Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
Johanna sah ihn forschend an, aber er wollte wohl nur nett sein.
»Ich weiß nicht«, antwortete sie vorsichtig. »Bis jetzt sind wir ja nur Bus gefahren.«
Walter nickte zustimmend. »Das habe ich meinem Schwagerauch gesagt. Heinz ist immer so schnell begeistert, ich bin da eher zurückhaltend. Ich habe es mir ein bisschen anders vorgestellt, irgendwie vornehmer. Und jetzt? Gehen wir zum Imbiss nicht einmal ins Restaurant?«
Der Busfahrer, assistiert von Lisa Wagner, baute umständlich einen Tapetentisch auf. Johanna beobachtete ihn. »Unsere Reiseleitung hat es doch gerade gesagt. Es gibt vor dem Bus ein kleines Frühstück.«
»Sagen Sie mal, finden Sie … Ach, ich habe Ihren Namen nicht behalten.« Walter sah sie zerknirscht an. »Sie sind doch die Nichte von der Frau … ähm? Jensen?«
»Jäger, Herr Müller. Meine Tante heißt Josefine Jäger und ich heiße Johanna Schulze.«
Erleichtert lächelte er. »Das ist leicht zu merken. Haben Sie etwas dagegen, wenn ich Julia sage?«
»Johanna.« Sie blickte ihn irritiert an. »Ich heiße Johanna, nicht Julia.«
»Entschuldigung, natürlich Johanna. Aber was ich fragen wollte: Finden Sie unseren Reiseleiter nicht auch etwas schmierig? Oder sind das nur die Haare?«
»Ich habe mir noch nicht so viele Gedanken über ihn gemacht. Da läuft Ihr Schwager. Es sieht so aus, als würde er Sie suchen.«
»Ja.« Walter hob seinen Arm und winkte. »Heinz, ich bin hier, hallo.«
Johanna stand auf, um Tante Finchen entgegenzugehen. »Wir sehen uns gleich beim Imbiss, Herr Müller. Ich fange mal meine Tante ein.«
Später setzte sie sich etwas abseits auf einen der aufgestellten Klappstühle und betrachtete in aller Ruhe die Menschen, mit denen sie die nächsten Tage verbringen sollten.Finchen hatte sich das dritte Mal in die Schlange gestellt, an deren Ende es belegte Brötchen und Kaffee aus Pappbechern gab. Wenn sie gerade nicht aß, unterhielt sie sich mit den Umstehenden. Nach dieser Pause würde sie jeden Namen, jeden Familienstand und die Namen der Enkelkinder wissen.
Johanna wandte ihren Blick von den »gutsituierten Senioren« ab und musterte ein paar Mitreisende, die sie vorher noch gar nicht bemerkt hatte. Es waren zwei alte Damen, die mit einem etwa fünfzigjährigen Mann zusammenstanden. Er sieht extrem gut aus, fand Johanna, kurzes grau meliertes Haar, gute Figur, schwarzes Hemd und enge Jeans. Genau in dem Moment, in dem Johanna ihm auf den Hintern starrte, drehte er sich zu ihr um.
›Von hinten sieht er jünger aus als von vorn‹, dachte Johanna, als der Graumelierte sie ansprach.
»Sind Sie auch zur Begleitung abkommandiert?« Seine Stimme war dunkel und fast erotisch, aber er war überhaupt nicht ihr Typ. Zu gut aussehend und zu alt. Wobei er immer noch etwas jünger als der Durchschnitt der Busreisenden war.
»Wie? Nein, ähm, doch.« Sie musste sich konzentrieren. »Ich meine, ja, ich begleite meine Tante. Josefine Jäger.«
Er grinste. »Mein Name ist Patrick Dengler. Ich begleite meine Mutter und ihre Schwester. Es kann sein, dass die beiden es angenehm finden, weil ich ihre Koffer trage, aber ich muss sagen …«
Johanna warf einen kurzen Blick auf Mutter und Tante, die sich angeregt unterhielten, bevor sie sich ihm wieder zuwandte. »Was müssen Sie sagen?«
Patrick Dengler stutzte kurz, bevor er sie mit seinen sehr blauen Augen fixierte.
»Vielleicht können wir beim Essen heute Abend zusammensitzen? Es wäre für mich der erste Lichtblick auf dieser Seniorenfahrt.«
»Johanna?« Finchen verhinderte Johannas Antwort. »Wir steigen wieder ein, komm.«
Johanna hatte nicht bemerkt, dass ihre Tante schon hinter ihr stand. Jetzt zog sie ungeduldig an ihrem Ärmel. »Oder was ist?«
»Tante Finchen, das ist Herr Dengler. Er ist mit seiner Mutter und seiner Tante da.«
»So?« Finchen musste ihren Kopf in den Nacken legen, um ihm ins Gesicht sehen zu können. »Nett. Ich möchte jetzt bitte wieder in den Bus. Herr Tacke will einen Vortrag halten.«
Nachdem Finchen sich gesetzt hatte, warf sie einen forschenden Blick auf Johanna, bevor sie sagte: »Er wirkt arrogant. Hat er dich angesprochen oder du ihn?«
»Er hat sich nur vorgestellt.« Johanna konnte es nicht leiden, wenn Finchen in diesem hochnäsigen Ton sprach, und den bekam sie immer, wenn ihr irgendetwas nicht passte. So wie jetzt.
»Ich habe bemerkt, wie er dich angesehen hat, Johanna. Eindeutig. Er ist interessiert. Und du hast genauso zurückgeguckt.«
»Das ist doch
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