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Herzschlag der Nacht

Herzschlag der Nacht

Titel: Herzschlag der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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war.«
    »Ich sage dir, was du bekommst, ungeachtet deiner Wünsche.« Annandale sprach streng, aber nicht unfreundlich. »Du hast Pflichten, mein Junge, und denen darfst du dich nicht entziehen. Doch ehe ich dir erkläre, wie es für dich weitergeht, möchte ich dich etwas fragen.«
    Christopher sah ihn an. »Ja, Sir.«
    »Warum hast du so gekämpft, wie du kämpftest? Weshalb hast du so oft den Tod riskiert? War es zum Wohl des Landes?«
    Nun schnaubte Christopher verächtlich. »Der Krieg wurde nicht zum Wohl des Landes geführt. Es ging um Handelsinteressen und den überbordenden Dünkel gewisser Politiker.«
    »Dann hast du für den Ruhm und die Medaillen gekämpft?«
    »Wohl kaum.«
    »Wofür dann?«
    Im Geiste ging Christopher die möglichen Antworten durch, endete bei der Wahrheit und überlegte resigniert, bevor er antwortete: »Alles, was ich tat, habe ich für meine Männer gemacht. Für die ohne Patent, die zur Armee gegangen waren, um dem Hunger oder dem Armenhaus zu entkommen. Und für die niederen Offiziere, die zwar langjährige Erfahrung vorweisen konnten, aber nicht über die Mittel verfügten, sich ein Offizierspatent zu kaufen. Ich hatte nur das Kommando, weil ich genügend Geld besaß, nicht weil ich mir diese Position verdient hätte. Das ist absurd. Und die Männer in meiner Kompanie, die armen Kerle, mussten mir gehorchen, selbst wenn ich mich als inkompetent, schwachsinnig oder feige erwies. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als sich auf mich zu verlassen. Deshalb entschied ich, dass mir keine andere Wahl blieb, als mich zu bemühen, ihnen der Kommandeur zu sein, den sie brauchten. Ich habe versucht, sie am Leben zu erhalten.« Er zögerte. »Wobei ich viel zu oft versagte. Und nun hätte ich sehr gern jemanden, der mir verrät, wie ich mit ihrem Tod auf dem Gewissen weiterleben soll.« Er starrte blind auf einen Flecken des Teppichs und hörte sich sagen: »Ich will Riverton nicht. Ich habe genug davon, Dinge zu bekommen, die ich nicht verdiene.«
    Annandale sah ihn an, wie er ihn noch nie zuvor angesehen hatte, nachdenklich und beinahe freundlich. »Und aus diesem Grunde wirst du es bekommen. Von dem, was ich John gegeben hätte, will ich nicht einen Shilling, nicht einen Brocken Land abziehen. Ja, ich setze darauf, dass du mit demselben Verantwortungsgefühl, das du deinen Männern gegenüber bewiesen hast, für die Pächter und Arbeiter sorgen wirst.« Er holte tief Luft. »Vielleicht tut Riverton dir gut. Es war Johns Bürde. Nun ist es deine.«
    Mit dem trägen, heißen August hielt der typische Gestank von Fäulnis in London Einzug und trieb die Städter hinaus aufs Land. Christopher war mehr als bereit, nach Hampshire zurückzukehren, denn es war offensichtlich, dass ihm London nicht bekam.
    Tagtäglich plagten ihn Bilder, die ihn aus dem Nichts ansprangen, erschreckte ihn der Lärm und machte es ihm der Trubel schwer, sich zu konzentrieren. Nachts suchten ihn Albträume und Schweißausbrüche heim, deren Nachhall ihn in tiefe Melancholie stürzte. Er hörte Gewehre und Granaten, wo keine waren, und grundlos begann sein Herz zu rasen und zitterten seine Hände. Immerfort war er wachsam, egal wo er sich aufhielt. Er hatte alte Freunde aus seinem Regiment besucht, doch mit seinen vorsichtigen Fragen, ob sie dieselben mysteriösen Beschwerden plagten, erntete er nur eisiges Schweigen. Darüber sprach man nicht. Man kämpfte allein dagegen, im Stillen, und das auf jede Weise, die irgend half.
    Das Einzige, was Christopher half, war hochprozentiger Alkohol. Also trank er, bis ein warmes, benebelndes Wohlgefühl seinen unruhigen Geist beruhigte. Und er bemühte sich, die Rauschwirkung zu kontrollieren, damit er nüchtern war, wenn es sein musste. Während er den schleichenden Wahnsinn so gut verbarg, wie er irgend konnte, fragte er sich, wann oder wie oder ob es überhaupt wieder besser würde.
    Was Prudence betraf, war sie ein Traum, den er aufgeben sollte. Eine zerstörte Illusion. Jedes Mal, wenn er sie sah, starb ein Teil von ihm ein kleines bisschen mehr. Sie empfand keine wahre Liebe für ihn, so viel war offensichtlich. Nichts an ihr passte zu dem, was sie ihm geschrieben hatte. Vielleicht hatte sie versucht, ihn zu zerstreuen, indem sie Passagen aus Romanen oder Theaterstücken in ihre Briefe an ihn übernahm. Er hatte an eine Illusion geglaubt.
    Nun, da die Saison endete, hofften Prudence und deren Eltern eindeutig auf einen Antrag. Besonders ihre Mutter äußerte recht

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