Herzüberkopf (German Edition)
Fischerbooten der einheimischen Fischer, die vereinzelt, zu zweit oder zu viert, daneben oder darin bei spärlichem Laternenlicht saßen und sich bei Tabak und Wein angeregt unterhielten oder auch schweigend aufs Meer hinaus schauten. Die meisten grüßten aufmerksam und freundlich, als Lea und Louis an ihnen vorbei gingen. Touristen gab es in diesem Dunkelfeld, das etwas abseits der hell beleuchteten Strandpromenade lag, so gut wie keine. Fischernetze hingen ausgebreitet an provisorisch angebrachten Stangen bei den Booten zum Trocknen oder zum Instandsetzen wie Fledermäuse bei Tag an einem Gewölbe sich zum Schlafen hinhängen – gerade so wie es passt. Ein Fremder wüsste nicht einmal, wo der Anfang eines solchen Netzes in dem Gewusel von Schnüren und Knoten zu finden wäre und käme nach kurzer Zeit schon selbst nicht mehr aus dem Netzlabyrinth heraus. Aus der Ferne drang griechische Musik zu ihnen heran, die von den Wellen, die vom Meer her, aus schwarzem Blickfeld aufgesaugt und in ein stetes, langsam abebbendes Rauschen verwandelt wurde, um, als wäre es ein Tanz, mit dieser immerwährenden Natur zu verschmelzen. Lea balancierte auf einer Kai-Mauer entlang, bis zum Ende, hockte sich draußen hin und ließ die Füße über der Brandung unter ihr baumeln. Louis folgte ihr und setzte sich daneben. Lea seufzte und lehnte sich an Louis seitlich an.
„Wie das Leben doch schön sein kann“, sagte sie, hob den Kopf etwas und hielt ihr Gesicht mit geschlossenen Augen in den Wind. Louis fühlte in diesem Augenblick deutlich, wie sein Herz vollständig an Lea verloren war. Er sah sie von der Seite an und Lea fragte:
„Hast du gerade was gesagt?“
„Warum, hast du etwas gehört?“, fragte Louis überrascht, weil er so tief in Gedanken gewesen war.
„Mir war, als ob du etwas gesagt hättest. Was hattest du gesagt?“, antwortete Lea in ihrer Position bleibend; ihre Augen geschlossen haltend. Louis drehte sich etwas schräg zu ihr hin, kam ihr ganz nah und sagte:
„Ich liebe Dich“, und küsste sie. Sie umfasste ihn vollends, zog ihn näher zu sich und für eine ganze Weile hätten sie es nicht einmal bemerkt, wenn sich das Meer davongeschlichen hätte.
Zwischenzeiten
Verdunkelt sich der Horizont
und zeigt ferne Schatten,
werden jene fliehen,
die am Ende niemals Sonne hatten.
Wer warten kann, versteht den Wind
und spürt, wohin er weht;
sonnt sich wohl in drohend wunderbarem Licht
und genießt das ‚Hier und Jetzt‘
mit höchster Zuversicht.
Louis erwachte, als Lea sich rittlings auf ihn drauf setzte, nachdem sie etwas gesagt hatte, was aber bei ihm im Bewusstsein nicht angekommen war.
„Wenn wir das Frühstück nicht verpassen wollen, sollten wir uns unverzüglich vorbereiten und auf den Weg machen“, wiederholte sie ganz nah an Louis‘ Ohr und ihre Stimme hatte alles andere als einen Befehlston, sodass Louis sie plötzlich umklammerte und zu sich herabzog. Lea verstand in Situationen der Überraschungen Laute von sich zu geben, die ausnehmend aufheiternd waren, sodass es Louis an diesem Morgen schwer fiel, abzubrechen und sich aufzuraffen, damit sie das Frühstück tatsächlich noch erreichen konnten. Die Sonne strahlte voller neuer Tagesenergie und auch Señora Margaritha strahlte nicht minder im Frühstücksraum, als Lea und Louis, ein bisschen spät zwar, doch offenbar willkommen, erschienen. Margaritha meinte, dass es an diesem Tag außergewöhnlich heiß werden würde und sie empfahl einen Ausflug auf den höchsten Berg der Insel, wo es bei solchen Temperaturen angenehm sei, in der Stille und im Schatten von Bäumen auf das blaue Meer zu schauen. Die Idee war tatsächlich gut und so ließen sie sich den Weg beschreiben. Mit dem Roller war es nicht allzu weit zum Ziel. Während dem Frühstück bemerkte Louis in Leas Gesicht plötzlich einen angespannten und besorgten Ausdruck. Er fragte nicht – er sah sie nur an und als sich ihre Blicke trafen, schauten sie sich für einige lange Sekunden tief an … ernst und gedankenvoll. Dann sagte Lea:
„Ich will nachher noch zu Hause anrufen. Die wissen noch nichts von dem Vorgefallenen“. Louis nickte zustimmend, doch gleichzeitig schlich sich ein ungutes Gefühl in seinen Bauch. Er sagte nichts, empfand aber, dass es Lea irgendwie ähnlich ging. Dann endlich, nachdem er darüber nachgedacht hatte, dass es nicht gut war, Gefühle zu verbergen und schon gar nicht, Gefühle für und von dem Menschen, der einem am
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