Heurigenpassion
wegen des Verdachts des Mordes an Ernst Schwarzenbach und Leichenschändung verhaften würden. Alles Weitere würde sich ergeben. Denn dass dieser Mord mit dem Tod Elena Kalkonides zu tun hatte, stand für den Inspektor nun eindeutig fest. Jetzt musste er nur noch Palinski erreichen.
* * *
Palinski konnte beim besten Willen nichts mehr hinunter bekommen. Um Tante Mali nicht zu kränken, hatte er sich ohnehin schon zweimal nachgenommen. Jetzt war aber Schluss und für das köstliche Mohnparfait einfach kein Platz mehr. Da konnten die Hausleute noch so locken oder beleidigt spielen.
Während er verschämt den Knopf seiner Jeans öffnete und damit den Druck um die Leibesmitte milderte, ging sein Mobiltelefon los. Es war Wallner, der ihn über die aktuellen Entwicklungen informierte. »Übrigens ist gerade auch die Information der Telefongesellschaft hereingekommen. Gestern ist kein Auslandsgespräch mit den Schwarzenbachs geführt worden. Das war wohl eine Schutzbehauptung, um vom tatsächlichen Aufenthaltsort des Juniors abzulenken .« Dann ersuchte ihn der Inspektor noch, nach Möglichkeit in 15 Minuten im ›Kutscherhaus‹ zu sein.
Palinski war fast gerührt, dass offenbar nichts mehr ohne ihn ging, musste aber angesichts der räumlichen Distanz und auch Wilmas bösen Blickes absagen. Das Sprechen konnte ihm aber niemand übel nehmen.
»Weißt du noch, wie Karl Schwarzenbach im Schankraum seinen bandagierten Arm frei gemacht und hergezeigt hat? Als Beweis dafür, dass nicht er gebissen worden ist«, rief Palinski die Szene in Erinnerung. »Seine spontane Bereitschaft hat uns überrascht und wir haben uns damals damit zufrieden gegeben .«
Wallner brummte etwas, was Palinski als Zustimmung auffasste.
»Er hat das so elegant gemacht wie ein Zauberkünstler seine Tricks. Und wir sind darauf hereingefallen und haben uns gar nicht mehr für seinen zweiten Unterarm interessiert .«
Jetzt erinnerte sich auch der Inspektor wieder. »Du hast recht . Mir ist das noch gar nicht aufgefallen .«
»Tröste dich«, erwiderte Palinski, »wenn mir nicht gestern ein Bekannter ein Kunststück mit einer Münze gezeigt hätte, das eigentlich auch nur auf einer Verarschung der Zuseher basiert, wäre mir das wahrscheinlich auch entgangen.«
»Also dann wollen wir uns gleich einmal den zweiten Unterarm von Herrn Schwarzenbach anschauen«, kündigte der Inspektor an. »Ehe ich es vergesse. Der Kollege, den ich auf diesen Marinov angesetzt habe, hat etwas Interessantes beobachtet. Der Mann wird nicht nur von uns observiert, sondern auch noch von jemand anderem. Sieht ganz nach einem Privatdetektiv aus. Also melde dich, sobald du wieder in Wien bist .«
* * *
Am frühen Nachmittag hatte sich der ominöse Ferenc endlich bei Heribert Marinov gemeldet. Dessen Freude über die Kontaktaufnahme war aber nur von kurzer Dauer.
»Einen schlechteren Zeitpunkt für den Verkauf von Industriediamanten hätten Sie sich gar nicht aussuchen können«, machte er Marinovs Hoffnungen gleich mit dem ersten Satz zunichte. »Es ist in unseren Medien zwar kaum erwähnt worden, aber vor drei Tagen wurden in Brünn Industriediamanten im Wert von 1,2 Millionen Euro gestohlen. Inzwischen sucht die Polizei in ganz Europa danach .« Der Mann lachte anzüglich. »Möglicherweise ist Ihnen das ohnehin bestens bekannt .«
Marinov war schockiert. Gut, er hatte die Steuer, einige Banken und seine Kunden beschissen, meinetwegen war er ein Gauner. Aber doch kein Verbrecher. »Hören Sie«, begehrte er auf. »Ihr Ton gefällt mir nicht. Ich habe nichts damit zu tun. Ich habe meine Steine ehrlich erworben .« Oder zumindest fast, schränkte er für sich ein.
»Regen Sie sich nicht auf«, beruhigte ihn Ferenc, »mir ist es völlig egal, woher Sie die Steine haben. Fakt ist, dass Sie derzeit nicht mehr als 10 Prozent des Wertes lukrieren können .«
Wieso das denn ?« , entfuhr es Marinov. 50.000 waren lächerlich und vor allem viel zu wenig.
»Erstens, weil die Ware brandheiß ist und das Risiko kostet. Zweitens wird der Markt in Kürze mit den gestohlenen Steinen überschwemmt werden. Auch das drückt den Preis .« Mit seiner schulmeisterhaften Art wurde der Mann Marinov immer unsympathischer. »Das ist das Gesetz des Marktes, da kann ich gar nichts machen .«
Da war sie wieder, diese schamlose Abstiererei der Kunden im Namen des Marktes. Auf diese Art und Weise wurden die einen stinkreich und die anderen bettelarm, und das alles, weil der Markt
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