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Herzstoss

Herzstoss

Titel: Herzstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
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glaube, ja.«
    »Gott sei Dank. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben.«
    »Oh, das dürfen Sie nie tun.«
    Marcy lächelte. »Mach ich nicht. Vielen Dank. Da haben Sie wirklich recht.«
    »Ich heiße übrigens Colin Doyle. Meine Mum wird sich sofort um Sie kümmern. Sind Sie aus Amerika?«
    »Kanada«, erklärte Marcy ihm.
    »Wirklich? Wir hatten vor Kurzem einen Gast aus Kanada. Ich glaube, er hieß Randy Sullivan. Kennen Sie ihn?«
    »Nein, ich fürchte nicht.« Sie sah davon ab, ihm zu erklären, dass Kanada mehr als dreiunddreißig Millionen Einwohner hatte. Obwohl man nie wissen konnte. Es war nicht komplett unmöglich, dass sie den Mann kannte. Es wäre jedenfalls auch nicht merkwürdiger, als allein eine ursprünglich als zweite Flitterwochen geplante Reise nach Irland anzutreten und dort ihre tot geglaubte Tochter zu treffen. »Kennen Sie dieses Mädchen?«, fragte Marcy, nahm das jüngste Foto von Devon aus ihrer Handtasche und zeigte es Colin.
    Er nahm es ihr aus der Hand, betrachtete es eine Weile und zog seine buschigen Augenbrauen über der Nase zusammen. »Kann ich nicht behaupten«, meinte er schließlich.
    »Sind Sie sicher? Sie ist vielleicht Studentin an der Uni hier. Soweit ich weiß, liegt die ganz in der Nähe.«
    »Eine Ecke weiter und noch ein Stück die Straße hinunter«, bestätigte er und sagte dann: »Nein. Ich kenne sie nicht.« Er gab Marcy das Foto zurück. »Sie sieht sehr traurig aus, nicht?«
    Sofort schossen Marcy Tränen in die Augen. Es war ihre Schuld, dass ihre Tochter so traurig aussah.
    »Entschuldigen Sie, dass ich Sie habe warten lassen«, flötete eine schrille Stimme, als eine stämmige Frau mit grau meliertem, rotblondem Haar die kleine Lobby betrat. Ihre Augen waren von demselben Mittelbraun wie die ihres Sohnes, funkelten jedoch schalkhaft, als hätte sie gerade irgendeinen Unfug angestellt. »Mein Name ist Sadie Doyle, Besitzerin dieser stolzen Pension.« Mit einer flatternden Bewegung ihrer großen und überraschend ausdrucksstarken Hände deutete sie auf die Halle, das Wohnzimmer zur Linken und die schmale Treppe, alle mit demselben aufdringlichen lila Blumenmuster tapeziert. Marcy wusste nicht genau, ob die Frau das ironisch meinte. »Was dagegen, wenn ich mir das mal ansehe?«, fragte Sadie Doyle und zeigte auf das Foto von Devon. »Hübsches Mädchen. Aber sie sieht ein bisschen traurig aus, oder?«
    Marcy spürte, wie sich eine Leere in ihr breitmachte.
    »Ihre Tochter?«
    »Ja. Kennen Sie sie zufällig?«
    »Nein, tut mir leid. Sie ist hier in Cork?«
    »Ja, ist sie. Ich versuche, sie zu finden.«
    »Sie wissen nicht, wo sie ist?«
    Die Frage piekste Marcy. »Wir haben den Kontakt verloren.«
    Sadie Doyle lächelte wehmütig, als verstünde sie, auch wenn in ihren Augen der Hauch eines Tadels aufblitzte. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen.« Sie ging hinter den Empfangstresen und schlug das Gästeregister auf. »Einhundertfünfzig Euro die Nacht für ein Einzelzimmer.«
    »Das ist okay.« Marcy hatte den genauen Wechselkurs von Dollar zu Euro nicht im Kopf, beschloss jedoch, sich später darüber Gedanken zu machen.
    »Wie lange genau bleiben Sie bei uns, Mrs. …?«
    »Taggart. Marcy Taggart. Und ich bleibe ein paar Tage. Vielleicht eine Woche. Ich weiß noch nicht genau, wie lange.« So lange es dauert, dachte sie. »Ist das ein Problem?«
    »Überhaupt nicht. Wenn Sie das bitte ausfüllen würden.« Sadie schob ein Formular über den Tresen. »Und ich brauche natürlich Ihren Pass. Colin bringt ihn später wieder auf Ihr Zimmer. Mit welcher Kreditkarte möchten Sie bezahlen?«
    Marcy gab ihr die American-Express-Karte.
    »Sie haben das Zimmer sieben, am Ende der Treppe links.« Sadie Doyle gab Marcy einen großen, verzierten Messingschlüssel. »Es ist eins unserer schöneren Zimmer. Ich glaube, Sie werden sich dort wohlfühlen.«
    »Danke.«
    »Und viel Glück bei der Suche nach Ihrer Tochter.«
    »Danke«, sagte Marcy noch einmal, verstaute Devons Foto wieder in ihrer Handtasche und folgte Colin die Treppe hinauf.
    Das Zimmer war klein, beengt und vollgestellt mit billigen Möbeln: ein Doppelbett mit einem alten Kopfteil aus Messing, ein schäbig aussehender Schrank samt einem dazu passenden Nachttisch, eine noch schäbiger aussehende Kommode, bei der an zwei von drei Schubladen die Griffe fehlten, ein Stuhl mit hoher Lehne, gepolstert mit violettem Brokat, das an den Nähten ausfranste, und ein ramponierter Mahagonitisch vor dem Fenster,

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