Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
Plastikpolster löst. »Wollen wir zurückfahren?«
Die Frage ist an Ollie gerichtet, der jetzt aus dem Wagen springt und verblüfft meine Pennerhabseligkeiten betrachtet. Glücklicherweise hat er den gestreiften Morgenmantel indessen durch verwaschene Levi’s und ein weites Sweatshirt ersetzt, so dass die braven Bürger dieser Wohngegend nicht erröten müssen. Dafür aber ich, als ich an unseren erbitterten Streit von vorher denken muss.
»Das ist doch niemals dein Auto«, sage ich zu Frankie.
»Hab’s mir ausgeliehn.« Frankie pflückt sich die Ray-Ban vom Gesicht. »Gehört Ricky von den Queens. Ich sag dir lieber nicht, was ich dem jetzt alles schuldig bin, Schätzelchen. Ollie steht jedenfalls tief in meiner Schuld.«
»Ach ja?« Ich bin einigermaßen verdattert. Frankie lässt seine Federboa kreisen, und Ollie schaut wütend zum Küchenfenster hoch. Vielleicht stehe ich unter Schock, aber ich habe plötzlich das Gefühl, mich in einem sehr surrealen Traum zu befinden.
»Was ist hier los?«, fragt Ollie, während er die Mülltüten und das gesammelte Strandgut meines Lebens betrachtet.
»Ich ziehe um«, antworte ich. »James hat mich rausgeschmissen.«
Ollie schüttelt den Kopf. »Der Typ ist echt ein Arschloch, Katy. Ich weiß, dass es dir jetzt schlimm geht, aber glaub mir: Du kannst froh sein, dass du den los bist.«
Ich fühle mich eigentlich eher benommen als todtraurig. Der Verlust meines Notizhefts setzt mir übler zu als der Verlust meines Verlobten. Das Herzeleid kommt wahrscheinlich noch nach. Vermutlich werde ich nächtelang in mein Kissen heulen und verzweifelte Pläne schmieden, wie ich James zurückgewinnen kann, was dann auch die obligatorische Brutal-Diät, die lebensverändernde neue Katastrophenfrisur und das Dauerhören von tristen Enya-CDs zur Folge haben wird. Aber im Moment bin ich zu verstört, um irgendwas zu empfinden außer zunehmender Erleichterung, dass ich mich nun definitiv nicht mehr in eine Vera-Wang-Robe quetschen muss. Puh. Das hätte nämlich ausgesehen, als hätte man versucht, Zahnpasta in die Tube zurückzupressen.
»Ich werde das klären.« Ollie marschiert auf die Haustür zu. »Der kann dich nicht einfach so vor die Tür setzen. Du hast Rechte, weißt du, Katy. Das ist auch deine Wohnung.«
»Nein!« Ich packe ihn am Ärmel und halte ihn fest. Das Allerletzte, was ich jetzt brauchen kann, ist eine Szene. »Lass es.«
»Und wieso? Du hast Geld in die Wohnung gesteckt. Du kannst doch nicht zulassen, dass er dich mir nichts, dir nichts rausschmeißt. Ich werd mir den jetzt mal vornehmen.« Ollie hämmert an die Tür. »Mach auf! Ich will mit dir reden!«
Was wohl eher bedeutet, dass er ihn verhauen will. Ich gehe jede Wette ein, dass James jetzt oben an der Tür horcht, die mit Sicherheitsschloss, Kette und Guckloch ausgestattet ist. Er ist so versessen auf Sicherheit, dass Fort Knox ein schlampiger Laden ist im Vergleich zu unserer Wohnung. Ollie hat bessere Chancen, heute Nachmittag zum Mond zu fliegen, als da reinzukommen.
»Ollie, bitte hör auf«, sage ich flehentlich. »Es ist James’ Wohnung, nicht meine.« Und während ich das sage, wird mir bewusst, dass es stimmt: Die gesamte Wohnung wurde von James gestaltet, ist geprägt von seinem Geschmack und strahlt teures Understatement aus. Es ist eine volle Breitseite, dass ich mein Zuhause verliere, aber mein Herz hängt nicht an dieser Wohnung.
»Dann lass uns das Zeug mal in den Wagen schaffen.« Ollie packt die schweren Säcke, als wären sie aus Papier. »Es fängt bestimmt jede Minute zu schiffen an.«
»Was machst du da?«, frage ich.
Die Art von Blick, die ich jetzt abkriege, ist für gewöhnlich seinen begriffsstutzigeren Schülern vorbehalten. »Ich verstaue deine Sachen im Auto. Dann fahren wir nach Southall und kümmern uns um dich.«
»Mir geht es gut«, erwidere ich störrisch. »Ich wollte gerade Maddy anrufen und fragen, ob ich bei ihr unterkommen kann.«
»Wäre eine Idee«, sagt Ollie. »Aber das Zeug hier musst du trotzdem abtransportieren. Und dir überlegen, was du dem Pfarrer erzählen willst, schätze ich mal. Also nehmen wir dich jetzt erst mal mit zu mir.«
»Ich weiß nicht, ob ich das gut finde. Nicht nach allem, was du heute Morgen gesagt hast.«
»Ach, nun komm schon.« Ollie seufzt. »Ich hab das nicht so gemeint, wie du es aufgenommen hast. Ich war nur so unglaublich wütend. Im Nachhinein wünsche ich mir, ich hätte die Klappe gehalten. Und das mach ich in Zukunft
Weitere Kostenlose Bücher