Herzstoss
gemacht …«
»Dies ist nicht direkt eine beliebte Touristengegend.«
»Genau«, improvisierte Marcy. »Ich versuche in der Regel, die üblichen Touristenfallen zu meiden.«
Die Frau zog skeptisch ihre buschigen Brauen hoch. »Auf diese Weise verpassen Sie aber die meisten guten Sachen.«
»Ja, wahrscheinlich.«
Die Frau legte den Kopf zur Seite, als erwarte sie eine weitergehende Erklärung. Vielleicht wartete sie auch nur darauf, dass Marcys Gestammel irgendeinen Sinn ergab.
Da kann sie lange warten, dachte Marcy. »Es ist bloß so, dass ich die Städte, die ich besuche, auch wirklich erkunden möchte, um zu sehen, wie die Menschen tatsächlich leben, verstehen Sie?«
»Nein, ich glaube nicht. Für mich sah es aus, als hätte Sie hier rumgelungert.«
»Nein, ehrlich nicht. Ich hab bloß eine kleine Pause gemacht. Dieser Hügel bringt einen echt um.«
»Wissen Sie, was ich glaube?«, fragte die Frau rhetorisch. »Ich glaube, Sie haben das Haus ausgekundschaftet. Ich glaube, ich sollte Sie bei der Polizei melden.«
»Bitte tun Sie das nicht«, sagte Marcy rasch. »Es gibt wirklich keinen Grund, irgendwen anzurufen. Ich gehe ja schon.« Marcy wich schrittweise zurück, drehte sich um und rannte dann, ohne sich umzusehen, den Hügel hinunter.
»Lassen Sie sich nicht noch mal in der Gegend erwischen«, rief die Frau ihr nach. »Hören Sie mich? Wenn ich auch nur eine von den Locken auf Ihrem Kopf sehe, rufe ich die Polizei.«
»Scheiße«, rief Marcy unten angekommen, die Hände keuchend auf die Knie gestemmt. Ihr Atem ging in kurzen schmerzhaften Stößen. »Verdammte Haare«, murmelte sie und schob ein paar schweißnasse Locken aus ihrer Stirn. »Was soll ich jetzt machen?«, fragte sie den Boden vor ihren Füßen.
Mach, dass du wegkommst , hörte sie Judith sagen. Komm sofort nach Hause. Bevor du verhaftet wirst .
»Kommt nicht in Frage«, antwortete Marcy und drehte sich hilflos einmal im Kreis wie ein Hund auf der Suche nach einem Ruheplätzchen. Sie erinnerte sich, ein Stück entfernt einen kleinen Park gesehen zu haben. Irgendwo auf dem winzigen Grün gab es bestimmt eine Bank, auf der sie sich sammeln und ihre Strategie überdenken konnte.
Du rennst in dein Verderben , mahnte Judith, als Marcy auf die imposanten blutroten Fuchsienhecken in der Ferne zuging.
Sie tat die quengelnde Stimme ihrer Schwester mit einem Kopfschütteln ab und beschleunigte ihre Schritte. Wenig später saß sie auf einer grünen Holzbank, umgeben von blauen und rosafarbenen Hortensien, weißem Wiesenkerbel und Fingerhut mit malvenfarbenen Blüten. Es war wirklich ein wunderschönes Land, dachte sie, atmete tief ein und schloss die Augen. Wenn sie Devon gefunden hatte, konnten sie es vielleicht gemeinsam bereisen, wie Devon es sich immer mit ihrem Vater erträumt hatte. Sie konnten Limerick besuchen und vielleicht sogar das Haus finden, in dem Devons Großmutter aufgewachsen war. Vielleicht würden sie nach Killarney und Kilkenny fahren, vielleicht sogar die berühmten Kalksteinfelsen der Cliffs of Moher in der entlegenen Grafschaft Clare anschauen. Was immer Devon sehen wollte. Was immer sie machen wollte, wiederholte Marcy stumm, als sie plötzlich lautes Babygeschrei hörte.
Sie öffnete die Augen und sah eine schlanke junge Frau mit heller Haut und rotblonden Haaren mit einem Kinderwagen in ihre Richtung kommen. Das Mädchen trug enge Jeans und ein weites weißes T-Shirt, ihr Pferdeschwanz schwang beim Gehen hin und her. Shannon, erkannte Marcy sofort und dachte im selben Augenblick: Nein, das kann nicht sein. Sie musste eingeschlafen sein und träumte jetzt, dass das passierte.
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich zu Ihnen setze?«, fragte die junge Frau schüchtern und wartete, bis Marcy nickte, bevor sie am anderen Ende der Bank Platz nahm.
Marcy versuchte, sie nicht anzustarren. War es wirklich Shannon?
Das Mädchen rupfte hastig das Haargummi von ihrem Pferdeschwanz und ließ ihr dichtes Haar offen auf ihre Schultern fallen. »So ist es besser. Ich habe ihn viel zu eng gebunden. Ich hab schon Kopfschmerzen gekriegt«, sagte sie beinahe entschuldigend, als hätte sie Angst, Marcy mit ihren ungebetenen Kommentaren belästigt zu haben. Sie errötete, ein überraschend zartes Puterrot. »Verzeihen Sie. Ich wollte Sie nicht stören.«
»Sie stören gar nicht. Und Ihr Haar ist wunderschön.« Marcy betrachtete das Gesicht des Mädchens und bemerkte ihre fast durchscheinende Haut, die kleinen grünen Augen und
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