Herzlichen Glückwunsch, Sie haben gewonnen!
unter.
»Aber wir haben es hier ja schließlich nicht mit einer Nullachtfünfzehn-Touristenreise zu tun. Wir sind in dieser homogenen Gruppe ja auch zusammengekommen, um überunsere finanzielle Zukunft, über unsere Wünsche und Erwartungen zu sprechen. Sie erwarten Informationen von uns, wir wollen sie Ihnen geben.«
»Och nö.«
Alle drehten sich nach dem Zwischenrufer um. Er hatte sich angehört wie Ewald Hollenkötter. Johanna konnte ihn aber nicht entdecken, er duckte sich wohl weg. Ohne Tacke aus den Augen zu lassen, zog sie ihre Handtasche hoch, um das Aufnahmegerät anzuschalten. Jetzt kamen endlich die Vorträge. Ihre Finger tasteten über Taschentücher, Puderdose, Notizbuch.
›Verdammt‹, dachte sie und biss die Zähne zusammen. Sie hatte das Gerät im Zimmer aus der Tasche genommen, um die Speicherkarte zu wechseln. Die volle Karte hatte sie ertastet, nur das Gerät war nicht da.
Sie atmete tief durch und beugte sich zu Finchen. »Kannst du mir mal den Schlüssel …?«
»Pst.« Finchen legte den Finger auf die Lippen. »Gleich.«
Sie starrte gebannt auf Dennis Tacke, der mit ausgestrecktem Finger in die Richtung zeigte, aus der dieser Zwischenruf gekommen war. »Um es noch einmal ganz deutlich zu machen: Wenn sich irgendjemand unter uns befindet, der hier ein Problem hat, dann möge er das bitte sagen. Sie wurden aufgrund verschiedener Informationen ausgewählt. Und ich kann Ihnen versichern, es gab sehr viele Interessenten für diese Reise, wir konnten nicht alle mitnehmen und deswegen kann es nicht sein, dass unter uns Teilnehmer sind, die hier gegen den Strom der Mehrheit schwimmen. Sie können diesen Saal auch gern verlassen, Ihre Anwesenheit ist keine Pflicht, dies ist lediglich ein Angebot.«
Johanna biss sich auf die Lippen. Tackes Augen funkelten,der größte Teil der Anwesenden schwieg betreten. Tacke sah zu ihrem Tisch und Walter murmelte, zum Glück leise: »Der spinnt doch. Strom der Mehrheit …«
Heinz rammte ihm den Ellenbogen in die Seite und Johanna beschloss, ihr Aufnahmegerät keinesfalls jetzt aus dem Zimmer zu holen. Warum machte sie schließlich regelmäßig Gedächtnistraining?
Das Licht im Saal wurde gedimmt und auf der großen Leinwand begann ein Film. In Schwarz-Weiß-Bildern sah man einen alten Mann, der in Mülltonnen stöbert, eine alte Frau, die mit Anstrengung einen langen Flur wischt, eine andere, die sich erschöpft an eine Haustür lehnt, nachdem sie eine Zeitung mit letzter Kraft durch den Postschlitz geschoben hat. Im Hintergrund lief dramatische Klaviermusik, Johanna schüttelte den Kopf ob dieser miserablen Tontechnik.
Der Film stoppte, das Licht ging wieder an und Dennis Tacke hob ergriffen das Mikrofon.
»Ja«, begann er mit gebrochener Stimme, so dass er sich erst mal räuspern musste. »Das nimmt einen mit, oder? Altersarmut ist das Stichwort, das immer öfter fällt. Ich sehe, Sie nicken, auch wenn Sie sich nicht – oder soll ich sagen, noch nicht? – gemeint fühlen. Worüber müssen wir reden?«
Er machte eine Pause, in der er seine Blicke über die Zuhörer schweifen ließ. Nicht alle guckten zurück. Trotzdem fuhr Dennis Tacke fort: »Wir müssen über die Finanzkrise reden. Noch vor einigen Jahren haben Sie, meine Damen und Herren, gedacht, nein, Sie waren vermutlich sogar davon überzeugt, dass Ihr Lebensabend gesichert wäre. Lange genug haben Sie dafür gearbeitet und sich lange genug auf Ihren verdienten Ruhestand gefreut.«
Hinter dem Tresen krachte ein Tablett auf den Boden, Scherben kreiselten auf den Fliesen. Vereinzelt hörte man ein Kichern. Dennis Tackes scharfe Blicke brachten Ruhe.
»Die aktuelle Finanzkrise hat alles ins Schwanken gebracht. Überall drohen Jobverluste. Ja, ja, ich weiß, das ist nicht mehr das Problem der meisten von Ihnen. Das denken Sie.«
In der folgenden Pause war es mucksmäuschenstill. Nach einem langen Atemzug redete er weiter: »In Zeiten, in denen Banken machen, was sie wollen, europäische Länder kurz vor der Pleite stehen, in diesen Zeiten werden viele von uns – ich sage sogar: die Mehrheit – entsetzt zusehen, wie ihre Vermögen einfach wegschmelzen.«
Er machte wieder eine Pause. Diesmal fiel nichts um. Dann stieß er mit erhobenem Zeigefinger ein einziges Wort aus: »Inflation.«
Er legte den Finger an den Mund und ging langsam auf und ab.
Johanna stellte sich das Seminar vor, in dem er sich auf diese Sternstunde der Verkaufspsychologie vorbereitet hatte.
Er blieb wieder stehen und
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