Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
haben wir uns hier versammelt?« Dennis Tacke machte wieder eine seiner wirkungsvollen Pausen und wippte dabei auf den Zehenspitzen. »Ich sage es Ihnen: weil wir nicht länger zusehen wollen, wie die Finanzwelt Kapriolen schlägt und Lebensleistungen zunichtemacht.«
Karsten Kock gähnte, ohne sich die Hand vor den Mund zu halten. Finchen stupste Johanna an und flüsterte: »Was redet er denn da? Ich habe Hunger.«
Im Hintergrund wurden neue Motive gezeigt: reetgedeckte Fischerkaten in Maasholm, der Ellenberger Heringszaun, die Schifferkirche von Arnis. Bei jedem neuen Bild wurde vereinzelt geraunt.
»Sie fragen sich, warum ich über so trockene Dinge rede, während hinter mir das Paradies gezeigt wird. Aber nocheinen kleinen Moment Geduld, ich komme gleich zum Thema.«
Kock hob die Hand, Dennis Tacke hielt kurz und irritiert inne, sah dann, dass der Busfahrer lediglich ein neues Bier bestellen wollte, und fuhr fort: »Sie alle kennen sich mit Geld aus. Das sage ich so selbstbewusst, weil wir Sie ja in diesem Zusammenhang ausgesucht haben. Ihnen kann kein Bankberater mehr ein X für ein U vormachen. Es ist doch, wie es ist; es gibt keinen Staat in der Welt, der nicht hoch verschuldet ist. Keinen, meine Damen und Herren. Und wie entledigen sich Staaten ihrer Schulden?«
Finchens Magen knurrte, die hanseatischen Nachbarinnen unterhielten sich schon leise, Frau Hollenkötter gähnte, hielt sich aber die Hand diskret vor den Mund, Karsten Kock hatte sein Bier in einem Zug ausgetrunken und hob die Hand für ein neues.
Johanna sah verstohlen auf ihre Armbanduhr, es war schon kurz vor sieben, sie erwartete die ersten Unruhen aus Hunger in wenigen Minuten. Walter ließ seinen Kugelschreiber zwischen Daumen und Zeigefinger federn und wirkte nachdenklich.
Johanna gähnte jetzt auch. Es war einfach nicht zu fassen, was diese gewachste Frisur an Schwachsinn von sich gab. Aber er schien sich jetzt in Fahrt geredet zu haben. Sie tat so, als würde sie in ihrer Handtasche ein Taschentuch suchen, das grüne Licht signalisierte, dass ihr Aufnahmegerät lief.
Dennis Tacke schaute bedeutungsvoll ins Publikum. »Sie entledigen sich ihrer Schulden durch Inflation. Und das auf Kosten ihrer Bürger. Was passiert also? Ich sage es Ihnen: Kluge Menschen geben ihr Geld aus, bevor es so weit kommt. Natürlich kann man alles Mögliche kaufen,Möbel, Kunst, Autos, Gold oder, meine Damen, natürlich auch Schuhe oder schöne Hüte …«
In diesem Moment klappte die Schwingtür zur Küche auf und fünf Kellner marschierten mit jeweils einer Suppenterrine in den Saal. Dennis Tacke fuhr herum und bellte in sein Mikro: »Jetzt doch noch nicht. In zehn Minuten.«
An den Tischen wurde getuschelt, die Kellner sahen sich unsicher an und drehten langsam wieder um. Nachdem die Tür hinter dem letzten zugeklappt war, schüttelte Tacke den Kopf.
In die Stille, die sich auftat, drang ein Ruf vom hinteren Tisch. »Was ist denn jetzt mit Suppe?«
Johanna konnte nicht sehen, wer da gerufen hatte, pflichtete ihm aber insgeheim bei. Dennis Tacke ließ sich jedoch nicht mehr aus dem Konzept bringen.
»Diese Gegend, in der wir Glücklichen uns gerade aufhalten dürfen, diese Gegend gehört zu den aufstrebenden Ferienzielen Deutschlands. Es werden hier in den nächsten Jahren Projekte entwickelt, Subventionen getätigt, Pläne realisiert, dass sich die übrigen und jetzt noch beliebten Tourismushochburgen warm anziehen können. Dieses hier, meine verehrten Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dieses hier ist auf dem besten Weg, in den nächsten Jahren das neue Sylt zu werden.«
»Unsinn.« Dieser Zwischenruf kam von Walter. »Das ist ja völliger Unsinn.«
Er guckte gar nicht hoch, konnte deshalb auch nicht den bösen Blick sehen, mit dem Dennis Tacke ihn bedachte.
»Herr Müller, wenn Sie ein Problem haben, können wir uns im Anschluss unterhalten. Ich würde nur jetzt gern meine Ausführungen zu Ende bringen.«
»Von mir aus.« Walter zuckte gelangweilt mit den Achseln.»Aber hinterher will ich essen. Danach können wir mal sehen.«
Heinz stieß ihn an und flüsterte: »Lass doch mal. Sonst wird er nie fertig.«
Walter nickte und schwieg.
Dennis Tacke suchte seinen Anschluss, sah kurz zu Karsten Kock mit dem neuesten Bier, dann zu Lisa Wagner, die sofort auf die Fernbedienung drückte und ein neues Foto, diesmal einen Ausflugsdampfer in der Schleimündung, auf die Leinwand projizierte. Trotzdem schwoll das Stimmengewirr an. Dennis Tacke räusperte
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