Herzüberkopf (German Edition)
ankam waren ungewöhnlich viele Besucher am Strand. Badende, die zwischen den Steinen ihre Decken und Handtücher ausgebreitet hatten und Picknickstimmung verbreiteten. Da die meisten so nah wie möglich am Wasser sein wollten, war der Platz am Stein, den Louis bevorzugte, noch frei. Da war auch um diese Zeit noch Schatten, was wahrscheinlich der Grund sein mochte, dass er nicht belagert war. Als Louis seine Decke ausbreitete, fiel sein Blick auf drei Mädels weiter unten, fast am Wasser. Erst jetzt erkannte er Lea. Sie bot einen ganz anderen Anblick zwischen ihren zwei Begleiterinnen und hatte Louis wohl schon erkannt, denn sie schaute zu ihm und winkte dezent, doch für Louis sichtbar, während ihre beiden Nachbarinnen sich miteinander unterhielten. Louis winkte mit ähnlicher Geste zurück und dabei schlug ihm das Herz bis zum Kehlkopf. Mit dieser Situation wusste er nicht recht umzugehen. Nach alldem, was er mit Lea gestern erlebt hatte, hätte er ebenso jetzt aufstehen, zu ihr hinuntergehen und sie wortlos umarmen können. Doch stattdessen winkten sie sich zu wie zwei flüchtige Bekannte, die sich schon einmal irgendwo getroffen hatten. Louis dachte daran, dass es vielleicht die Scheu Leas vor ihren Freundinnen war, die sie zurückhielt. Vielleicht aber hatte sie auch schon alles bereut und tat so, als ob es nicht stattgefunden hätte. Louis war aufgeregt, ging aber nicht hin. Seine sonstige Selbstsicherheit, die er stets hatte, kam in diesen Minuten nicht in Gang. Nach einer Weile ging er in etwa 20 Meter Entfernung an ihnen vorbei zum Wasser hinunter. Er hatte das Gefühl, dass sie sich über ihn unterhielten. Möglicherweise hatte Lea doch etwas erzählt. Louis schwamm weit hinaus und erst als er wendete und zurückschwamm, bemerkte er lediglich nur eine Person an der Stelle, an der die drei Mädels zuvor gelagert hatten. Sicher würden die anderen zwei gleich zurück sein, dachte Louis sich und versuchte erst gar nicht, aus der Entfernung auszumachen, ob es Lea war, die dort allein am Ufer saß. Doch es war Lea!
Sie sah zu Louis hin, als er aus dem Wasser kam und nun auf sie zusteuerte. Doch noch bevor er sie erreicht hatte, stand Lea auf und kam ihm entgegen. Bevor sie sich mit einem scheuen Kuss begrüßten, sah Lea verstohlen hinauf zum Haus und vergewisserte sich, dass sie nicht in Sichtweite waren. Louis bemerkte es, doch er sagte nichts darüber und deutete dafür als Zeichen, mit ihr im Bunde zu sein, hinauf zu seinem Platz am Stein. Kurz bevor sie den Stein erreichten, nahmen sie sich an der Hand. Louis sah sie an und schaute mitten in ihr strahlendes Gesicht hinein. Alle Bedenken von zuvor waren weggewischt. Sie setzten sich auf eine Weise, sodass Lea sich bei Louis anlehnte, während er seinen Arm um ihre Taille gelegt hatte und sie hielt. Sie hatte die langen honigfarbenen Haare offen über die linke Schulter nach vorne gelegt und ihr Nacken war frei. Louis konnte nicht widerstehen und küsste sie dort, während er diesen wundervollen Duft von ihr einatmete, den er bereits kannte. Er spürte wie Lea es genoss – ohne zu reden – die Welt war wunderbar, so wie sie gerade war. Später erzählte Lea, dass eine ihrer zwei Begleiterinnen ihre Schwester Tini und die andere eine Freundin sei. Als Louis fragte, ob sie den beiden etwas Neues erzählt hätte, drückte sich Lea neckend stärker an Louis und antwortete mit:
„Ja klar, meiner Schwester und meiner Freundin schon. Deswegen haben die dich vorhin so gemustert.“ Dabei lachte sie schelmisch.
„Und?“, fragte Louis humorvoll.
„Prüfung bestanden“, sagte Lea in heiterem melodischem Ton.
„Da habe ich nochmal Glück gehabt, wie?“
„Ja, sonst wär´s nichts mit uns“, lachte Lea darauf und Louis kitzelte sie, sodass sie sich nicht halten konnte und Töne ausstieß, worauf einige Badegäste rundherum amüsiert hinsahen. So verging der Nachmittag. Sie alberten und neckten sich, um dann wiederum ernsthaft über interessante Themen zu diskutieren. Louis mochte ihre frische Art der Weltanschauung sehr und hörte ihr gerne zu, wenn es darum ging, eine feste Überzeugung zu erläutern. Als die Sonne die ersten goldfarbenen Sprenkel auf das Wasser legte, war der Nachmittag im Aufbruch. Der Strand hatte sich gelehrt und war beinahe wieder so, wie er die Woche davor fast täglich an diesem Abschnitt gewesen war; gewissermaßen menschenleer. Schritte waren zu hören und plötzlich stand jemand gegen das Sonnenlicht vor Louis und
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