Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
und ständig nur den einen Wunsch gehabt: Ich wollte dazugehören, zu diesem Paradies, zu diesem idyllischen Fleckchen Erde, ich wünschte mir, ein kleines Stückchen von diesem Paradies zu besitzen. Irgendwann. Irgendwie.«
Tacke schwieg und fast alle im Bus verfielen in andächtige Stille. Frau Hollenkötter putzte sich lautstark die Nase. Johanna betete für die Qualität ihrer Aufnahmen.
Langsam hob Dennis Tacke eine Hand und fand seine normale Stimme wieder. »Deshalb freue ich mich, Ihnen das Paradies meiner Kindheit zu zeigen. Und vielleicht möchten Sie auch ein Stück davon besitzen. Darüber werden wir dann reden. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und nun lassen Sie uns die Fahrt fortsetzen. Herr Kock, starten Sie den Motor, auf nach Bullesby. Und ich verspreche Ihnen eine wunderbare Zeit. Also dann.«
Unter dem Applaus der meisten Teilnehmer setzte Dennis Tacke sich stolz lächelnd und winkend auf seinen Platz, während der Bus langsam den Parkplatz verließ.
M eine Güte.« Walter beugte sich mit angewidertem Gesicht zu seinem Schwager. »Was für ein Waschlappen.«
Heinz drehte sich zur Seite. »Wer?«
Mit einer Kopfbewegung deutete Walter nach vorn. »Na, dieser Vogel in der roten Hose. Paradies der Kindheit. Arme Eltern im Zelt. Und seine Lippe hat gezittert. Wie kann man nur so ein Weichei sein? Ein erwachsener Mann. Da muss man sich doch schämen.«
»Du, ich hatte mein Hörgerät ausgeschaltet«, gab Heinz zu und sah wieder aus dem Fenster. »Ich habe mir die Lastwagen angeguckt und überlegt, wie es sich wohl in so einer Kabine schläft. Das machen die doch jede Nacht.«
»Wahrscheinlich genauso wie in einem Zelt auf dem Campingplatz. Du hast nichts verpasst. Dieser Detlef Tucke …«
»Dennis Tacke.«
»Ist doch egal, jedenfalls hat der nur sentimentalen Blödsinn über seine Kindheit an der Schlei erzählt. Das interessiert doch kein Schwein. Ich weiß gar nicht, was das soll, ich dachte, wir hören hier interessante Vorträge. Ich muss doch nicht mit rührenden Kindheitsgeschichten gequält werden.«
Von hinten legte sich eine Hand auf seine Schulter. »Aber Herr Müller.« Hollenkötters Stimme polterte ihm ins Ohr. »Sie müssen auch zwischen den Zeilen hören. ›Ein Stückvom Paradies besitzen …‹, sagte er. Was meinte er wohl damit?«
»Was weiß ich denn?«, entgegnete Walter sofort. »Will er den Campingplatz haben? Oder ein Stück vom Strand?«
»Immobilien.« Hollenkötter tippte mit dem Zeigefinger auf Walters Rückenlehne. »Ich vermute, er meint Ferienwohnungen. Sie kennen sich doch auch aus, wie wir alle hier. Ich muss Ihnen doch nicht erzählen, was Betongold ist.«
Mit zufriedenem Gesicht lehnte er sich wieder zurück und tätschelte der Gattin das Knie. »Nicht wahr, Gisela?«
»Ja, Bärchen.« Sie erwiderte Walters fragenden Blick mit einem Nicken. »Immobilien, Herr Müller. Mein Mann sagt, das ist im Moment die beste Geldanlage. Wissen Sie, wir denken da schon lange drüber nach. Wir mögen nämlich keine Hotels. Meistens schlechter Service, alte Matratzen, dünner Kaffee, ungeschultes Personal und dann noch überteuert. Es geht doch nichts über die eigenen vier Wände im Urlaub. Wie gesagt, wir denken schon darüber nach und sind gespannt, was uns Herr Tacke heute Abend erzählt. Nach dem Essen gibt es nämlich noch einen Vortrag.«
»Was soll ich denn mit Immobilien an der Schlei? Wir sind doch nicht auf einer Verkaufsfahrt.«
Walters irritierte Frage wurde von den Hollenkötters nicht mehr beantwortet. Gisela schloss die Augen und Ewald lehnte sich zurück.
Am späten Nachmittag verließ der Bus die Autobahn. Es hatte noch zwei weitere Pausen gegeben, eine, bei der Frau Wagner und Herr Kock heiße Würstchen verteilten, und eine zweite mit Kaffee und Rosinenschnecken. Dazu ließ Dennis Tacke eine kleine historische Abhandlung über dieLandesgeschichte Schleswig-Holsteins und die Entwicklung der Urlaubsregion an der Schlei vom Stapel.
Die Stimmung im Bus war gemischt. Die Mehrheit, zu der das Ehepaar Hollenkötter oder die hinter ihnen sitzenden Schwestern Hermia und Luzia Meier aus Papenburg gehörten, war begeistert, weil die Würstchen heiß waren, der Kaffee aus der Thermoskanne kam und die Pausen genügend Gelegenheit boten, mit den anderen Reisenden ins Gespräch zu kommen. Walter, Heinz und Finchen waren anderer Meinung. Sie mochten keine Würstchen zum Mittagessen, keine Mahlzeiten im Stehen, keine Geschichten mehr über die Schlei,
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