Hetzer & Kruse 03 - Schattengift
hat.
Jemand könnte sie gerettet haben.“
„Das hatte Kunze in der Nacht noch erledigt, aber wir sollten uns heute nochmals erkundigen. Obwohl ich es für sehr unwahrscheinlich halte, dass Frau Schulze von jemandem an dieser abgelegenen Stelle zufällig gefunden worden ist und das auch noch rechtzeitig. Es sei denn, sie hätte noch rufen können oder der Hund hätte auch da schon gebellt.“ Hetzer warf ihm von der Seite einen vernichtenden Blick zu.
„Kannst du eigentlich immer nur negativ denken?“
„Normalerweise nicht, aber die Fakten sprechen doch wohl für sich, auch wenn du das nicht wahrhaben willst und ich noch nicht weiß, warum.“
„Ich muss Peter in diesem Fall zustimmen. Sicher gibt es keine hundertprozentige Gewissheit, aber ihre Überlebenschance war schon sehr gering.“
„Kannst du dich nicht einmal richtig festlegen?“ Hetzer klang genervt. „Immer dieses vage Herumeiern. Nie sagst du konkret, es sei so oder so gewesen.“
„Ich werde auch einen Teufel tun. Du nagelst mich doch hinterher darauf fest. Außerdem sind genau diese Ungenauigkeiten unsere Tatsachen, mit denen wir arbeiten müssen. Das kann ich doch auch nicht ändern, und das solltest du bei deiner langjährigen Tä tigkeit auch schon mal bemerkt haben.“
„Danke Nadja!“, sagte Peter und versuchte, die Schärfe aus dem Gespräch zu nehmen. „Sagst du uns Bescheid, wenn sich etwas Neues ergibt?“
„Muss ich ja wohl“, brummte sie in die Leitung,
„aber jetzt habe ich Wochenende und will meine Ruhe. Tschüss.“
„Na, die hast du ja jetzt sauber verärgert!“, sagte Kruse und gab Wolf das Telefon zurück, das in diesem Moment schon wieder klingelte. Als Peter die Hand zurückzog und abnahm, dachte Wolf darüber nach, ob sie es wohl mit einem Unfall mit Todesfolge oder mit einem Verbrechen zu tun hatten. Sein Instinkt war getrübt. Er fühlte nichts außer einer großen Leere. Peter hatte recht, der Fall betraf ihn zu sehr. Er war einer Frau zu nah gekommen, die er nicht mehr kennenlernen konnte.
Wochenenddepression
Für Anke Tatge begann der Morgen wie jeder dieser unsäglichen Tage, die Wochenende hießen. Wenn sie allein war mit sich und der Welt. Wenn niemand mit ihr sprach, es sei denn, sie riefe jemanden an, was selten geschah. Bei ihr selbst klingelte das Telefon fast nie.
Im Schlafanzug ging sie auf ihren Balkon und steckte sich eine Zigarette an. Jeder andere Mensch hätte wenigstens seine Sucht genossen, aber selbst das konnte Anke nicht. Sie benötigte höchstens drei Minuten für jeden dieser Glimmstängel, den sie in Windeseile in ihre Lungenflügel sog, als gäbe es etwas zu verpassen.
Doch so ganz ohne richtige Freundschaften war das schwer. Alles definierte sich nur über sie selbst. Sie würde etwas verpassen, wenn sie nicht shoppen ging oder zumindest einen Cappuccino in einem der größeren Möbeleinrichtungshäuser trank. Wenn es eine Freizeitaktivität gab, von der man behaupten konnte, dass sie sie am meisten liebte, dann waren es die Sommer- oder Weihnachtsfeiern der Praxis. Da blühte sie auf. Organisierte, schmückte und saß dann später bis in die Nacht hinein. Sie ging erst, wenn Heiner auch aufbrechen wollte. Vielleicht konnte man behaupten, dass nur dies Momente waren, in denen Anke genie
Der Tag danach
Noch immer musste Moni über ihren Nachbarn und Freund Wolf schmunzeln. Er hatte es tatsächlich nicht mitbekommen, dass sie in den wenigen Nachtstunden dicht an seiner Seite geschlafen hatte.
Sie entschied sich, ihn erst einmal in diesem Glauben zu lassen und streichelte Aisha, die ihr auf Schritt und Tritt folgte. Zum Glück blieb die Hündin auch allein. Sie hatte das vorhin zuerst getestet, indem sie zu Gaga hinübergegangen war, um diese in den Garten zu lassen. Es beruhigte sie, dass kein Jaulen aus ihrem Haus drang und dass Aisha noch genau an der Stelle im Flur lag, wo sie sie zurückgelassen hatte. Sie musste später zum Einkaufen fahren, und am Montag hatte sie einen Termin zur Mammographie in Minden. Den konnte und wollte sie nicht absagen. Bei der Vorsorgeuntersuchung hatte der Frauenarzt etwas ertastet, das dringend abgeklärt werden musste. Solange diese diffusen Knötchen in ihren Brüsten nicht als harmlose Kalkablagerungen entlarvt waren, hatte sie in sich selbst keine Ruhe. Es sei wahrscheinlich nichts, waren seine Worte gewesen. Er hatte gut reden. Ihr fiel es schwer, nicht daran zu denken, dass eben doch etwas sein könnte.
Entschieden schob sie die
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