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Herzschlag der Nacht

Herzschlag der Nacht

Titel: Herzschlag der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Lippen ein wenig öffnete. Es war ein wunderbarer Kuss, und dennoch vermochte er Christopher nicht zu befriedigen, konnte das rasende Sehnen in ihm nicht stillen. Anscheinend überschatteten seine Träume von einem Kuss mit Pru die Realität.
    Träume konnten das bisweilen.
    Prudence drehte das Gesicht mit einem unsicheren Kichern zur Seite. »Sie sind recht ungestüm.«
    »Verzeihen Sie mir.« Christopher gab sie sofort wieder frei. Sie blieb ihm so nahe, dass ihr blumiger Parfumduft die Luft um sie herum ausfüllte. Christopher ließ seine Hände auf ihren zarten Schultern, weil er immer noch darauf wartete, etwas zu fühlen. Doch um sein Herz herum war nach wie vor eine Eisschicht.
    Irgendwie hatte er gedacht … Das war wohl unsinnig gewesen. Keine Frau auf der Welt konnte solchen Erwartungen gerecht werden.
    Für den Rest der Saison bemühte sich Christopher immer wieder um Begegnungen mit Prudence, traf sie bei Bällen und Dinners, lud sie und Mrs. Mercer zu Ausfahrten ein, auf malerische Wanderungen und in Ausstellungen.
    Es gab wenig, was Christopher Prudence vorhalten könnte. Sie war wunderschön und charmant. Sie stellte keine unangenehmen Fragen. Genau genommen stellte sie so gut wie gar keine persönlichen Fragen. Sie zeigte keinerlei Interesse am Krieg oder an den Schlachten, in denen er gekämpft hatte. Eigentlich interessierte sie sich nur für seine Medaillen. Ihm kam der Gedanke, dass sie in ihnen nichts anderes als blinkenden Schmuck sah.
    Sie führten dieselben belanglosen und angenehmen Unterhaltungen – gewürzt mit Gerüchten –, die Christopher schon Tausende Male mit anderen Damen während anderer Ballsaisons in London geführt hatte. Und das hatte ihm stets genügt.
    Er wünschte inständig, es wäre ihm jetzt auch noch genug.
    Er hatte gedacht, nein, gehofft, dass Prudence an ihm läge. Was indes nicht zu erkennen war. Da war keine Spur von Zärtlichkeit, keine Spur von der Frau, die schrieb: Ich trage die Gedanken an Sie gleich meinem eigenen kleinen Sternenbild mit mir herum.
    Und er liebte sie mit solcher Inbrunst, die Prudence der Briefe. Wo war sie? Warum versteckte sie sich vor ihm?
    Seine Träume führten ihn in dunkle Wälder, in denen er im Unterholz und Dickicht suchte, sich durch enge Spalten zwischen Bäumen zwängte, einer blassen Frauengestalt folgend. Sie war stets dicht vor ihm und dennoch unerreichbar. Aus diesen Träumen erwachte er atemlos und zornig, mit den Händen ins Nichts greifend.
    Tagsüber beschäftigte Christopher sich mit seinen offiziellen Verabredungen und Höflichkeitsbesuchen. So viele winzige, stickige Räume mit zu vielen Möbeln und zu viel Schnickschnack. So viele sinnlose Unterhaltungen. So viele Ereignisse ohne jedwede Bedeutung. Christopher begriff nicht, wie ihm dies alles einst ein Genuss gewesen sein konnte. Und er war entsetzt, sich dabei zu ertappen, wie er mit einer gewissen Nostalgie an Momente auf der Krim zurückdachte, ja, sich nachgerade nach den kurzen Augenblicken sehnte, in denen er sich vollkommen lebendig gefühlt hatte.
    Selbst mit dem Feind auf dem Schlachtfeld hatte ihn etwas verbunden, auch wenn es nur ihre Bemühungen waren, den anderen zu verstehen, zu erreichen und zu töten. Zu diesen vornehmen Leuten mit ihrer übertrieben eleganten Kleidung und der eitlen Bildungsgestik aber hatte er weder einen Bezug, noch konnte er sie leiden. Er wusste, dass er anders war und sie es ebenso deutlich spürten wie er.
    Christopher begriff, wie stark sein Verlangen nach etwas oder jemand Vertrautem war, als der Besuchstermin bei seinem Großvater heranrückte.
    Lord Annandale war immer schon ein strenger und furchteinflößender Großvater gewesen, der sich niemals eine schneidende Bemerkung verkniff. Keines von Annandales Enkelkindern, einschließlich des Cousins, der eines Tages seinen Grafentitel erben würde, hatte es dem alten Griesgram je recht machen können. Ausgenommen natürlich John. Christopher hatte absichtlich die andere Richtung eingeschlagen.
    Schwankend zwischen Furcht und widerwilligem Mitgefühl, ging er zu seinem Großvater, wohl wissend, dass der alte Mann zutiefst betrübt über Johns Tod war.
    Als er bei Annandales eindrucksvollem Londoner Haus eintraf, führte man ihn in die Bibliothek, in der trotz der sommerlichen Hitze ein Feuer im Kamin brannte.
    »Gütiger Gott, Großvater«, sagte er, als ihm die Hitzewelle des Feuers entgegenschlug. »Sie werden hier ja geröstet wie ein Paar Perlhühner.« Er steuerte

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