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Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)

Titel: Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Saberton
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einer stets in Designerklamotten gewandeten Blondine mit einem Hirn wie eine Festplatte. Tilly wirkt am Telefon immer so atemlos.
    »Entschuldige, Tilly«, sage ich munter. »Katy hier. Ich suche James. Ich muss versehentlich im Büro angerufen haben.«
    »Oh!«, piepst die Stimme und verstummt dann. Im Hintergrund vernehme ich unverkennbar James, der sich mürrisch erkundigt, wer ihn zu Hause anruft.
    Zu Hause? Also nicht Tilly. Sondern Scheißalice Saville.
    »Hören Sie zu, Alice«, sage ich fest, klemme mir das Handy unters Kinn und krame in der Tasche nach meiner eisernen Ration Zigaretten. »Geben Sie mir James, ja?«
    »Er ist sehr beschäftigt«, piepst Alice.
    »Richten Sie ihm bitte aus, es sei sehr wichtig.« Meine Hände zittern so sehr, dass ich das Feuerzeug fallen lasse. Ich fingere in der Zigarettenpackung herum und muss feststellen, dass sie leer ist. Dieser verfluchte Ollie! Ich bring ihn um! Hummer und Kakteen kann ich vielleicht noch vergeben, aber meine Kippen klauen? Darauf steht die Todesstrafe.
    Am anderen Ende höre ich Schritte auf dem Parkett.
    »Wer ist denn dran, Liebling?«
    »Niemand«, sagt Alice rasch. »Nur verwählt, Schatz.« Und dann ist die Leitung tot. So eine verfluchte Frechheit!
    Eine Träne rinnt mir über die Wange und fällt auf den Betonboden. Meine Gefühle schwanken zwischen Tobsucht und völliger Verzweiflung. Der verletzte und wütende Teil von mir möchte zu gerne James die Eier mit einer stumpfen Schere abschneiden, doch der andere, größere Teil ist einfach vollkommen fassungslos, dass ich so schnell ersetzt worden bin. Das habe ich nun davon, dass ich vier Jahre lang seine Socken gewaschen habe! Das ist das Dankeschön dafür, dass ich ihm eine treue Freundin war.
    Und, vermeldet eine leise Stimme in mir, dafür, dass du so bereitwillig den Fußabtreter gegeben hast.
    Nun gut. Scheiß auf James.
    Ich stapfe über den Spielplatz zum Schulgebäude und steuere schnurstracks die Mädchentoilette an. Es ist zehn nach neun, und im Gebäude herrscht jetzt Stille. Es riecht leicht nach Rauch, und ich setze zwei pampige Neuntklässlerinnen vor die Tür, die versuchen, sich in der hintersten Kabine zu verstecken. Als sie verschwunden sind, klettere ich auf den Klositz, verrenke mich wie ein Yoga-Guru und drücke fest gegen die Deckenplatte. Bingo! Es regnet Zigaretten, Papierchen und Feuerzeuge.
    Sind Teenager nicht einfach fantastisch? So berechenbar.
    Ich stopfe die Beute in meine Tasche, husche an meinem Klassenzimmer vorbei und flitze in den Heizungskeller, den letzten heimlichen Zufluchtsort der Raucher in der Schule. Eine Notfluppe, eine letzte Heulerei wegen James und einige ernsthafte Sorgen wegen des Knotens sind jetzt an der Tagesordnung.
    Im sicheren Heizungskeller ziehe ich heftig an der Zigarette, aber sogar der wunderbare Nikotinrausch heitert mich nicht auf. Es ist einfach zu viel, was ich an diesem Vormittag zu verarbeiten habe. Zu viele Gedanken und zu viele Fragen, auf die ich Antworten finden muss. Vor allem eine Frage drängt sich immer wieder auf.
    Ich schnippe Asche auf den Boden und richte mich auf. Was zum Teufel hat es mit diesem Knoten auf sich? Soll ich ihn ignorieren? Oder vernünftig sein und ihn untersuchen lassen? Dazu wird in allen Frauenzeitschriften geraten. Neun von zehn Brustknoten sind gutartig. Ich bin im Bilde.
    Aber wenn meiner nun der eine von der anderen Sorte ist? So wie mein Leben in letzter Zeit aussieht, würde mich das auch nicht mehr wundern.
    Ist es schlimmer, nicht zu wissen, ob man Krebs hat, als mit der furchtbaren Nachricht konfrontiert zu sein? Will ich wissen, dass James sich eine neue schlankere und schönere Freundin zugelegt hat, oder mir lieber nichtsahnend den Kopf zerbrechen? Wäre es angenehmer vorzugeben, ich hätte den Knoten nie entdeckt, ins Lehrerzimmer zu spazieren und wie üblich meine Freistunde mit Kaffeetrinken und Surfen im Netz zu verplempern? Oder sollte ich vernünftig handeln und einen Arzt anrufen?
    Das Problem ist, dass ich es noch nie hingekriegt habe, vernünftig zu sein.
    Vielleicht sollte ich jetzt endlich damit anfangen.
    In der Praxis des Arztes wimmelt es von schniefenden und hustenden Patienten, und das Telefon klingelt ohne Unterlass. Wir sind in einen kleinen Raum mit extrem schmalen Stühlen gepfercht, und einige Patienten müssen sich sogar stehend an die Wand lehnen oder neben dem Empfangstisch warten. Man könnte auf die Idee kommen, dass hier versucht wird, den Weltrekord für die

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