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Heute bin ich blond

Heute bin ich blond

Titel: Heute bin ich blond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie van der Stap
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meinen SMS allein zurückbleibe.
     
    »Erzähl mal von dem Typ.« Rob sitzt an meinem Bett, er will mehr über Krawatte wissen.
    »Er hatte eine Krawatte und tolle Turnschuhe an, und wir haben schön geknutscht.«
    »Und?«
    »Nichts und. Da hört’s bei mir auf, das hab ich dir doch gesagt. Er wusste nicht mal, dass ich eine Perücke trage.«
    Rob lacht.
    »Dabei hatte er beim Küssen die ganze Zeit die Hände in meinen Haaren. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass er da nichts gemerkt hat.«
    Rob lacht noch lauter und nimmt mich ganz fest in die Arme.
    Das kann er gut, so gut, dass er einem die Luft abdrückt, wenn man nicht aufpasst. »Was machst du heute Abend?«
    »Ich glaub, ich schau bei Franken und Kok vorbei. Deinen Geburtstag feiern, um zwölf.«
    Franken und Kok, die Familienkneipe. »Das ist lieb. Morgen darf ich raus. Ich werd mich zwar noch mies fühlen, aber ich würde euch gern sehen.«
    »Ach, Süße, wir bringen dir doch noch ein Blümchen vorbei. Ach, was sag ich, einen großen Strauß für Madame.«
     
    Es ist Abend, und Rob geht. Als sich seine Schritte auf dem Linoleum entfernen, rollen ein paar einsame Tränen meine Wangen hinab. Esther läuft hin und her. Ich betrachte meinen langen Freund und sehe, dass der gelbe Chemobeutel fast leer ist. In wenigen Minuten wird mein langer Freund wieder piepsen, dann kommt Esther mit einem neuen Beutel angerannt. Die liebe, schöne Esther, die mit ihren feuerroten Haaren so sehr gegen alles absticht, was weiß und Krankenhaus ist.
    Sie sieht mich in meinem kahlsten Moment, wie ich ohne Haare und ohne Witze schreibend auf dem Bett sitze.
    »Morgen kommt Jochem, du weißt schon, ich hab dir doch von ihm erzählt. Den musst du unbedingt kennenlernen.«
    »Ja? Wieso?«
    »Er hat gerade angerufen und gesagt, er hätte mal mit dir gepennt. Aber ich hab gesagt, das stimmt nicht. Der hat so eine große Klappe.«
    »Ich hab noch nie mit einem Jochem gepennt«, sagt Esther lachend.

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    Samstag, 11. Juni 2005
    Zweiundzwanzig gelbe Rosen stehen vor meiner Nase. Ich mag gelbe Rosen nicht, strahle aber übers ganze Gesicht, als ich sie nachzähle. Es sind tatsächlich zweiundzwanzig. Eine Karte ist dabei: »Leider kann ich sie dir nicht selbst bringen.« Kein Name. Ist auch nicht nötig, denn ich weiß sofort, von wem sie sind. Ich habe nur einen Freund, der mir gelbe Rosen schickt, und ich habe nur einen Freund, der so aufmerksam ist: Martijn.
    Was für ein Fest. Mein Geburtstag, viel schöner, wenn man krank ist und weiß, dass man noch da ist und ein Jahr älter werden kann, als wenn man gesund ist und weiß, dass man wieder ein Jahr älter geworden ist.
    Meine dritte Titte ist ein besonderer Festschmuck. Von Pauke angeführt, kommen die Schwestern singend ins Zimmer. Pauke mag Zeitverschwendung nicht und koppelt mich gleich von der Infusion ab.
    Ich mag Zeitverschwendung auch nicht; meine Sachen stehen fertiggepackt bereit. Bas hatte Nachtdienst und hat meine Pumpe eigenhändig etwas schneller gestellt. Auch der Rest der Station hat tatkräftig an meinem Plan mitgewirkt. Weil mein HB -Wert wieder etwas gestiegen ist – auf 6,5 –, darf ich die Bluttransfusion heute weglassen.
    Ein Rollstuhl steht für mich bereit. Sie ist noch ein bisschen schwach, haben die sich wohl gedacht. Und tatsächlich fühle ich mich etwas schlapp und verhalte mich auch so. Ich will protestieren, aber als ich aufstehe, sehe ich einen Mix aus Farben und Flecken. Ich rolle von der Station zum Aufzug. Verdammt – zweiundzwanzig und schon im Rollstuhl.

[home]
    Dienstag, 14. Juni 2005
    »Uma Thurman in Pulp Fiction – so eine Frisur will ich haben.« Ich trinke meinen Tee aus, gebe Annabel einen Kuss, schwinge mich auf mein Mountainbike und stelle es zehn Minuten später vor meinem Lieblings-Perückenladen ab. Schnell zeigt sich, dass Schwarz viel zu streng für mich ist, aber das gleiche Modell in Rotbraun passt hervorragend zu meiner blassen Haut. Die Haare fallen mir weit über die Schultern herab, und auch der Pony ist lang.
    »Die können wir gleich für dich in Form schneiden.«
    »Was kostet die?«
    »Zweiundfünfzig fünfzig.«
    Ich schaue überrascht auf. Das ist die billigste Perücke, die ich bis jetzt auf dem Kopf hatte.
    Neben mir probiert eine dunkelhäutige Frau Perücken auf. Sie versteckt ihr Kraushaar unter einem glatten weißen Bubikopf. Das Synthetische tut mir fast in den Augen weh, aber die Wirkung ist sensationell. »Darf ich die auch mal

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