Herzstück mit Sahne: Roman (German Edition)
an der Wand seine Frisur überprüft.
Allerhand, nicht mal James war so eitel.
Andererseits: Wenn ich so schön wäre wie Gabriel Winters, würde ich wahrscheinlich auch am Spiegel kleben. Ich werfe einen Blick auf mein Konterfei und zucke entsetzt zusammen. Mit meinen störrischen roten Locken und den von der Wärme rot angelaufenen Wangen sehe ich nun endgültig wie Ronald McDonald aus. Nicht gerade vorteilhaft.
»Also, ich bin jedenfalls hier, weil …«, setze ich an und verstumme gleich wieder, weil Gabriel überhaupt nicht zuhört. Er schaut vielmehr auf seine Uhr. Die eine Rolex sein könnte, aber ich bin mir nicht sicher. Als Englischlehrerin kriegt man solche Teile eher selten zu Gesicht.
»Ach du meine Güte!«, ruft Gabriel laut aus, womit er weitere bewundernde Blicke der weiblichen Gäste auf sich zieht. »So spät schon? Ich muss um acht im Rick Stein’s sein, um meinen Regisseur zu treffen. Trink schnell aus, Süße. Ich muss mich auf die Socken machen.«
Ich leere gehorsam mein Glas, als die Tür des Pubs auffliegt und ein großer Mann hereinmarschiert.
»Hat jemand meine Frau gesehen?«, fragt er und blickt um sich wie der Terminator.
»War den ganzen Tag noch nicht da«, antwortet die Barfrau rasch.
Sie steht mit dem Rücken zu mir, und ich sehe, dass sie die Finger verschränkt hat.
»Falls Sie sie sehen«, bellt der Mann, »sagen Sie ihr, dass sie heute Nachmittag die Mutter-Kind-Gruppe zu leiten hat. Und«, fügt er in gereiztem Tonfall hinzu, »die Musik hier ist viel zu laut. Ich höre sie in meinem Arbeitszimmer. Wenn sich das nicht ändert, reiche ich eine Beschwerde beim Stadtrat ein.«
Und mit diesen Worten dreht er sich um und stürmt mit wallenden schwarzen Gewändern hinaus.
»Vielleicht hat die gute Frau ’ne Affäre«, sagt die Sängerin und verzieht das Gesicht. »Diesen Monat sucht er sie schon zum dritten Mal hier.«
»Könnt ich ihr nicht mal verdenken«, äußert der Fischer mit der lauten Stimme. »Er ist ein elender Dreckskerl.«
Ich sinke in meinen Sitz und ziehe mir den Sombrero ins Gesicht, als der erboste Gatte draußen am Fenster vorbei- und die Treppe hinunterstapft. Mir ist danach zumute, in Windeseile umzukehren und so schnell nach London zurückzurennen, wie meine Füße mich tragen.
Denn unerfreulicherweise ist besagter aufgebrachter Gatte niemand anderer als der Reverend Richard Lomax.
13
A ls ich endlich genug Mut beisammenhabe, um mich ins Pfarrhaus zu begeben, ist es schon fast dunkel, und die Lichter von Tregowan funkeln wie zahllose Sterne. Nach dem steilen Aufstieg keuche ich wie eine Gebärende, als ich oben ankomme.
»Wer braucht da noch ein Sportstudio?«, frage ich Zwicki, als ich auf der Türschwelle kollabiere. Hier werde ich schon nach wenigen Wochen dieselbe Kleidergröße haben wie Nina. Nur gut, dass ich mich noch mit ein paar Gläsern Cider gestärkt habe.
Zuvor habe ich eine Weile auf dem Fischmarkt herumgelungert und so getan, als interessierte ich mich für den Fang, aber eigentlich wollte ich wissen, ob Richard noch in der Nähe war. Ich weiß ja, dass er ein Geistlicher ist, aber wütend möchte ich den nicht noch mal erleben. Ich habe keinen blassen Schimmer, was los ist, aber ich kenne Maddy und habe das unangenehme Gefühl, dass es Richard nicht gefallen wird. Würde mich allerdings sehr wundern, wenn sie eine Affäre hätte, weil ich immer geglaubt habe, dass sie Richard tatsächlich liebt. Auch wenn ich das nicht so recht nachvollziehen kann, obwohl er vermutlich rein äußerlich schon attraktiv ist. Und unter der Soutane verbirgt sich wohl auch ein durchtrainierter Körper, wenn man Maddys Worten Glauben schenken darf.
Ich ziehe an dem Seil neben der Haustür, und irgendwo im Haus ertönt dräuend eine Glocke. Durchs Fenster kann ich in die behagliche Küche mit dem gusseisernen Herd blicken. Sämtliche Oberflächen sind mit irgendwelchem Kram vollgestellt. Mads ist die Königin des Plunders. Jeder Trödelladen ist ordentlicher als ihre Behausungen.
Die Haustür geht auf, und vor mir steht Mads mit Lockenwicklern in den dunklen Haaren und einer grünen Schmiere im Gesicht.
»Scheiße!«, keucht sie erschrocken. »Katy! Verfluchter Mist!«
»Ich freu mich auch, dich zu sehen«, sage ich. »Danke, dass du mich am Bahnhof hast stehen lassen.«
»Tut mir ja so leid!«, ruft sie und führt mich ins Haus. »Ich versteh nicht, wie ich dich vergessen konnte! Muss völlig außer mir sein!«
»Zum Glück für dich hat mich
Weitere Kostenlose Bücher