen Danny. »Du hast mich fast verbrüht.«
»So nah und doch so fern«, murmelte sie.
Das war schon besser. Er wechselte die Kipprichtung seines Kopfes, um die Spannung in seinem Hals zu lösen, und wurde von einer der Hennen auf den Sitzstangen ins Ohr gepickt.
»Au! Scheiße!«
»Steh still – Beyonce mag es nicht, wenn man sich abrupt bewegt.«
»Beyonce? Du hast ein Huhn namens Beyonce?«
»Mia hat ihnen die Namen gegeben.« Danny zeigte auf die anderen zwei Hühner in den Dachsparren. »Das sind Kylie und Madonna, und die drei auf den Nestern sind die Dixie
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