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Heurigenpassion

Heurigenpassion

Titel: Heurigenpassion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Emme
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das angeblich so wollte. So eine Scheiße. Wäre Marinov nicht so ein in der Wolle gefärbter Kapitalist gewesen, er hätte fast Kommunist werden können.
    »Also wollen Sie die 50.000 jetzt haben oder nicht ?« ,drängte Ferenc auf eine Entscheidung.
    So viel bekomme ich bei der Bank immer noch, dachte Marinov, wahrscheinlich wesentlich mehr. Da war er sich ganz sicher. »Nein danke, ich warte, bis der Markt wieder angezogen hat .«
    »Kluge Entscheidung. Sie wissen ja, wie Sie mich erreichen können«, meinte Ferenc noch, ehe er das Gespräch beendete.

     
    * * *

     
    Die Stimmung in Onkel Alois’ guter Stube hatte durch das Telefonat mit Wallner etwas gelitten. Aber nicht nachhaltig, wie Palinski hoffte.
    »Was ich nicht verstehe«, spitzte ihn Wilma eben an, »ist, wie die Wiener Polizei eigentlich je ohne dich auskommen konnte. Bevor du deine zweifellos genialen Fähigkeiten in den Dienst der Verbrechensbekämpfung gestellt hast, muss ja das schiere Chaos in Wien geherrscht haben .«
    Onkel Alois, ein herzensguter, aber Wilmas scharfer Ironie nicht gewachsener Mensch, murmelte etwas wie »Das stimmt doch net, das hätt i doch in der Zeitung gelesen. Früher war da viel weniger los .«
    »Da hast du völlig recht , Onkel Alois. Früher war weniger los«, bekräftigte die Frau, die Palinski schon 24 Jahre lang nicht geheiratet hatte. »Und jetzt ist mehr los. Mein lieber Mario, du ziehst das Verbrechen offenbar an wie das Licht die Motten. Wieso haben wir in Döbling in knapp einem Jahr mehr Gewaltverbrechen gehabt als die ganzen zehn Jahre zuvor ?«
    »Ich sichere die Arbeitsplätze der Polizei auf diese Weise«, auch Palinski konnte ironisch sein. Aber Wilma hatte recht . Ihm war diese Anhäufung kriminellen Geschehens noch gar nicht bewusst geworden. Es war ja paradox, je besser die Ermittlungen, desto mehr Verbrechen. Ganz so, als ob die bösen Buben und Mädchen scharf darauf waren, auch ganz sicher überführt zu werden.
    »Spaß beiseite«, meinte er jetzt ernst. »Das ist tatsächlich ein interessantes Phänomen. Dem muss ich direkt einmal nachgehen .«
    Jetzt wurde der Kaffee serviert. Kein Vergleich mit dem herrlichen Gebräu, das seine neue Maschine im Büro lieferte. Aber nicht schlecht und vor allem besser als gar kein Kaffee.
    »Wisst Ihr übrigens, warum Mario von seinen Eltern so getauft wurde ?« Natürlich wussten es die anderen nicht. Palinski musste innerlich schmunzeln über diesen neuerlichen Versuch Wilmas, endlich die für seinen Vornamen maßgeblichen Motive zu erfahren. Warum auch nicht.
    »Da gibt es eine nette Geschichte«, fuhr sie fort. »Mario, erzähle sie doch bitte noch einmal .«
    »Also gut«, begann Palinski mit der Anekdote. »Mein Vater war ein richtiger Opernfan. Meine Mutter dagegen hat, bis sie meinen Vater kennen gelernt hat, noch nie eine Oper gesehen. Aber aus Liebe ist sie mit ihm in diesen Tempel der Hochkultur gegangen .«
    Er nippte an dem langsam kalt werdenden Filterkaffee. »Die erste Vorstellung, die sie gemeinsam besucht haben, war die »Tosca« von Puccini .«
    »Gell Papa, die hamma vor einige Jahr in Verona gsehn«, erinnerte sich Tante Mali erfreut.
    »A so«, bei Onkel Alois schien das Schicksal der schönen Sängerin keinen sonderlichen Eindruck hinterlassen zu haben.
    »Den Cavaradossi hat damals der berühmte Tenor Franco ...«, wollte Palinski gerade weiter erzählen, als sich die Türe öffnete und der Franzi eintrat.
    »Papa, Papa, es is soweit«, schrie er und alle sprangen auf. »Es ist soweit« bedeutete in diesem Fall, dass die hochträchtige Kuh Zenzi begonnen hatte, ihr Kalb zu bekommen. Wilma trottete einige Meter hinter Palinski in Richtung Stall.
    Ob sie je erfahren würde, warum ihr Mario Mario hieß? Nicht, dass es wichtig gewesen wäre, aber ...

     
    * * *

     
    Als die Polizei unter der Führung Wallners und Sandeggers beim »Kutscherhof« vorfuhr, hatte der Heurige gerade seinen Betrieb aufgenommen. Das bedeutete, dass die folgende Amtshandlung vor den Augen und Ohren einiger Gäste ablief und die Nachricht davon innerhalb kurzer Zeit in Grinzing und dann auch im übrigen Bezirk herum sein würde.
    Zunächst bezichtigte der Inspektor Schwarzenbach, die Polizei vorsätzlich falsch informiert und damit eine behördliche Verfolgungsmaßnahme behindert zu haben.
    »Ich habe nie behauptet, dass der Anruf über die Festnetzleitung gekommen ist«, rechtfertigte sich der Heurigenchef nicht ungeschickt. »Hans hat mich über mein

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