Herztod: Thriller (German Edition)
entführt worden, um den Arzt unter Druck zu setzen, womit auch immer, aber er hat nicht gespurt, und sie hatte Angst, der Polizei die Wahrheit zu sagen. Unter Umständen spielt sein Beruf eine Rolle oder sogar die entscheidende Rolle, ein Patient oder ein Angehöriger aus Russland, dersich für eine falsche Behandlung rächen will und keine Mühe scheut …«
»Jetzt kriegst du gerade Oberwasser«, bemerkte Kuse.
»Na gut … aber mit dem einen oder anderen Aspekt sollten wir uns trotzdem näher befassen.«
»Sie ist nicht entführt worden«, meinte Hannah Jakob und sah in die Runde. »Aber vielleicht sollte Dr. Schade genau das glauben – das würde auch den abrupten Aufbruch erklären, der ihre Familie zwar verunsicherte und ihnen Sorgen bereitete, aber doch insgesamt zu unauffällig war, um nach einer Routineüberprüfung weiter mit großem Polizeiaufgebot nach ihr zu suchen.«
»Aber …«
»Als ich sie am Donnerstag aufsuchte, stand ihr Koffer noch im Flur!«, führte die Psychologin weiter mit Nachdruck aus. »Sie verschwand zufälligerweise genau in ihrer Urlaubszeit, ihre Wohnung war vorbereitet für eine mögliche Stippvisite, die keinerlei Anhaltspunkte liefern sollte, und der Doktor betont ein ums andere Mal, dass er Carolines Untertauchen für eine aus persönlichen Gründen gewählte Auszeit hielt, die mit ihrer Beziehung zu ihm zu tun haben könnte und ihn nicht sonderlich irritiert habe. Verschärfte polizeiliche Ermittlungen sollten verhindert werden, und zwar unbedingt! In Wirklichkeit war er zutiefst betroffen, durfte sich das aber keinesfalls anmerken lassen, geschweige denn etwas unternehmen, weil er fürchtete, sie zu gefährden. Meine Einmischung war absolut unerwünscht und nicht vorhersehbar. Es war Zufall, dass ich mir in Berlin ausgerechnet diesen Vermisstenfall ausgesucht habe, um vor Ort nachzuforschen.« Sie hielt kurz inne. »Ja, ich denke, man erpresst ihn.«
»Man?«, fragte Decker. »Wovon reden wir hier? Organisierte Kriminalität?«
»Ja. Und Caroline Meisner war eine von ihnen.«
»Wie bitte?«
»Das halte ich für denkbar – es würde auch erklären, woherCarolines Geld stammt. Ich finde, das BKA sollte ebenfalls seine Datenbanken durchforsten.«
Kuse schlug ein Bein über das andere. »Die Theorie klingt gar nicht mal übel, hat aber einen entscheidenden Haken, Kollegin Jakob. Wenn Meisner eine von ihnen war, warum ist sie dann tot?«
»Berechtigter Einwand, doch möglicherweise hat sie einen entscheidenden, einen unverzeihlichen Fehler begangen«, entgegnete Hannah unbeirrt. »Vergessen wir nicht – sie war fast ein Jahr mit Schade zusammen. Vielleicht hat sie ihr Handeln hinterfragt und wurde zu einem Sicherheitsrisiko. Oder der Druck auf ihn sollte unmissverständlich erhöht werden.«
Schaubert stöhnte leise auf. »Mit einem derart grausigen Mord? Was wollen die von ihm?«
Stefanie Hobrecht, die schon eine ganze Weile an ihrem Laptop gesessen hatte, blickte plötzlich hoch. »Wusstet ihr eigentlich, dass der Schade nicht nur Herzspezialist und Chirurg in der Kinder- und Jugendabteilung des UKE ist, sondern seit einiger Zeit auch Transplantationen durchführt? Und habt ihr mitbekommen, dass es in diesem Jahr einen ziemlichen Wirbel gegeben hat, als an mehreren Transplantationszentren Unregelmäßigkeiten bei der Organvergabe aufgedeckt wurden?«
Stille.
»Das ist das Thema«, sagte Hannah schließlich leise. »Dr. Schade hat den Mord als grotesk bezeichnet. Über diese Beschreibung bin ich von Anfang an gestolpert.«
»Scheiße«, meinte Florian trocken.
Schaubert schüttelte den Kopf und klatschte dann in die Hände. »Okay, da müssen wir nachhaken. Es gibt viel zu tun. Wonach suchen wir? Als Erstes nach Schnittpunkten zwischen der Kongressfirma, dem Arzt und der Meisner. Was ist in Sankt Petersburg los? Guckt euch die Lebensläufe an. Hat der Doktor in der Klinik Ärger? Gab es einen tragischen Todesfall nach einer OP? Und so weiter und so fort. Na ja, ihr wisst schon – das komplette Programm.«
»Vergessen wir nicht den Zeugen«, fügte Hannah hinzu. »Michael Folk steht garantiert in irgendeiner Verbindung zu der Kongressfirma. Wir sollten ein Auge auf ihn haben, ohne dass er das mitbekommt, aber mich kennt er bereits.«
Schaubert kratzte sich im Nacken und wandte sich an Gerd Kuse. »Übernimmst du das?«
»Und was ist mit Marie Schade? Ist die völlig aus dem Schneider?«
»Nein, noch nicht. Aber wenn sie an der Uni ist, kannst du ruhig mal
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