Herzstoss
immer ein großer Fan von Audrey Hepburn gewesen, erinnerte sie sich.
»Nun, ich bin mir natürlich nicht sicher. Aber es könnte sein.«
Als Marcy das Foto wieder in ihre Handtasche stopfte, drohte ihr Herz ihre Brust zu sprengen. »Wissen Sie, wo ich sie finden kann?«
»Tut mir leid. Keine Ahnung«, sagte Liam und wandte seine Aufmerksamkeit einem Mann am anderen Ende des Tresens zu.
»Sie könnten es bei den O’Connors versuchen«, schlug die Kellnerin vor. »Shannon ist ihr Kindermädchen. Sie kann Ihnen wahrscheinlich sagen, wo Sie Audrey finden.«
»Hey, Kelly«, rief ein Gast an einem Tisch an der Wand. »Wie sieht es mit unserem Nachschub aus?«
»Kommt sofort.«
»Wo finde ich die O’Connors?«, rief Marcy ihr nach.
»Sie wohnen in der Adelaide Road. Die Hausnummer weiß ich nicht. Aber es ist das größte Haus in der Straße. Sie können es gar nicht verfehlen.«
Marcy strebte eilig zur Tür. »Vielen Dank«, rief sie im Hinausgehen, doch sowohl Kelly als auch Liam waren mit Gästen beschäftigt und hörten sie nicht.
KAPITEL SIEBEN
Die Adelaide Road lag im Südostteil der Stadt, etwa drei Kilometer vom Zentrum entfernt, und war eine überraschend breite Straße, die sich den steilen Hang eines Hügels hinaufwand. Alle Häuser waren zweistöckig, relativ neu und machten an Grundfläche wett, was ihnen an architektonischer Originalität fehlte. Die meisten waren weiß oder grau gestrichen mit schwarzen Läden, die die Fenster zur Straße rahmten. Hin und wieder tauchte ein lavendelfarbenes Haus auf, oder ein Paar Fensterläden leuchtete zur Erholung von der Gleichförmigkeit feuerwehrrot, sodass Marcy im Vorbeigehen lächeln musste. Kelly hatte gesagt, sie solle nach dem größten Haus in der Straße Ausschau halten, doch bis jetzt schienen alle Häuser etwa gleich groß zu sein und sie unterschieden sich nur darin, dass ihre Garage Platz für ein oder zwei Autos bot.
Ein kräftiger Wind war aufgekommen und wehte einen beißenden Geruch vom Hafen herüber. Nach Sydney in Australien verfügte Cork über den zweitgrößten natürlichen Hafen der Welt. Bevor sie hergekommen war, hatte Marcy nicht gewusst, dass Cork überhaupt einen Seehafen hatte, aber andererseits hatte sie kaum etwas über Irland gewusst.
»Irland ist das schönste Land auf der Welt«, hörte sie Devon in ihrer Erinnerung verkünden, während sie einer weiteren Windung der Straße folgte. »Daddy hat mir alles darüber erzählt. Er hat gesagt, dass wir dorthin fahren, sobald er sich ein paar Tage freinehmen kann.«
»Das ist schön.« Marcy hatte beschlossen, ihrer vierzehnjährigen Tochter nicht zu erzählen, dass Peter dieses Versprechen schon machte, seit sie ihn kannte, und er seine freie Zeit dieser Tage fast komplett auf dem Golfplatz verbrachte.
»Er hat gesagt, Irland hat alles: Berge und steile Klippen, bewaldete Flusstäler und Strände«, ratterte sie weiter, als würde sie aus einem Reiseprospekt zitieren, »und die Städte sind modern, die Dörfer jedoch malerisch altmodisch, und es gibt gewaltige Burgen, Dämme aus Vulkangestein und Klöster, die bis ins sechste Jahrhundert zurückgehen.«
»Klingt wundervoll.«
»Er hat gesagt, dass wir bald dorthin fahren. Vielleicht sogar noch in diesem Sommer …«
»Mach dir nicht allzu große Hoffnungen, Schätzchen. Ich weiß, Daddy meint es gut, aber …«
»Aber was?« Devon kniff die Augen zusammen und runzelte die Stirn.
»Aber er ist ein sehr beschäftigter Mann.«
»Er will mit mir dorthin fliegen. Wir fahren jedenfalls. Du musst ja nicht mitkommen, wenn du nicht willst.«
»Ich habe nie gesagt, dass ich nicht mitkommen will.«
»Warum musst du immer alles verderben?« Mit diesen Worten war Devon vom Küchentisch aufgestanden und hinausgerannt.
Sie hatte recht, dachte Marcy jetzt, während sie spürte, wie ihre Wadenmuskeln vor Erschöpfung zu verkrampfen drohten. Ich verderbe immer alles.
In diesem Moment sah sie das Haus.
Es war nicht nur mindestens um ein Drittel größer als alle anderen Häuser in der Straße, sondern stach auch durch die gelbe Backsteinverklinkerung, einen von Blumen gesäumten, gewundenen Fußweg sowie zwei Balkone vor den bodentiefen Fenstern im ersten Stock hervor. Die schwarze doppelte Eingangstür wurde von zwei schlanken weißen Säulen eingefasst, die dem Haus ein gewisses Südstaaten-Flair verliehen, der nicht so recht hierherpasste. Eine breite Auffahrt führte zu einer Garage mit einem Tor aus dunklem glänzendem Holz mit
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