Herzstoss
»Er hat gesagt, er käme sich langsam vor wie James Bond, und vielleicht sollte man den ganzen Plan …«
»Operation Babycakes nennen«, sagten die beiden Gardai im Chor.
»Ja. Genau. Aber nun müsse das Ganze verschoben werden, weil die O’Connors ein paar Tage wegfahren, und er war ganz aufgeregt, weil er das Geld schon riechen konnte.«
»Das Lösegeld, das er kassieren würde?«
»Ja.«
»Hat er explizit von einem ›Lösegeld‹ gesprochen?«
Marcy schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Sie haben bloß angenommen, dass er das gemeint hat.«
»Bisschen weit hergeholt, finden Sie nicht?«, meldete sich Colleen Donnelly zu Wort.
Marcy starrte wütend in ihre Richtung. »Was soll es denn sonst bedeuten?«
»Wenn Sie gedacht haben, dass irgendjemand plante, das Baby der O’Connors zu entführen, warum haben Sie uns dann nicht alarmiert?«, fragte Murphy folgerichtig.
Marcy atmete tief ein und ließ sich mit ihrer Antwort Zeit. »Weil ich Angst hatte, dass Devon in die Sache verwickelt sein könnte. Ich wollte nicht, dass sie Ärger bekommt, und ich dachte, wenn ich einfach mit den O’Connors rede …«
»Sie sind also schnurstracks zu ihrem Haus gerannt, um sie zu warnen?«, fragte Murphy bohrend, obwohl sein Ton verriet, dass er die Antwort auf seine Frage schon kannte.
Scheiße, dachte Marcy. Scheiße, Scheiße, Scheiße. »Nein.«
»Sie haben nicht versucht, sie zu warnen?«
»Nicht sofort, nein.«
»Sie haben bis heute Morgen gewartet?«
Marcy nickte.
»Und warum, Mrs. Taggart?«
»Das habe ich Ihnen doch schon erklärt. Ich brauchte Zeit, um mir alles zusammenzureimen.«
»Weil Sie sich nicht sicher waren.«
»Ich war müde …«
»Und verwirrt«, fügte Murphy hinzu.
»Ich brauchte einfach ein bisschen Zeit …«
»Um das Ganze zu überschlafen.«
»Ja.«
»Sie sind also schlafen gegangen und hatten einen Traum …«
»Es ist nicht so simpel, wie Sie es darstellen«, beharrte Marcy. »Offensichtlich hat mein Unterbewusstsein versucht, die Details zusammenzusetzen.«
»Ihr Unterbewusstsein hat Ihnen also gesagt, dass dieser Jax möglicherweise zusammen mit Ihrer Tochter Devon oder Audrey oder, wie immer sie sich dieser Tage nennt, derselben Tochter, die alle anderen einschließlich Ihres Exmannes für tot halten, dass diese beiden geplant haben, das Kindermädchen der O’Connors zu verführen, um das Baby zu entführen …«
»Glauben Sie mir, ich weiß, wie verrückt sich das anhören muss«, sagte Marcy.
»Es klingt wirklich ein bisschen weit hergeholt«, meinte Colleen Doyle.
»Ich bin nicht verrückt«, erklärte Marcy den Polizisten.
Verrückte Hexe , hörte sie Kieran rufen.
Das ist verrückt , hörte sie Judith murmeln.
»Ich bin nicht verrückt«, wiederholte Marcy, und Tränen kullerten über ihre Wangen.
Christopher Murphy kam um den Schreibtisch, hockte sich auf die Kante und beugte sich vor. »Mrs. Taggart, ich bezweifle keine Sekunde lang, dass Sie all das glauben, was Sie uns erzählt haben. Außerdem glaube ich, dass Ihre Absichten ehrenwert und rein sind«, sagte er.
»Sie glauben bloß, dass das, was ich sage, jeder sachlichen Grundlage entbehrt«, sagte Marcy.
»Können Sie versuchen, das Ganze aus unserer Perspektive zu betrachten?« Er atmete tief ein. »Sie haben binnen zwei Jahren zwei schreckliche Verluste erlitten: Ihre Tochter ist vermutlich bei einem tragischen Unfall ertrunken, und Ihr Mann hat Sie verlassen. Sie sind allein in einem fremden Land, Ihre Fantasie arbeitet auf Hochtouren; Sie müssen selbst zugeben, dass Ihr Verhalten nicht rational ist. Sie sind bereits zweimal wegen Ruhestörung hierhergebracht worden; Sie sind aus Ihrem Hotel geworfen und allein durch die Straßen irrend aufgegriffen worden; Sie haben mit fremden Männern geschlafen …«
»Verzeihung?«
»Es tut mir leid. Ich möchte nicht voreingenommen sein. Es steht Ihnen natürlich frei zu schlafen, mit wem immer Sie wollen.«
»Ich habe im letzten Vierteljahrhundert mit genau zwei Männern geschlafen«, sagte Marcy. »Mit meinem Mann und …«
»… einem Mann, den Sie im Bus kennengelernt haben«, beendete Murphy den Satz für sie. »Wir haben mit Vic Sorvino gesprochen«, fügte er hinzu, ehe Marcy weitere empörte Proteste vorbringen konnte.
»Wirklich? Wann?«
»Wir haben ihn gestern auf dem Flughafen abgefangen, als er gerade in ein Flugzeug nach Rom steigen wollte. Er hat bestritten, etwas mit der Verwüstung Ihres Hotelzimmers zu tun zu haben, und behauptet,
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