Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
Karsten Kock unermüdlich Zeichen, die aber ignoriert wurden. Der Busfahrer saß an seinem Tisch, kaute langsam und starrte vor sich hin.
Als Dennis Tacke den älteren Mann in den Saal zog, blieb er kurz neben Karsten Kock stehen, blaffte ihn an, offensichtlich ohne Erfolg, und ging dann an die Tonanlage. Mit dem Mikrofon in der Hand drehte er an verschiedenen Knöpfen, das Ergebnis war ein gellendes Pfeifen, dann ein Rauschen. Die meisten der Anwesenden zuckten zusammen, einige lachten. Kock kaute weiter und Tacke fand schließlich, unterstützt von Lisa Wagner, den richtigen Knopf.
»Hallo, hallo, Test, Test, eins, eins, ja, Lisa, der isses gewesen. Meine Damen und Herren.«
Er stellte sich vor den Tisch des Busfahrers, der dadurch verdeckt wurde, und winkte den neuen Gast lässig zu sich.
»Ich möchte Ihnen gern jemanden vorstellen. Wir haben die große Freude, heute Abend Herrn Michael Kruse bei uns begrüßen zu dürfen. Herr Kruse ist der Fremdenverkehrsbeauftragte des Urlaubsgebiets Schlei und wird uns morgen bei der exklusiven Rundfahrt begleiten. Kaum jemand kennt die Zukunft dieses Paradieses so gut wie er, kaum jemand kann uns so viele Traumecken und zauberhafte Ziele in dieser Gegend zeigen und davon erzählen.«
Johanna beobachtete Lisa Wagner, die hinter Tackes Rücken leise auf den angeschlagen wirkenden Karsten Kock einredete und ihm dabei leicht auf die Schulter schlug. Der schüttelte unwirsch ihre Hand ab, starrte sie wütend an und stand schließlich wankend auf. An den Tisch gelehnt wischte er sich über die Stirn und wartete ab. Tacke hatte ihn nur kurz angesehen und auf den Gast gedeutet. »Herr Kruse, möchten Sie vielleicht ein paar Worte sagen?«
»Sehr gern.« Michael Kruse breitete seine Arme aus und verbeugte sich in alle Richtungen. »Auch von mir ein herzliches Hallo, liebe Anwesende. Ich heiße Sie herzlich willkommen in der schönsten Gegend des Nordens.«
Walter sah hoch und öffnete schon den Mund, um etwas zu sagen. Sein Schwager stieß ihn an und schüttelte warnend den Kopf, während Finchen nur leise sagte: »Es muss doch nun wirklich nicht jeder hier eine Rede halten. Meine Güte.«
Dennis Tacke schoss einen ungeduldigen Blick in ihre Richtung, lenkte seine Aufmerksamkeit aber gleich auf Michael Kruse.
»Keine Angst, es kommt jetzt keine lange Rede, ich will ja nicht mein ganzes Pulver verschießen, Sie sollen auch morgen noch gut unterhalten werden. Nur so viel: Sie können sich auf den morgigen Tag freuen, Sie werden sich in ein Stück Land verlieben, das mich schon vor Jahren auf den ersten Blick verzaubert hat. Darauf erhebe ich mein Glas und …«
Er hielt ein Glas Bier in die Luft und wartete offensichtlich auf etwas, das aber nicht kam. Unsicher sah er sich nach Dennis Tacke um, der wiederum Karsten Kock Zeichen gab. Nichts passierte. Nur Frau Hollenkötter lachte laut, was einen kleinen Applaus aus ihrer Ecke auslöste.
»Also dann …«, setzte Michael Kruse etwas lauter nach. »… lassen Sie uns das Glas erheben. Auf eine gelungene Reise und auf … eigentlich sollte jetzt ein Tusch kommen … Herr Kock?«
Der Angesprochene stand unsicher vor der Musikanlage, grinste schief, hob den Arm und drehte am Regler. Mit ohrenbetäubender Lautstärke setzte Musik ein, nach wenigen Takten erkannte Johanna den Schlager. »Olé, wir fahr’n in den Puff nach Barcelona.«
Karsten Kock wiegte sich im Takt, Tante Finchen rief: »Oh mein Gott«, das Ehepaar Hollenkötter sprang auf und erklärte einen Gang zwischen den Tischen zur Tanzfläche, Walter drehte sich irritiert in ihre Richtung, die Piepers schüttelten im Gleichklang den Kopf, Heinz summte mit und Dennis Tacke brüllte: »Kock, verdammt, Kock, schalten Sie das Ding aus.«
Patrick Dengler wirkte versteinert, Johanna drückte sofort wieder auf die Aufnahmetaste.
Inzwischen hatten sich drei weitere Paare zu den Hollenkötters auf die improvisierte Tanzfläche gesellt. Tacke rang mit Kock, der sich aber als erstaunlich standhaft erwies und seinem Reiseleiter den Zugriff zur Anlage verwehrte.
»Lesbisch, lesbisch und ein bisschen schwul …«, sang ein Chor, wenn man denn von singen reden wollte. Dennis Tackes Stimme überschlug sich. »Kock, machen Sie … Lisa!«
Lisa Wagner versuchte, die beiden zu umkreisen, schaffte es aber in der Enge nicht. Michael Kruse hatte immer noch das Mikrofon in der Hand. »Meine Damen und Herren, entschuldigen …«
Die Schwestern aus Papenburg begannen eine Zweierpolonaise
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