Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Bewältigung grässlicher Schlamassel. Ein Segen.
»Ich komme!«, rufe ich und klettere über gestapelte Fischkisten und aufgerollte Seile. Wobei ich mit meinen Flipflops gelegentlich mal ins Stolpern komme – na schön, ziemlich oft – und irgendwer bestimmt ein prima Zellulitis-Bild ergattert, das morgen die Titelseite eines Revolverblatts zieren wird. Aber was soll’s. Wenn Ollie hier ist, um alles zu regeln, kann nichts mehr schiefgehen.
»Vorsichtig, Schätzchen«, ruft Jewell, als ich, geblendet von Migräne auslösenden Blitzen, die Leiter hochkraxle. »Pass auf deine Fingernägel auf!«
Meine Fingernägel machen mir im Moment am wenigsten Sorgen; vielmehr schlittere ich so auf den Sprossen herum, dass ich Todesangst kriege. Das Deck der Dancing Girl ist plötzlich sehr weit unter mir und ganz bestimmt nicht weich, wenn man daraufstürzt. Gott, wie ich es hasse, irgendwo hoch oben zu sein! Mir wird schon schwindlig, wenn ich im Doppeldeckerbus oben sitze. Und jetzt ist mir hundelend, ich fühle mich vom Leben ultramies behandelt. Ich will doch bloß meine Ruhe haben und meinen Roman schreiben. Und nicht als Klecks auf dem dreckigen Boot eines Mannes enden, der so manierlich ist wie Dünnschiss.
Vielleicht wurde Katy Carter in einem Paralleluniversum wenigstens von einem Multimillionär mit einer Jacht gerettet und nicht vom unflätigen Guy mit seinem stinkenden Fischkutter.
Meine rechte Hand glitscht auf frischer Möwenkacke aus, und alle kreischen entsetzt, als ich den Halt verliere. Ich schreie lauthals, rutsche ab und kann mich erst ein paar Sprossen weiter unten wieder festhalten. Einer meiner hübschen Flipflops fällt ins Hafenbecken, und idiotischerweise bin ich nun auch noch den Tränen nahe.
War ja klar, dass ich in dem verratzten der beiden Universen landen würde.
»Verfluchte Scheiße«, sagt Guy genervt. Er ist hinter mir hochgeklettert, und seine starken Arme sichern mich. »Schau nach oben und steig endlich hoch, du dumme Kuh. Ich pass schon auf, dass du nicht runterfliegst.«
Wie charmant! Dieser Typ wird ganz bestimmt nicht das Vorbild für meinen romantischen Helden abgeben. Jake würde Millandra niemals als dumme Kuh bezeichnen! Wenn Richard Lomax und Guy Tregarten Maddys Vorstellung von einem Helden entsprechen, dann hat die Gute ein ernsthaftes Geschmacksproblem.
Dennoch werde ich jetzt nicht mit Guy streiten. Ich schaue nach oben und versuche das riesige Objektiv zu übersehen, das auf meine Brust gerichtet ist. Ein paar Sprossen später liege ich auf der Kaimauer, mit Wabbelbeinen und wunden Händen.
Ich lebe!
Ich kann es mir nur mit Mühe verkneifen, wie der Papst den Boden zu küssen.
In meinem ganzen Leben werde ich keinen Fuß mehr auf Guys Kutter setzen.
Jewell piekt mich mit ihrem Sonnenschirm. »Steh auf, Katy! Man kann dein Höschen sehen.«
Die Kameras blitzen munter, und ich springe hastig auf und ziehe meinen Rock runter.
»Wo ist Ollie?« Ich schaue mich suchend um, erblicke aber nur fremde Gesichter und Kameraobjektive. Doch der helle Lockenschopf und das vertraute Grinsen können nicht weit entfernt sein.
Jewell runzelt so heftig die Stirn, dass sie wie Yoda im Chanel-Kostüm aussieht. »Ist das nicht der reizende Junge in Unterhosen, der bei meiner Geburtstagsparty war?«
Das Motto von Jewells letzter Party waren die Römer, und Ollie und ich hatten viel Spaß damit, uns aus zerrissenen Bettlaken Togen anzufertigen; im Gegensatz zu James, der sich ein kostspieliges Cäsar-Kostüm auslieh und versuchte, mit der sturzbetrunkenen Jewell Gespräche über die Hochfinanz zu führen. Ollie jedenfalls kam supergut an, vor allem als seine Toga runterrutschte und er in Batman-Boxershorts dastand.
»Ja doch, ja!«, sage ich ungeduldig. »Wo ist er denn nun?« Ich verrenke mir den Hals für den Fall, dass Ollie sich hinter einem orangen Schleppnetz versteckt hat oder in einer Netztonne hockt.
»Wie kommst du darauf, dass er hier ist?« Jewell legt den Arm um mich und strahlt in die Kameras. »Meine andere Seite ist fotogener, Liebchen!«
Mein Herz ist wirklich arm dran. Jetzt schnellt es auf und ab wie ein durchgeknallter Bungeespringer. Kein Ollie? Peinlicherweise bin ich am Boden zerstört.
»Ich bin mit diesem entzückenden Frankie hergefahren«, berichtet Jewell, rückt ihren Turban zurecht und entblößt ihre Beißerchen für die Fotografen. »Er hat mich angerufen, als er die Schlagzeilen gelesen hat, und darauf bestanden, dass du unsere Hilfe brauchst.
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