Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
einmischst. Hast du das vergessen?«
Heinz polierte die Schuhe mit Zeitungspapier und antwortete: »Das hat Christine nicht so gemeint. Man sagt manchmal etwas Unüberlegtes, wenn man ärgerlich ist. Das ist dir auch schon passiert.«
»Nein. Mir noch nie. Wie lange brauchst du eigentlich noch? Ich habe Hunger.«
»Ich bin fertig.« Zufrieden betrachtete Heinz seine glänzenden Schuhe. »Natürlich will ich nicht zu der Veranstaltung gehen. Johanna ist doch nicht meine Tochter. Ich will mich da überhaupt nicht einmischen. Das soll ihre Tante machen. Es gibt übrigens nach dem Essen interessantere Vorträge als gestern, das hat Herr Kruse mir erzählt. Er hat mitbekommen, dass ich Frau Pieper gesagt habe, dass du dich bestimmt gern mit ihrem Mann unterhalten würdest, der ist nämlich Volkswirt und hat viel Ahnung von Finanzen.«
»Ich denke, der ist Lehrer.«
»Pensionierter«, nickte Heinz. »Aber auch Volkswirt. Jedenfalls habe ich erzählt, dass du dich gern über solche Themen unterhältst, und darauf sagte Kruse, dann kämst du nachher aber auf deine Kosten.«
»Das wird auch mal Zeit.« Walter zog eine dunkelblaue Weste über, die er bedächtig zuknöpfte. »Bis jetzt konnte man die Vorträge ja vergessen. Gehen wir?«
Heinz zog die Krawatte zurecht und griff nach seinem Jackett. »Wolltest du Inge nicht noch mal anrufen?«
»Für siebzig Cent?« Walter schüttelte den Kopf. »Ich bin doch nicht verrückt. Ich habe heute Mittag von unterwegskurz auf den Anrufbeantworter gesprochen, dass wir schlecht zu erreichen sind und sie eine SMS schreiben soll, wenn was ist. Da kam aber nichts, also ist alles in Ordnung. So, und jetzt komm.«
Finchen musterte zufrieden die neben ihr sitzende Johanna. Der Hosenanzug saß, als wäre er für sie gemacht, sie hatte ihre Haare locker hochgesteckt, der Lippenstift passte zu dem Tuch, das sie trug, sie war perfekt geschminkt. Max würde Augen machen, wenn er sie hier erleben könnte. So klug und so schön.
Zu Finchens Unmut machte auch Patrick Dengler Augen. Er saß schon wieder neben Johanna, überhaupt war die Tischordnung unverändert. Für die Küche galt das leider auch. Es war zwar schneller serviert worden, dafür war das Essen aber genauso schlecht wie gestern. Statt Blumenkohl gab es Sauerkraut, statt gemischtem Braten Kassler, aber die Suppe kam wieder aus der Tüte. Vorsichtshalber hatte Johanna sich gleich einen Schnaps bestellt und den schon zum Essen getrunken.
Mit einem Ohr folgte Finchen den Gesprächen am Tisch. Patrick Dengler und Eva Pieper unterhielten sich über die Wohnung auf Sylt, die Piepers seit zehn Jahren hatten und die Jahr um Jahr im Wert stieg. Ulrich Pieper fragte Walter nach seiner Tätigkeit im Finanzamt Dortmund und seinen bevorzugten Geldanlagen, der antwortete aber lediglich einsilbig und warf seinem Schwager böse Blicke zu.
Als Pieper zur Toilette ging, beugte Walter sich zu Heinz und flüsterte: »Wieso kaut der mir eigentlich ein Ohr ab? Das hab ich dir zu verdanken, oder?«
Heinz sah ihn an, als wüsste er nicht, wovon Walter redete.
Finchen sprach mit allen und jedem, bekam von Minute zu Minute bessere Laune, und das trotz des schlechten Essens. Johanna sah sie fragend an.
»Ist was?«
»Ich freue mich.« Finchen strich ihr über den Arm und strahlte sie an. »Dass du mit mir hier bist, dass die Schlei so schön ist, dass wir nachher noch in die Bar gehen. Das ist doch alles wunderbar.«
Johanna bestellte sich noch einen Wein.
Lisa Wagner und Karsten Kock hatten anscheinend geübt, mit der Technik umzugehen. Unbemerkt hatten sie während des Essens alles vorbereitet, so dass das Pfeifen des Mikrofons gänzlich unerwartet ertönte.
»Test, Test, Test, eins, eins, eins, ja, das passt. Einen wunderschönen guten Abend, meine Damen und Herren.«
Dennis Tacke hatte sich in einen dunkelblauen Nadelstreifenanzug geworfen, er sah aus wie ein Konfirmand. Johanna bemerkte amüsiert die Blicke, die Heinz und Walter mit Finchen tauschten.
»Ich hatte schon das Vergnügen, mit einigen von Ihnen zu sprechen, und ich darf hoffen, dass auch alle anderen diesen Tag als einen ausgesprochen schönen empfunden haben. Sie sind durch wunderschöne Landschaften gewandert, haben viel gehört und wunderschöne Plätze gesehen. Ich danke an dieser Stelle auch Herrn Michael Kruse, der Ihnen die Kostbarkeiten der Schlei mit so viel Charme gezeigt hat.«
»Kostbarkeiten«, wiederholte Walter kopfschüttelnd, sein Kommentar ging aber im Applaus
Weitere Kostenlose Bücher