Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Saberton
Vom Netzwerk:
mich aus meiner misslichen Lage zu retten.
    Ich stecke ernsthaft in der Klemme.
    Meine Broschüren umklammernd, stolpere ich aus der Praxis und auf die Straße hinaus. Es ist ein strahlender Frühlingstag. Der Himmel ist azurblau, und die fröhlich dahintreibenden Wölkchen sind so weiß und wattig wie in einem Philadelphia-Werbespot. Im Park gegenüber machen Büroangestellte Mittagspause, liegen im Gras und genießen die unerwartete Wärme oder sitzen auf Bänken und futtern ihre Sandwiches. Kinder kreischen ohrenbetäubend, während sie auf dem Spielplatz umherpesen, Rutschen hinuntersausen oder sich auf dem Karussell im Kreis drehen. Am Teich füttert eine Mutter mit Kleinkind die Enten. Es grenzt an ein Wunder, dass sie nicht untergehen, so wie die mit Brot vollgestopft sind. Ich beobachte, wie das Kind lacht und von der Mutter auf den Arm genommen wird, kleine Pausbacke an Frauenwange, dicke Ärmchen, die sich um ihren Hals legen. Alles ist so schön.
    Tränen laufen mir aus den Augen, und ich wische sie ärgerlich mit dem Handrücken weg.
    Was ist los mit mir?
    Ich will gar nicht unbedingt Kinder.
    Ich mag Kinder nicht mal besonders – ich bin Lehrerin, um Himmels willen –, aber ich hatte immer gedacht, eines Tages vielleicht …
    Mit dem richtigen Mann, versteht sich.
    Und ohne Krebs.
    Schluss damit!, befehle ich mir wütend. Komm zur Vernunft! Das kann alles völlig harmlos sein.
    Oder auch nicht, flüstert eine niederträchtige kleine Stimme in meinem Kopf.
    Ich stopfe die Broschüren in meine Tasche. Ich werde sie beim Lunch lesen und dann Ollie die ganze Geschichte erzählen. Er weiß bestimmt, wie er mich aufheitern kann. Dazu wird vermutlich ein monströses Besäufnis in einem schmuddligen Pub gehören, aber tatsächlich finde ich Besinnungslosigkeit gerade sehr verlockend.
    Mit einem Seufzer wandere ich die Hauptstraße entlang. Es ist ein ganz schlechtes Zeichen, dass ich nicht das geringste Bedürfnis verspüre, in die Läden zu spazieren und meine Karte zu strapazieren. Die Schaufenster sind voll mit Strandsachen, Blümchen-Flipflops und hübschen Sarongs, die alle »Kauf mich! Kauf mich!« schreien. Normalerweise würde ich schnurstracks reinmarschieren und mit meiner Kreditkarte wedeln. Aber heute ist mir zumute, als hätte mich jemand in eine Blase gesteckt. Ich sehe alles, aber es scheint meilenweit entfernt zu sein, als würde ich hinter Glas herumtappen. Nicht einmal die goldenen Bogen von McDonald’s können mich verführen, was wirklich ein dramatisch schlechtes Zeichen ist.
    Und das vierzehn Tage lang?
    Da werd ich verhungern.
    Ich will nicht shoppen, und ich will nicht essen. Ich habe weniger Sex als Mutter Teresa, die überdies schon tot ist. Mein Verlobter hat mich durch eine andere ersetzt. Mein Roman wurde in kleine Papierstücke zerfetzt, und in meiner Badewanne, die nicht einmal meine ist, wohnt ein Hummer.
    Was für ein Leben ist das denn?
    Nun, es ist mein Leben.
    Ich kann nur hoffen, dass ich es zumindest behalte.

9
    I hr wisst ja, dass Telefone nie klingeln, wenn man darauf wartet. Das gilt auch für Ollies Apparat. Seit dem Mittagessen tue ich so, als würde ich fernsehen und Arbeiten benoten, und das Telefon ist so still, dass ein Trappistenmönch dagegen geschwätzig wäre. Es klingelt lediglich, wenn ich auf dem Klo bin oder gerade was Cooles im Fernsehen kommt, aber nie, wenn es soll.
    Wohl wieder so ein bescheuertes Naturgesetz.
    »Warum rufen die nicht an?«, frage ich Sasha, die neben mir auf der Couch liegt. Wir haben gemeinsam bereits eine Packung Schokokekse und eine Tüte Hundekekse verputzt. Diese Warterei macht hungrig. Da die Kekse jetzt alle sind, mache ich mit meinen Nägeln weiter. Sie müssen ja nicht mehr hübsch sein für die Hochzeit, weshalb ich mich in aller Ruhe der guten alten Beißerei hingeben kann. Man wartet schließlich nicht jeden Tag auf die Nachricht, ob man nun Brustkrebs hat oder nicht.
    »Erledigen sie zuerst die mit den schlechten Nachrichten?«, sinniere ich. »Oder heben sie die bis zuletzt auf?«
    Sasha fällt dazu auch nichts ein. Sie wedelt mitfühlend mit dem Schwanz, und ich mache mich über meine rechte Hand her. Wenn der Arzt nicht bald anruft, bin ich wahrscheinlich in Kürze beim Ellbogen angelangt.
    »Jetzt klingel endlich, du Scheißteil«, befehle ich dem Telefon, doch es schweigt störrisch. Wenn ein Telefon Leuten eine Nase drehen könnte, würde es das jetzt sicher tun. Ich wende mich wieder meinem Daumen zu und knabbere

Weitere Kostenlose Bücher