Herzschlagzeilen
eine Tasse aus dem Regal und stellte sie unter den Automaten.
»In zwei Tagen hast du es ja geschafft. Geht immer schnell rum, so ein Praktikum, oder?«
Ich nicke.
»Hab mir vorhin deine Meldungen angesehen. Die sind ja richtig brauchbar inzwischen.«
Wefi
kippt die halbe Zuckerdose in seinen Kaffee.
Mein Herz setzt für einen Schlag aus. Was wird das jetzt? Lob? Von
Wefi?
»Ich hab mir überlegt …« Umständlich rührt er in seiner Kaffeetasse herum, und ich muss mich beherrschen, ihn nicht anzuschubsen, damit er weiterredet. »Ich hab mir überlegt, dass du doch auch in Zukunft ab und zu für uns schreiben könntest. Dann bleibst du in Übung und kannst noch dazu dein Taschengeld aufbessern.«
Wefi
schmeißt den Löffel in die Spüle. »Was hältst du davon?«
Ich höre auf zu atmen. Vorübergehend. Was ich davon halte? Was ich davon halte, auch nach dem Praktikum noch weiter für den Stadtanzeiger zu schreiben? Und dafür auch noch Geld zu bekommen?
»Ich … ich … also ich …« Vor lauter Aufregung bringe ich keinen Ton heraus. Am liebsten würde ich Wefi um den Hals fallen.
»Ich hätte da auch gleich was für dich. Tolle Story. Kam eben rein und ist wie für dich gemacht.«
»Ja? Was denn?«, frage ich schnell und vielleicht ein bisschen zu laut.
Durchatmen, Isa, tief durchatmen. Wo bleibt deine Professionalität?
Er lächelt mich an und ich entschuldige mich in Gedanken bei ihm.
Ich nippe an meinem Kaffee. »Was für eine Story?«, frage ich so cool wie möglich, auch wenn ich innerlich vor Neugier platze. Sämtliche Kaninchenzüchter und Kleingärtner sind auf einmal ganz weit weg. Die Meldungen aus dem Newsroom wird in Zukunft jemand anders schreiben müssen.
Wefi
hat einen Job für mich. Und auch gleich eine erste Story!
»Samstag. Große Party im Bootshaus. Der Sohn vom OB wird volljährig.«
Ich verschlucke mich und spucke den Kaffee in hohem Bogen aus.
I ch war noch nie im Bootshaus, obwohl ich bei meinen Spaziergängen mit den Hunden schon oft daran vorbeigekommen bin. Von außen ist es einfach ein großes einstöckiges Gebäude mit frischem weißem Putz, einem Flachdach, auf dem eine Dachterrasse untergebracht ist, und einem Schuppen an der Seite, in dem vermutlich die Boote lagern. Hinter dem Haus liegt der Fluss und von der Dachterrasse aus kann man den Ruderern beim Training zusehen.
Den Eingang zum Bootshaus zieren zwei lange Ruder, die rechts und links neben der Tür angebracht sind und deren Ruderblätter sich über der Tür kreuzen.
Als ich ankomme, ist der Parkplatz vor dem Haus schon gut besetzt. Die Autos dort erinnern mich unwillkürlich an die Besucher auf der Vernissage. Total noir, wieder mal. Ein schwarzer Schlitten neben dem anderen. Fast trotzig schiebe ich mein pinkfarbenes Fahrrad zu einer Laterne neben dem Parkplatz und schließe es dort ab.
Aus dem Inneren des Bootshauses klingt bereits das Wummern der Bässe, die Party hat offensichtlich schon angefangen. Ich bleibe noch einen Moment bei meinem Rad stehen, um meinen Puls zu beruhigen. Gleich werde ich Marc wiedersehen. Wie er wohl reagieren wird? Meine Knie zittern bei dem Gedanken an die bevorstehende Begegnung.
Denk an deine Story, Isa. Ob es Marc gefällt, dass du hier bist, oder nicht, kann dir im Grunde egal sein. Sein Vater hat die Presse selbst eingeladen. Das hat er jetzt davon
. Ein Blick auf meine Armbanduhr zeigt mir, dass ich noch über eine Stunde Zeit habe. Ich checke noch mal den Inhalt meiner Handtasche. Handy, Pfefferspray, Notizbuch, alles da. Nina weiß auch Bescheid. Wir haben vereinbart, dass sie sofort die Polizei alarmiert, wenn ich mich bis 23:30 Uhr nicht gemeldet habe. Sicher ist sicher. Man nennt das
covern
. Habe ich aus einem Krimi. So was steht bestimmt nicht in Kikis Liebesschnulzen.
Okay. Es kann losgehen. Ich packe meine Handtasche fester und mache mich auf den Weg zur Party. Immerhin habe ich noch ausreichend Zeit, das Fest ein bisschen zu genießen. Ein Geschenk habe ich nicht mitgebracht. Ich werde Marc heute vermutlich das Leben retten. Oder zumindest seinen Hintern. Das sollte ihm als Geschenk genügen.
Ich atme tief durch und betrete die Höhle des Löwen.
Alles ist genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Im Eingangsbereich befinden sich zahlreiche Garderobenhaken für die Sportler und auch Ablagefächer. Dann kommen die Toiletten und dann geht es in einen größeren Raum, der im Grunde wie eine ganz normale Gaststätte aussieht. Hinter der Theke stehen ein paar
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