Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
abzuräumen. Beim Aufeinanderstapeln der Teller klecksten einige Tropfen auf Heinz. Der zuckte zusammen und wischte über seinen Ärmel.
»Du hast dich bekleckert.« Walter deutete auf den Fleck. »Ärgerlich.«
»Soll ich das jetzt auswaschen, oder was?« Heinz rieb den Fleck unentschlossen etwas größer. »Das kann ich doch nach dem Essen machen. Vielleicht kommt noch was dazu.«
Walter zog seine Augenbrauen hoch, woraufhin Heinz laut seufzte, aufstand und Richtung Tür ging.
Unwillkürlich fiel sein Blick auf Karsten Kock, der ganz allein an dem kleinen Tisch saß und auf seinen leeren Teller starrte. Heinz hatte ein großes Herz und schnell Mitleid mit einsamen Gestalten. Er blieb am Tisch stehen und sagte mit schief gelegtem Kopf. »Herr Kock, ich wollte Ihnen noch ein Kompliment machen für Ihre umsichtige Fahrweise.Man spürt doch gleich Ihre große Erfahrung und fühlt sich wie in Abrahams Schoß.«
»Was?« Kock sah verblüfft hoch. Seine Augen waren glasig.
»Sie fahren sehr gut Auto, äh, Bus. Finde ich.« Heinz stützte sich mit den Händen auf dem Tisch ab. »Das wollte ich Ihnen nur sagen.«
»Aha.« Karsten Kock beugte sich nach vorn. Sein Atem roch nach Bier, Heinz wich etwas zurück. »Sie finden also, ich fahre gut? Ja? Das mache ich jetzt seit Jahren. Immer neue Touren, immer neue Reiseleiter. Wissen Sie eigentlich, wie nervig das ist? Jeden Tag eine Busladung voller Rentner, die immer nur quatschen, aufs Klo müssen, Hunger kriegen, frieren, schwitzen und was weiß ich noch alles? Wissen Sie nicht? Dann sage ich es Ihnen.«
Er hatte sich langsam erhoben und war jetzt auf Augenhöhe mit Heinz. Trotz seines Lallens war er aber noch gut zu verstehen. »Das ist …«
»Herr Kock.« Lisa Wagners scharfe Stimme verhinderte Kocks Wahrheit. »Kommen Sie bitte mal mit zu Herrn Tacke? Sofort.« Sie blieb neben Heinz stehen und starrte Kock durchdringend an. »Es ist dringend.«
»Ja, ja.« Etwas unsicher schlurfte der Busfahrer an Heinz vorbei. Er nuschelte leise. »Und das Allerschlimmste sind diese Reiseleiter. Alle gleich. Alles Idioten.«
Nachdenklich kehrte Heinz nach dem Fleckenauswaschen an den Tisch zurück, gleichzeitig mit der Bedienung, die eine Platte mit gemischtem Braten abstellte.
»Rechts Schwein, links Rind«, sagte sie. »Sauce kommt gleich.«
Heinz ließ sie vorbei, bevor er sich setzte. Vor ihm standeine Schüssel mit Kartoffeln, daneben die obligatorische Gemüseplatte mit einem ganzen Blumenkohl in der Mitte.
Walter stach mit der Gabel hinein. »Genau dasselbe gab es schon bei Christines Konfirmation«, bemerkte er. »Es gibt doch Dinge, die nie aus der Mode kommen.«
»Leider.« Johanna musterte die dicke Béchamelsauce auf dem Blumenkohl. »Davon ist mir als Kind schon schlecht geworden.«
»Das Fleisch sieht doch gut aus.« Patrick Dengler schob die Platte in Finchens Richtung. »Nach Ihnen.«
Als Heinz an der Reihe war, musste Walter ihn anstoßen. »Heinz, träumst du? Willst du Rind oder Schwein?«
»Egal.« Heinz fuhr zusammen und sah seinen Schwager an. »Nicht so fett. Mager. Ich glaube, der Kock ist nicht so zufrieden mit seinem Arbeitsplatz.«
»Wie kommen Sie darauf?« Patrick Dengler ließ die Schüssel sinken und blickte neugierig zu Heinz. »Hat er Ihnen das erzählt?«
»Nein, nein.« Heinz musterte Patrick Dengler. »Natürlich nicht. Er sieht nur müde aus. Das ist ja ein anstrengender Job, den er macht: Busfahren, Würstchen ausgeben, Tontechnik und der Allerjüngste ist er auch nicht mehr.«
»Och.« Finchen arrangierte das Gemüse auf ihrem Teller. »Der ist doch noch ein junger Hüpfer. Höchstens sechzig. Könnte fast mein Sohn sein. Johanna, du kannst wenigstens das Fleisch essen. Ist alles bezahlt.«
Johanna war dem Geplauder nur mit einem Ohr gefolgt. Es gab auch nicht viel zu verpassen.
Finchen genoss die Tischgespräche sichtlich, mischte sich ein und flirtete abwechselnd mit Heinz, Walter und Ulrich Pieper.
Johanna fingerte in ihrer Tasche nach dem Aufnahmegerätund stellte es aus. Sie musste den Speicherplatz schließlich nicht mit Tischgesprächen unter Rentnern füllen. Für heute hatte sie genug Albernheiten aufgezeichnet.
Jetzt wurde ihre Aufmerksamkeit auf den Eingang gelenkt. Dort begrüßte Dennis Tacke gerade lautstark einen Neuankömmling. Der Mann war älter als Tacke, trug einen gut sitzenden Anzug, über dem Arm einen Mantel und klopfte dem Reiseleiter jovial auf die Schulter. Der wirkte leicht aufgeregt und gab
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