Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
So ein Goldschatz! Er hatte es richtig eilig herzukommen.«
Das kann ich mir vorstellen. Ich nehme mir vor, Frankie qualvoll zu meucheln, sobald ich ihn zu Gesicht kriege.
»Wollte Ollie nicht mitkommen?«
»Ollie?« Das gepuderte alte Gesicht legt sich in Falten. »Ich glaube, der war gar nicht da, Schätzchen. Frankie meint, er sei mit seiner Freundin unterwegs. Wieso eigentlich?« Sie mustert mich prüfend. »Hast du ihn erwartet?«
»Nein, natürlich nicht«, antworte ich hastig. »Ich dachte bloß.« Dann kommt mir ein anderer Gedanke. »Und wo ist denn nun Frankie?«
Jewell lacht. »Keine Ahnung. Wir haben ein oder vielleicht zwei Gläschen getrunken, und dann war er plötzlich verschwunden. Ist wahrscheinlich ein bisschen spazieren gegangen, der nette Junge.«
Ich stöhne. Das hat mir gerade noch gefehlt.
Jewell hakt sich bei mir unter. »Und ihr möchtet jetzt alles ganz genau wissen, nicht wahr?« Die Reporter nicken heftig und bekunden lautstark ihre Zustimmung. Als sie immer näherrücken, kriege ich es mit der Angst zu tun, weil ich keinen Fluchtweg mehr sehe. Auf der einen Seite der Kaimauer befindet sich dreckiges Hafenwasser, auf der anderen donnernde Wellen – beides wenig verlockend. Als ich den Reportern ausweichen will, stoße ich an eine Netztonne und habe plötzlich die Reste verrottender Fische im Gesicht.
»Ihr Lieben, tretet zurück und lasst uns durch!«, ruft Jewell.
»Erst wenn Sie uns alles erzählt haben.« Eine knochige junge Frau in silbriger Bomberjacke hält mir ein Mikro unter die Nase. »Angela Andrews vom Daily Dagger . Haben Sie Gabriel Stacey Dean abspenstig gemacht?«
»Ist er gut im Bett?«, ruft jemand.
»Ja, genau, ist er?«, will auch Jewell wissen.
»Weiß ich nicht!«, fauche ich. »Ich kenne den Mann ja kaum!«
»Stimmt es, dass er hier ein Haus gekauft hat?«
»Sind Sie Schauspielerin? Oder was machen Sie?«
»Was ich mache? Momentan krieg ich Zustände«, stöhne ich.
Jewell und ich werden immer enger an die Tonne gedrückt. Wenn das so weitergeht, werden wir demnächst drin landen. Jewell fuchtelt mit ihrem Sonnenschirm herum, aber die Reporter sind Schlimmeres gewöhnt.
»Wenn Sie mich mit dem Ding schlagen, verklage ich Sie wegen Körperverletzung«, droht Angela Andrews.
»Wer behauptet denn, dass ich Sie damit schlagen will?«, versetzt Jewell und piekt die Reporterin ins knochige Gesäß, was diese tatsächlich zum Ausweichen veranlasst. Das kann ich gut nachvollziehen; Jewell kann einen das Fürchten lehren.
»Aus dem Weg, Oma!« Ein vierschrötiger Fotograf kommt auf uns zugewalzt. »Wir brauchen bloß ’ne Aussage von Katy.«
»Jetzt reicht’s!« Vom Boot ergießt sich ein Wasserschauer über die Reporter, die kreischend auseinanderstieben und ihre Kameras zu schützen versuchen. »Sie will nichts sagen, ihr habt’s doch gehört!«
Guy hält den Schlauch zum Deckputzen im Anschlag wie Arnie seine Uzi. Fehlt nur noch, dass er »hasta la vista, Baby!« brüllt. Er schwenkt den Schlauch noch mal hin und her, und eiskaltes Wasser platscht auf die Meute nieder.
»Fantastisch!«, flötet Jewell, als die Reporter wie aufgescheuchte Ameisen in alle Richtungen davonrennen. »Kommt das in den Nachrichten?«
»Aufs Boot!«, schreit Guy. »Die Leiter runter!«
Ich will soeben darauf hinweisen, dass ich mich in Gesellschaft einer Achtzigjährigen befinde, die wohl kaum eine Leiter runterklettern kann, als Jewell an mir vorbeisaust, den Abstieg beginnt und mir zuruft: »Beeil dich, Katy! Du brauchst keine Angst zu haben!«
»Ich danke Ihnen, mein Bester«, säuselt sie, als Guy sie aufs Boot hebt. »Haben Sie Dank, dass Sie einer gebrechlichen alten Dame Hilfe leisten.«
Gebrechliche alte Dame? Ich hab schon schwächere Panzer gesehen.
Jewell zwinkert mir aus Guys Armen zu. »Dieser entzückende junge Mann wird dir helfen. Er ist ja so stark.«
»Ich sterbe lieber, als mir von dem helfen zu lassen«, verkünde ich, während ich mühsam abwärtsklettere.
»Bewegen Sie Ihren Arsch!«, donnert Guy. »Sonst fahren wir ohne Sie los.«
Das lasse ich mir nicht zweimal sagen, weil nämlich Angela Andrews, die nun klatschnass ist und wegen ihrer ruinierten Prada-Bomberjacke hysterisch herumkreischt, wieder an der Kaimauer auftaucht. Ich steige schneller die Leiter runter, als ich beim Klingeln aus der Schule flitze – und das pflege ich sehr schnell zu tun –, und springe aufs Boot.
Der Motor erwacht dröhnend zum Leben, blauer Rauch quillt aus
Weitere Kostenlose Bücher