Hetzer & Kruse 03 - Schattengift
Sätzen, worum es ging und dass die Ärztin der Rechtsmedizin gerne mit ihm sprechen würde. Nadja nahm das Telefon, ging in den Nebenraum und ließ die beiden Kommissare mit fragendem Blick zurück. Von Ferne waren nur Bruchstü cke des Gesprächs zu verstehen.
„So“, sagte sie, als sie wieder ins Zimmer kam, „ihr hättet bei dem Fachchinesisch eh nur Bahnhof verstanden. Außerdem kann ich es nicht leiden, wenn man mir dazwischenquasselt. Die Sache ist ganz einfach und auch wieder nicht. Frau Schulze ist rundherum gesund. Es hätte keinen Grund gegeben, weswegen sie ein Cumarin-Derivat hätte einnehmen sollen.
Dr. Wiebking hat im Geiste die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen, denn er hatte sie bekniet, wegen des verletzten Fußes Heparin zu spritzen. Das scheint sie nun aber nicht getan zu haben. Zum Glück!“
„Wäre das doppelt gemoppelt gewesen und darum umso gefährlicher?“, fragte Hetzer.
Nadja nickte.
Peter kratzte sich das unrasierte Kinn und sagte:
„Hat sie vielleicht das Zeug selbst eingenommen? Ich meine, anstatt dieser Spritzen. Vielleicht mochte sie sich nicht ins Fleisch stechen. Könnte ich gut verstehen. Du hast doch gesagt, das andere Mittel gibt es in Tablettenform.“
„Nein. Das geht nicht. Jedenfalls nicht so, wie du denkst. Mit dem Marcumar und anderen Cumarin-Derivaten baust du ganz langsam einen Spiegel im Blut auf. Es wirkt nicht sofort. Der Wert muss beim Einstellen des Patienten dauernd kontrolliert werden.
Wie hätte sie das tun sollen, ohne aufzufallen? Sie hätte sich ständig Blut abnehmen und es ins Labor schicken müssen. Sonst ist das viel zu gefährlich. Aber dafür hätte sie keinen offensichtlichen Grund gehabt.“
„Und, das Ganze ist auch völlig unlogisch“, warf Hetzer ein, „denn wie konnte sie vorher wissen, dass sie später Thrombosespritzen brauchen würde?“
„Manche Frauen haben eine Kristallkugel!“, sagte Peter und erntete dafür einen bösen Blick von Wolf und Nadja.
„Niemand macht sich auf diese Art künstlich zum Bluter. Das ist lebensgefährlich. Wenn es unbedingt sein muss, dann erfolgt eine Behandlung mit Derivaten aus Cumarin nur unter strenger ärztlicher Aufsicht!“, sagte Nadja bestimmt.
„Aber irgendwie“, gab Peter zu bedenken, „ist doch nun das Mittel in ihr Blut gelangt. Wenn sie es also nicht selbst genommen hat, dann muss es ihr jemand verabreicht haben. Habt ihr darüber schon mal nachgedacht?“
„Schon“, antwortete Nadja, „aber ich kann es nicht glauben. Und ich wüsste auch nicht, wie ich es benennen sollte. Versuchter Mord?“
„Tja, das wäre die Frage. Zumindest nimmt sie den möglichen Tod billigend in Kauf“, hakte Hetzer ein.
„Wenn sie sich nicht verletzt, passiert nichts. Dann würden die niedrigen Beweggründe nicht auffallen.
Der potentielle Täter würde meiner Meinung nach aber ein Ziel im Auge haben. Er müsste dafür sorgen, dass sie sich verletzt, damit er Erfolg hat.“
„Nicht unbedingt“, warf Nadja ein, „Frauen bluten auch so von Zeit zu Zeit. Das könnte nach der Gabe von Marcumar oder ähnlichen Mitteln so ziemlich unangenehm werden und eine sehr starke Regelblutung zur Folge haben.“
Hetzer grübelte und klemmte sich eine Locke hinters Ohr. „Was wäre, wenn jemand ihr das Zeug heimlich gegeben hat, um genau das zu erreichen? Einfach so, um sie anfällig oder schwach zu machen, damit er hinterher leichtes Spiel mit ihr hätte?“
„Was sagt denn unsere Rechtsmedizinerin dazu?“, fragte Peter.
„Das könnte durchaus sein. Ich hatte euch ja schon gesagt, dass der Hämoglobin-Wert im Blut niedrig war. Wobei das relativ ist. Ich weiß nicht, wie ihr Normwert war, aber es spricht eventuell dafür, dass sie durch irgendetwas in der nahen Vergangenheit Blut verloren hat. Vielleicht hat sie einen Regelkalender geführt?“
„Möglich“, antwortete Wolf, „aber wer könnte das wissen? Ihre Freundin? Jemand in der Praxis? Ihre Mutter?“
„Das sollten wir herausfinden. Nur nicht mehr heute!“ sagte Peter mit Nachdruck und streckte sich.
„Es ist Wochenende!“
„Schön, dass ihr das auch so seht.“ Nadja stand auf.
„Dann habt ihr sicherlich dafür Verständnis, dass ich meins jetzt genießen möchte. Nichts gegen euch persönlich.“
Hetzer erhob sich ebenfalls.
„Danke, Nadja, du warst uns wirklich eine große Hilfe, auch wenn unser Gespräch noch mehr Fragen aufgeworfen hat. Ich muss erst nachdenken. Aber nicht jetzt. So langsam schlägt die
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