Herzschlag der Nacht
herein.«
Ihre bestimmende Art behagte Christopher nicht, auch wenn sie recht haben mochte. »Er könnte etwas kaputt machen«, gab er zu bedenken und stand auf.
»Mehr Schaden als die Ziege kann er kaum anrichten«, erwiderte Beatrix, die ihm gegenüberstand.
Aus Höflichkeit erhob auch Rohan sich und beobachtete die beiden.
»Miss Hathaway …«, setzte Christopher an, ihr abermals zu widersprechen, verstummte jedoch sofort, als sie eine Hand ausstreckte und seine Brust berührte. Ihre Fingerspitzen waren für die Dauer eines Schlages über seinem Herzen.
»Lassen Sie es mich versuchen«, bat sie sanft.
Christopher stolperte einen Schritt zurück, und sein Atem stockte. Es war verstörend, wie vehement sein Körper auf ihre Berührung reagierte. Eine Dame legte niemals ihre Hand an den Oberkörper eines Mannes, es sei denn die Umstände waren so extrem, dass … nun, eigentlich konnte er sich gar keine Umstände vorstellen, die es rechtfertigen würden. Vielleicht wenn seine Weste in Flammen stand und sie ihm helfen wollte, sie zu löschen. Einen anderen vertretbaren Grund konnte es nicht geben.
Doch auf den Verstoß gegen die Etikette hinzuweisen und eine Dame zu korrigieren wäre nicht minder taktlos. Verlegen und erregt nickte Christopher nur einmal.
Die Männer nahmen ihre Plätze wieder ein, nachdem Beatrix aus dem Zimmer gegangen war.
»Vergeben Sie uns, Captain Phelan«, murmelte Amelia. »Meine Schwester hat Sie sichtlich erschreckt. Wir haben uns ehrlich bemüht, bessere Manieren zu lernen, aber leider sind wir allesamt hoffnungslose Fälle. Und solange Beatrix uns nicht hört, möchte ich Ihnen versichern, dass sie sich gewöhnlich nicht so unziemlich kleidet. Hin und wieder jedoch unternimmt sie Dinge, die mehrere Lagen langer Röcke wenig ratsam machen, wie beispielsweise ein Vogeljunges ins Nest zurücksetzen, ein Pferd ausbilden oder Ähnliches.«
»Eine konventionellere Lösung wäre«, sagte Christopher vorsichtig, »ihr Aktivitäten zu untersagen, die das Tragen von Herrenkleidung erfordern.«
Rohan schmunzelte. »Eine meiner privaten Regeln für das Auskommen mit den Hathaways lautet, ihnen niemals etwas zu verbieten. Denn damit garantiert man, dass sie es weiterhin tun werden.«
»Himmel, so schlimm sind wir nun auch wieder nicht!«, protestierte Amelia.
Rohan warf seiner Frau einen vielsagenden Blick zu, lächelte allerdings nach wie vor. »Die Hathaways brauchen Freiheit«, erklärte er Christopher, »ganz besonders Beatrix. Ein gewöhnliches Leben, das sich in Salons und Wohnzimmern abspielt, wäre ein Gefängnis für sie. Sie begegnet der Welt auf lebendigere, natürlichere Weise als irgendeine andere Gadji , die ich kenne.« Auf Christophers verständnislose Miene hin ergänzte er: »Das ist das Rom-Wort für weibliche Familienmitglieder.«
»Und wegen Beatrix besitzen wir eine Menagerie von Kreaturen, die kein anderer will«, sagte Amelia. »Eine Ziege mit zu kurzem Unterkiefer, eine dreibeinige Katze, einen fülligen Igel, ein Maultier mit schiefem Tritt und so weiter.«
»Ein Maultier?«, fragte Christopher nach, doch bevor er Näheres erfahren konnte, war Beatrix zurück, die Albert an seiner Leine führte.
Christopher stand auf und wollte ihr den Hund abnehmen, aber sie schüttelte den Kopf. »Danke, Captain, ich habe ihn.«
Bei Christophers Anblick wedelte Albert begeistert mit dem Schwanz und sprang bellend auf ihn zu.
» Nein «, schalt Beatrix, zog ihn zurück und legte ihm die Hand auf die Schnauze. »Dein Herrchen ist sicher. Kein Grund, Theater zu machen. Komm.« Sie griff nach einem Kissen vom Sofa und platzierte es in der Ecke.
Christopher schaute zu, wie sie den Hund zum Kissen führte und ihm die Leine abnahm. Albert winselte und wollte sich nicht hinlegen, machte jedoch auch keine Anstalten, aus der Ecke zu fliehen. »Bleib!«, befahl Beatrix ihm.
Zu Christophers Erstaunen rührte Albert sich nicht. Ein Hund, der sich nicht scheute, durch Gewehrfeuer zu laufen, ließ sich von Beatrix Hathaway einschüchtern.
»Ich denke, er wird sich benehmen«, sagte Beatrix und kam an den Tisch zurück. »Aber es ist das Beste, wenn wir ihn nicht beachten.« Sie setzte sich, breitete eine Serviette in ihrem Schoß aus und griff nach ihrer Teetasse. Als sie Christophers Gesichtsausdruck bemerkte, lächelte sie. »Seien Sie beruhigt, Captain. Je gelassener Sie sind, desto ruhiger verhält er sich.«
In der darauffolgenden Stunde trank Christopher einige Tassen heißen,
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