Herztod: Thriller (German Edition)
schlug Hannah vor. »Auch wenn Sie nur am Rande davon mitbekamen, wie Sie sagen, hoffte sie vielleicht, Sie würden sich ähnlich sorgen wie die Familie. Darum hat sie es sogar auf eine polizeiliche Überprüfung angelegt. Das sollte beunruhigend wirken – wie ein scharfer, überdeutlicher Hinweis oder auch eine letzte Warnung, Sie mögen sich vorstellen, wie Ihr Leben aussähe, wenn Caroline die Beziehung beendet, weil Sie, Dr. Schade, nicht in der Lage sind, sich zu entscheiden. Könnte es so gewesen sein?«
Der Arzt starrte sie eine Weile wortlos an. »Ganz ehrlich«, erwiderte er schließlich, »ich wusste häufig nicht, was in ihr vorging. Aber ihre Erklärung am Samstag klang deutlich sachlicher als Ihre Vermutungen, Frau Kommissarin. Ich möchte und kann natürlich nicht ausschließen, dass ich ihre Gefühle und Wünsche unterschätzt habe, aber eigentlich war unsere Beziehung eine rein … körperliche.«
»Nach einem Jahr ist keine Beziehung eine rein körperliche, auch wenn der sexuelle Aspekt im Vordergrund steht.«
»Ganz so lange sind wir noch nicht zusammen«, wandte er rasch ein. »Aber wir haben uns seinerzeit kennengelernt …«
»Wo und wann eigentlich genau?«
»Die Klinik hat beim Blankeneser Heldenlauf im letzten August mitgemacht, und ich gehörte zu den Läufern des Ärzteteams. Sie war unter den Zuschauern, und wir sind anschließend ins Gespräch gekommen.«
Hannah hörte, dass Schaubert sich leise räusperte. »Dasheißt, dass diese Gegend eine besondere Bedeutung für Sie beide hat, nicht wahr?«
»Nun, so gesehen, ja, schon. Worauf wollen Sie hinaus?«
»Lesen Sie manchmal Zeitung?«
»Hin und wieder, ja, aber …«
»Ein Zeuge hat Caroline Meisner am Tag ihres Verschwindens in der Nähe des Leuchtturms am Blankeneser Elbufer gesehen, worauf eine zweite Vermisstenanzeige geschaltet wurde, und ihre Leiche wurde nicht weit davon entfernt am Aussichtspunkt Bismarckstein gefunden. Was sagen Sie dazu?«
Schade hielt kurz die Luft an. »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll«, entgegnete er schließlich, wobei er den Atem stoßweise entweichen ließ. »Ich weiß nur, dass ich weder mit ihrem Verschwinden noch mit dem Mord etwas zu tun habe. Ich bin bereit, sofort eine DNA-Probe abzugeben und alle möglichen Fragen zu beantworten, aber ich bitte Sie, bei der Überprüfung meines Alibis umsichtig vorzugehen.«
»Das tun wir. Wer hat oder könnte von Ihrer Beziehung gewusst haben?«
»Eigentlich niemand.«
»Eigentlich?«
»Wir haben uns bemüht, dass niemand etwas davon mitbekommt, aber mir ist klar, dass das nicht hundertprozentig funktionieren kann, schon gar nicht auf Dauer.«
»Sie wollten Ihre Ehe keinesfalls gefährden.«
»Meine Ehe und Familie, meine berufliche Stellung – ja, so ist es«, gab Schade unumwunden zu. »Wobei ich nicht ausschließen möchte, dass meine Frau ahnt, dass ich … manchmal Affären habe, aber ohne zu wissen, um wen es sich handelt. Ich will ihr nicht wehtun.«
Aber meine Freiheit und meinen Spaß haben, das alte Spiel, dachte Hannah. Sie hätte gerne nach den Hintergründen für seine Seitensprünge gefragt, aber dafür war noch nicht der richtige Zeitpunkt gekommen. »An die Bedingung der Heimlichkeitund des Stillschweigens hielt Caroline sich über sehr lange Zeit, und umgekehrt waren Sie immer sehr großzügig, nicht wahr?«
Der Arzt hob die Brauen.
»Sie waren immer spendabel, oder? Reisen? Bargeld? Wertvolle Geschenke?«
»Worauf wollen Sie hinaus?« Er klang verdutzt.
»Wir gehen davon aus, dass Sie Carolines üppigen Lebensstil zumindest mitfinanziert haben«, erläuterte Hannah.
Schade schüttelte den Kopf. »Sie täuschen sich. Wir sind hin und wieder mal ein paar Tage zusammen verreist, und ich habe ihr durchaus das eine oder andere Geschenk gemacht oder sie eingeladen, wenn wir unterwegs waren, aber Bargeldgeschenke gehörten nicht dazu. Das war auch gar nicht nötig. Caroline ist … war finanziell gut gestellt. Sie sprach mal von einer Erbschaft.«
Das war hochinteressant. »Wissen Sie dazu Einzelheiten?«
»Nein, natürlich nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Frau Kommissarin, Caroline und ich haben uns regelmäßig getroffen und sehr gut verstanden. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Was sonst so in ihrem Leben los war, wusste ich nicht.«
»Sie waren nicht verliebt in sie?«
»Doch, schon, aber …«
Hannah lächelte leise. »Aber Sie lieben Ihre Frau.«
»So ist es, und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie
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