Herztod: Thriller (German Edition)
für einen Besprechungstermin, und Hannah nutzte den Vormittag für weitere Befragungen in Carolines Wohnhaus und telefonierte mit zwei Exkolleginnen – ohne jedoch weitere erhellende Erkenntnisse zu gewinnen. Am frühen Nachmittag parkte sie eine halbe Stunde lang vor Michael Folks Wohnhaus in Sankt Georg, bevor sie in Richtung Polizeipräsidium aufbrach.
Schaubert empfing sie mit breitem Lächeln. Er hatte diesmal sogar für Kaffee gesorgt und spendierte Kotti einen Hundekuchen, den der mit spitzen Zähnen, aber ohne sonderliche Begeisterung annahm. Der LKA-Beamte schien felsenfest davon überzeugt, dass Hannah ihm einen Höflichkeitsbesuch abstattete, in deren Verlauf sie einen völlig unwichtigen Berichtabgeben würde, um sich dann unverrichteter Dinge zu verabschieden. Einige Minuten plauderten sie über das wunderbare Sommerwetter und das maritime Feeling an der Elbe, dann hob der Hauptkommissar das Kinn mit einer auffordernden Geste und rieb sich die Hände. »Und, Kollegin – fahren Sie noch heute nach Berlin zurück?«
Hannah stellte ihre Kaffeetasse ab. »Wenn es nach mir ginge: nein.«
Schauberts fröhliche Miene erlosch. »Wie darf ich das verstehen?«
»Ich rate dazu, weitergehende Ermittlungen aufzunehmen, in die ich einbezogen werden möchte.«
»Wie bitte?«
»Ja. Das Verschwinden der Frau mag spurlos vonstattengegangen sein, trotzdem sind mir während meiner Gespräche mehrere Aspekte aufgefallen, die mich stutzen lassen und bei denen man nachhaken sollte«, entgegnete Hannah.
Schaubert lehnte sich mit verschränkten Armen zurück und atmete tief ein. »Ich bin gespannt.«
»Caroline Meisner lebt deutlich über ihre Verhältnisse und ist entweder hoch verschuldet, oder ihr Liebhaber ist vermögend und finanziert sie großzügigerweise …«
Schaubert runzelte die Stirn. »Was für ein Liebhaber?«
»Es gibt zum einen Andeutungen aus dem Familienkreis …«
»Andeutungen sind nicht sehr hilfreich, Kollegin.«
»Manchmal schon. Ihr Nachbar bestätigt sie nämlich. Er berichtete mir von regelmäßigen Besuchen eines Herrn, die seiner Ansicht nach lediglich einem einzigen, nämlich erotischen Zweck dienen«, legte Hannah die Hinweise von Kollbach dar. »Selbst wenn der Nachbar – ein einsamer, kranker und alter Mann – sich in seiner nicht ganz sauberen Phantasie das eine oder andere hinzugedichtet haben mag und wahrscheinlich überaus neugierig und erfinderisch ist, wenn es darum geht, seine Nachbarn zu belauschen, würde ich davon ausgehen, dass es jemanden in Carolines Leben gibt – einen Mann, denniemand sonst kennt. Und diese geheimnisvolle Beziehung, Affäre, wie auch immer, besteht seit vielen Monaten, unter Umständen seit einem Jahr.«
»Das behauptet auch der Nachbar?«
»Ja. Der Mann heißt übrigens Thomas Kollbach und war zum Zeitpunkt des Verschwindens von Caroline Meisner und während der ersten routinemäßigen Überprüfung der Polizei im Krankenhaus, so dass er bei der Befragung im Haus außen vor blieb.«
Schaubert hob eine Braue. »Na schön, es gibt also einen Lover, und weiter? Wie kommen Sie darauf, dass die Frau über ihre Verhältnisse lebt?«
»Sie reist viel, das erwähnen alle, die mit ihr zu tun haben, und ihre Wohnung ist bemerkenswert edel eingerichtet. Ein Festgeldkonto gibt es auch.«
»Sie waren in der Wohnung?« Schaubert machte große Augen.
»Die Familie hatte nichts dagegen einzuwenden. Ich habe mich dort eine halbe Stunde umsehen dürfen«, erwiderte Hannah gelassen und schlug ein Bein über das andere. Sie schob ein freundliches Lächeln hinterher. »In Anwesenheit des Schwagers.«
Der Hauptkommissar starrte sie konsterniert an.
»Wir beide mit unseren Gehältern hätten Probleme, dieses schicke Ambiente zu finanzieren, ohne einen Kredit aufzunehmen«, betonte Hannah. »Caroline versucht übrigens in ihrer Familie den Eindruck zu erwecken, dass sie sich diesen Lebensstil mit ihrem Verdienst als Bibliothekarin in der Universitätsklinik leisten kann, was völlig absurd ist. Auffallend ist zudem, dass alle Räume sehr ordentlich sind und sich darüber hinaus nicht der geringste Hinweis auf Persönliches findet – keine Bankauszüge oder Fotos, kein …«
»Und? Es gibt Leute, die so wohnen und ihren Kram grundsätzlich wegschließen«, fiel Schaubert ihr ins Wort. »Nicht die schlechteste Idee, wenn Sie mich fragen.«
»Unbedingt. Dennoch – entweder sie selbst oder ein anderer hat nach meinem Eindruck die Wohnung vorbereitet, und zwar um
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