Herztod: Thriller (German Edition)
gespart.
In Kollbachs Wohnung waren plötzlich Schritte zu hören, und die Tür wurde einen Spaltbreit aufgezogen. Sichtbar wurde die eine Hälfte eines misstrauischen, schlecht rasierten Gesichts. Das reichte eigentlich schon, dachte Jan, aber er grinste fröhlich. »Die Polizei braucht Ihre Hilfe, Herr Kollbach.«
»Schon wieder?«
»Da können Sie mal sehen – ja! Würden Sie sich wohl mal ein paar Fotos ansehen?«
»Ich will mir erst mal Ihre Dienstmarke ansehen«, erwiderte Kollbach. Die schlagfertige Antwort gefiel ihm. Er grinste.
»Klar doch.«
Der Alte studierte die Marke mit Kennermiene, bevor er seine Tür ganz aufzog. »Okay. Kommen Sie herein. Ich machmir gerade was zu essen. Sie müssen mit der Küche vorliebnehmen.«
»Kein Problem«, gab Jan zurück, während er dem Mann durch einen düsteren Flur folgte. Der Geruch von Spiegeleiern strömte ihm entgegen.
»Geht es wieder um die Meisner?«, fragte Kollbach, griff nach einem Kochlöffel und schabte die Eier vom Pfannenboden, was ein hässliches Geräusch hervorrief.
»Genau um die geht es. Vor ein paar Tagen war eine Kollegin vom BKA hier. Der haben Sie ein paar bemerkenswerte Details berichtet, für die ich mich auch brennend interessiere«, erläuterte Jan und lehnte sich an den Türrahmen.
Kollbach fing seinen Blick ein und grinste erneut. »Verstehe.« Er schob die Pfanne vom Herd. »Sie meinen die Sache mit ihrem Typen?«
»Genau die meine ich.«
»Die beiden sind immer mächtig am … Na ja, Sie wissen schon. Aber«, er verschränkte die Arme vor der Brust und runzelte die Stirn. »Sie ist doch wieder zurück, seit ein paar Tagen schon. Wonach suchen Sie denn noch?«
»Nun, um genau zu sein: nach ihrem Mörder.«
Kollbach fiel die Kinnlade herunter. Er war sichtlich erschüttert, und der Appetit war ihm auch vergangen. Dafür war er bereit, sich die Fotos anzusehen. Wenige Minuten später tippte er zögernd auf eine Aufnahme, die einen Mann in mittleren Jahren zeigte – ein Durchschnittsgesicht ohne besondere Merkmale, das im Dreiviertelprofil erfasst war. »Ich bin nicht hundertprozentig sicher, und die Aufnahme ist alles andere als berauschend, aber …« Er nickte. »Das könnte ihr Typ sein. Ja, doch … Und Samstagabend war der auch hier. Hab ich zufällig mitbekommen.«
»Und Sie haben keine Ahnung, wie der Mann heißt?«
»Nein. Die haben immer eine Menge lauter Bemerkungen von sich gegeben – die Einzelheiten erspar ich Ihnen jetzt. Aber Namen waren nie gefallen.«
Selbst beim lauten Vögeln konnte es also diskret zugehen, dachte Jan. »Und was war gestern da drüben so los?«
»Ich weiß nicht. Ich habe nur mitgekriegt, dass sie ihm die Tür geöffnet hat, als er kam.«
»Gut, Herr Kollbach, Sie haben uns sehr weitergeholfen. Danke.«
Der Nachbar nickte abwesend. »Was genau ist eigentlich mit ihr passiert?«
»Wir wissen es noch nicht.« Jan steckte die Fotos wieder ein. »Sie ist erst heute Morgen gefunden worden.«
»Scheußlich.«
»Sie sagen es.«
Jan griff nach seinem Handy, als er wieder im Hausflur stand, und gab die Info an Stefanie weiter. Kaum zwanzig Minuten später, als er gerade die Unterlagen im Sekretär von Caroline Meisner überprüfte, rief die Kollegin zurück. »Du sollst mit dem Foto in die zentrale Universitätsbibliothek fahren – die Psychologin hält es für gut möglich, dass Meisners Arbeitskollegen den Mann erkennen könnten, weil er …«
»Schätzchen, das mache ich gerne«, fiel Jan ihr ins Wort. »Aber heute ist Sonntag, und stell dir vor, es gibt Branchen, die an diesem Tag nicht arbeiten.«
»Stell dir vor, davon habe ich auch schon gehört«, erwiderte Stefanie lässig. »Doch diese Bibliothek gehört nicht dazu, zumindest der Lesesaal und die PC-Arbeitsplätze können auch am Wochenende den ganzen Tag genutzt werden, und ein, zwei Angestellte sind auch immer da. Alles längst überprüft – Schatz.«
Jan schwieg drei Sekunden. »Ich bin beeindruckt.«
»Steht dir gut.« Ein Lächeln schien sich in ihre Stimme geschlichen zu haben. »Eine Frau Annette Pape erwartet dich bereits. Sie war etwas enger mit der Meisner bekannt als die anderen.«
»Wow. Warum schicken wir ihr nicht einfach …«
»Wir haben nichts als einen ersten vagen Hinweis und solltenvorsichtig sein mit dem Versenden von personenbezogenen Daten und Bildmaterial, sofern es nicht dringend erforderlich ist. Vielleicht gehört dem Typen ja irgendeine Bank, oder er ist Politiker. Oder noch schlimmer:
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