Herztod: Thriller (German Edition)
Persönliches sowohl vor den Blicken von Familienangehörigen als auch vor der Polizei zu verbergen. Da sie grundsätzlich ordentlich ist und sich ungern in die Karten schauen lässt, sind diese Bemühungen kaum ins Gewicht gefallen.«
Schaubert atmete laut aus. »Gut, lassen wir das mal so stehen. Nur: Wo bleiben die Beweise? Der hellhörige Alte, der mit dem Ohr an der Wand hängt, genügt nicht, das dürfte Ihnen klar sein. Wo wollen Sie ansetzen?«
»Zum Beispiel bei dem Zeugen. Michael Folk hat stark verunsichert auf mich reagiert.«
Schaubert lächelte. »Ist das alles? Es gibt Leute, die …«
»Nicht so begeistert reagieren, wenn sie mit der Polizei zu tun haben, sehr richtig«, stimmte Hannah schnell zu. »Die melden sich aber auch nicht freiwillig, um eine Zeugenaussage zu machen, noch dazu eine derart detaillierte, dass eine zweite Vermisstenanzeige mit dem Hinweis auf Blankenese veröffentlicht werden konnte. Folk war abwehrend, als ich ihn um ein Gespräch bat, um dann schließlich doch zuzustimmen und plötzlich wieder den charmanten und hilfsbereiten Zeitgenossen zu geben. Die Stimmung änderte sich allerdings wieder schlagartig, als ich von ihm wissen wollte, was er eigentlich in Blankenese vorhatte und wohin er aufgebrochen sei, nachdem er die vermisste Frau bemerkt hatte.«
»Vielleicht mag er es nicht, als Zeuge misstrauisch bewertet zu werden.«
Hannah nickte. »Möglich. Das kann irritieren oder sogar verärgern. Aber der Mann reagierte viel zu heftig, er war richtig aufgebracht.«
»Aha. Haben Sie noch mehr?«
»Ein Kollege aus der Bibliothek, eine studentische Hilfskraft, hat von sich aus die Initiative ergriffen und mich angesprochen, um, wie er sagte, das einhellige Bild von der zurückhaltenden,aber freundlichen Caroline zurechtzurücken«, fuhr Hannah fort, ohne sich von Schauberts unwilligem Ton beeindrucken zu lassen. »Er hält sie für arrogant und berechnend und geht noch einen Schritt weiter, ich darf der Einfachheit halber im Originalton zitieren: Die hat manchmal eine Art drauf, als würde ihr morgen ohnehin schon die Klinik gehören. Ich schätze, sie hat was mit einem einflussreichen Typen zu laufen, und das ist ihr zu Kopf gestiegen. Aber Näheres weiß ich nicht. Nennen Sie es eine dumpfe Ahnung oder wie immer Sie möchten. Wissen Sie, ich habe Sie nur angesprochen, weil ich es verdammt einseitig finde, was Sie hier über Caroline zu hören kriegen. Die Frau hat durchaus Tiefen – wie wir alle –, aber in ihre möchte ich gar nicht erst hinabblicken. Ist auch nur so ein Gefühl. «
Schaubert machte große Augen und strich sich gedankenverloren übers Kinn. »Ich bin durchaus beeindruckt, was Sie an Einzelheiten zusammengetragen haben, das dürfen Sie mir glauben.« Er nickte anerkennend. »Zusammenfassend lässt sich wohl feststellen, dass die Frau offensichtlich über bestimmte Bereiche ihres Lebens kein Wort verlor und mehr Geld ausgab, als sie mit ihrem Brotjob verdiente. Unter Umständen gibt es einen Liebhaber, der sie wie eine Mätresse aushält und der etwas mit ihrem Verschwinden zu tun haben könnte, aber Indizien dafür finden sich nicht, von Beweisen einmal ganz zu schweigen. Zwischen einem Liebesdrama, das vielleicht tödlich endete und von dem wir erst etwas erfahren werden, wenn ihre Leiche auftaucht, einem kurzfristig angesetzten Urlaubstrip mit einem geheimnisvollen Lover, Caroline Meisners spontaner Entscheidung, einige Tage unerreichbar zu sein, oder gar einem tragischen Unfall mit Fahrerflucht, dessen Indizien verwischt wurden, ist alles möglich, ohne dass wir bisher eindeutige Spuren für die jeweilige Variante haben. Stimmen Sie mir zu?«
Hannah nickte langsam. »Durchaus.«
»Wir haben nichts in der Hand, um uns die Wohnung unter kriminaltechnischen Aspekten anzusehen oder in ihremUmfeld verstärkt zu ermitteln«, fuhr er fort. »Beim jetzigen Stand wird der Staatsanwalt abwinken und mich fragen, ob ich nichts Besseres zu tun habe. Und Ihnen würde er die gleiche Frage stellen.«
»Ja, ich weiß.«
»Dennoch …« Schaubert schüttelte den Kopf. »Ich sehe mir die Akte noch einmal genau an, und wir reden …«, er blickte auf die Uhr, »morgen Mittag noch einmal.«
Hannah wusste, dass sie nicht mehr erwarten konnte. Schaubert wollte keinen Fehler machen – weder in der einen noch in der anderen Richtung – und ließ sich die Möglichkeit offen, intern verschiedenen Aspekten nachzugehen, aber er glaubte nicht daran, ermittlungsrelevante
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