Heurigenpassion
Blutzuckerspiegel nicht rechtzeitig wieder angehoben wird, stirbt der Patient .«
»Ich bin beeindruckt«, meinte der Arzt anerkennend. Oder war es ironisch gemeint gewesen? »Sie sind doch nicht gar Kollege ?«
Palinski winkte ab. »Nein, nein, nur interessierter Laie.«
»Beachtlich, beachtlich«, brummte der Onkel Doktor, dann wandte er sich an Frau Schwarzenbach. »Wann hat Ihr Schwiegervater die letzte Spritze bekommen ?«
»Gestern Abend um 7 Uhr, wie gewöhnlich. Heute wollte ich ihm die Injektion schon etwas früher geben, weil wir um 9 Uhr in Graz sein müssen .« Sie schluckte heftig. »Aber da war er schon ganz kalt .«
»Also Totenschein kann ich jetzt noch keinen unterschreiben«, stellte der Arzt fest, »dazu sind zu viele Fragen offen .«
Wallner nickte. »Die Leiche muss schon alleine wegen der Bisswunde in die Gerichtsmedizin. Die sollen sich den Rest auch gleich ansehen .«
Karl Schwarzenbach war inzwischen auch in den kleinen Raum getreten. Er hatte Tränen in den Augen und schämte sich nicht dafür. Immerhin war es sein Vater, der hier lag.
»Ich hätt des nie für möglich gehalten«, stammelte er, »dass mein Vata zu so was imstand ist .« Er schüttelte den Kopf. »Aber er hat den Hansi imma scho gholfen. Dass er dabei soweit geht, hätt i ma aber net dacht .«
»War Ihr Vater überhaupt körperlich in der Lage zu so einer Hilfeleistung ?« , wunderte sich Palinski.
»Aba ja«, Schwarzenbach nickte, »der war noch gut in Schuss. Er hat no vurgestern im Hof zwa Stund Holz ghackt wie a Junga. Gell Mama ?« , wandte er sich an seine Frau.
Die nickte gehorsam und schnäuzte sich kräftig.
»Is wahrscheinlich besser, wemma unsern Graz-Besuch heute verschiebn«, stelle Schwarzenbach in den Raum. »Das ist wirklich besser«, bestätigte der Inspektor, »ich bin sicher, wir werden noch einige Auskünfte von Ihnen benötigen .« Dann holte er sein Handy heraus und forderte die Spurensicherung an.
* * *
Dreißig Minuten später saßen Wallner, Sandegger und Palinski im überheizten Büro des Inspektors. Franca Aigner, die ein wirklicher Schatz war, war schon etwas früher eingetroffen. Und das, obwohl die stellvertretende Leiterin der Kriminalabteilung am Kommissariat Josefstadt heute eigentlich frei hatte. Der herrliche Duft frischen Kaffees kündete von den guten Taten dieser wahrhaft barmherzigen Frau und weckte Palinskis Lebensgeister endgültig.
»Also das Ganze ist zu schön um wahr zu sein«, er sprach aus, was auch die anderen dachten. »Der Mann mit der Bisswunde ist gefunden, aber tot. Wie praktisch. Wer weiß, was ihm Hans Schwarzenbach alles in die Schuhe schieben wird, wenn wir ihn einmal gefasst haben werden ?«
»Also ich bin ja kein Mediziner«, meldete jetzt auch Sandegger Bedenken an, »und habe auch keine Erfahrungen mit Bisswunden. Aber der Arm von dem alten Herrn sieht nicht so aus, als ob die Verletzung schon 5 Tage alt wäre .«
Palinski nickte zustimmend, doch Wallner wehrte ab. »Warten wir mit weiteren Spekulationen, bis der Bericht der Gerichtsmedizin da sein wird .«
Doch Palinski gab noch keine Ruhe. »Ist euch das dünne weiße Kabel aufgefallen, das im Eingangsbereich an der Wand entlang läuft ?« Wallner überlegte, doch Sandegger nickte.
»Das verschwindet pötzlich völlig grundlos im Boden, hört scheinbar einfach auf. Mich würde wirklich interessieren, wo dieses Kabel hinführt .«
* * *
Marinov hatte vergangene Nacht nur wenig geschlafen. Gegen Mitternacht und nach drei großen Whiskys, oder waren es vier gewesen, hatte ihn seine Frau angerufen. Ingrid war lieb und nett, auch im Bett musste er sich nicht gerade überwinden. Vor allem aber war sie reich, stinkreich und erfreulicherweise bereit, ihn an diesem Reichtum teilhaben zu lassen, in Maßen zwar, aber doch sehr anständig. Sicher gab es kaum jemanden, der Konkurs angemeldet hatte und dem es dabei besser ging als ihm. Aber ihre Eifersucht machte ihm ganz schön zu schaffen. Er hatte zwar immer Freundinnen gehabt, aber Ingrid dank seiner Diskretion eigentlich nie konkreten Anlass gegeben, an seiner Treue zu zweifeln.
Nur mit Mühe hatte er ihr letzte Nacht ihre Hirngespinste ausreden und glaubhaft versichern können, dass er nur sie liebte. Er hatte ihr auch fest versprechen müssen, spätestens am Samstag wieder in Lech zu sein. Bei seinem Ingrid-Schatzi. Um ein Haar wäre sie nach Wien gekommen, um endlich wieder mit ihrem Heribert-Bärli spielen zu können.
Wie er
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