Heute morgen und fuer immer - Roman
sein. Wir müssen da erst mal allein durch!«, klärte ich sie auf und meinte für einen kurzen Moment auch in ihren Augen die Panik flackern zu sehen.
»Wir schaffen das, wir haben das in den Genen. So, jetzt atmen wir drei Mal tief ein und aus, und dann geben wir Vollgas! Mensch, Clara, wir sind jetzt ein Team, ist das nicht schön?«
Allerdings! Und konnte ich auch etwas von dem Valium bekommen, dass Helene heimlich aus dem Krankenhaus gehamstert haben musste, oder wieso war sie so optimistisch und entspannt?!
Maxi, der für den heutigen Anlass eigens einen Anzug bekommen hatte, kam herein, um Bescheid zu geben, dass die ersten Gäste eintrudelten.
»Sagst du Omi Bescheid, dass es losgeht?«, bat Helene Maxi. Omi war noch in ihrem Zimmer und hübschte sich auf, schließlich war das auch ihr großer Auftritt. Sie wollte bezaubernd aussehen, denn ihr Kurschatten hatte sich angemeldet. Helene und ich nahmen uns an der Hand und gingen gemeinsam Richtung Eingang, um die ersten Gäste, die den langen Weg durch den Park kamen, in Empfang zu nehmen. Im Treppenhaus fiel mein Blick auf das Hochzeitsfoto meiner Eltern. Helene bemerkte meinen Blick und lächelte aufmunternd. Die Bäume trugen erste Blätter in hellem frischem Grün. Wir hatten die Bäume mit bunten Bändern geschmückt, alles passend zum Motto des Tages: »Frühlingserwachen«. Wenn es später dunkel würde, hingen Lampions in den alten Bäumen und würden romantisch den Weg beleuchten. Helene und ich posierten an der Treppe zum großen Eingang, wo auch Luisa, Hubertus und ihre Schützlinge mit Tabletts voller Getränke Stellung bezogen hatten. Zum Glück waren die ersten Gäste Stammgäste. Die Hochs, die wir seit Jahren kannten und die jedes Jahr zwei Wochen bei uns wohnten, um Ausflüge in die Museen, die Oper und die Alpen zu unternehmen. Wir boten dem entzückten Paar Getränke an. Frau Hoch, stets bescheiden, nahm sich ein Bergwasser und war begeistert von den Johannisbeeren, Blaubeeren und Himbeeren, die zur Zierde im Wasser schwammen - eine sehr dekorative Idee von Luisa! Nach und nach trudelten immer mehr Leute ein, Freunde vom Konservatorium, alte Gäste, potenzielle neue Gäste, Lieferanten und schließlich die Presse samt Fotografen. Von der »Abendzeitung« über den »Merkur« bis hin zur »Süddeutschen« waren alle gekommen, was laut Valentin meiner Bekanntheit zu verdanken war und der Tatsache, dass ich nach dem Hauptgang ein kleines Konzert geben würde. Na ja, Hauptsache, es half unserem eigenen Anliegen, nämlich das Waldhaus in München und über die Grenzen Münchens hinaus als alten neuen Geheimtipp zu etablieren. Besonders freute ich mich, dass Professor Bruckner mit seiner Frau unserer Einladung gefolgt war. Er war es, der es mir ermöglicht hatte, sowohl am Konservatorium zu unterrichten als auch das Waldhaus mitzuführen.
»Wollen wir sie alle in den großen Salon zur Ansprache bitten?«, fragte Helene und fing auf mein Zeichen hin an, die Gäste freundlich in den Salon zu komplimentieren. Helene, Omi und ich stellten uns nach vorn, ich nahm als Erste das Mikrofon, das Hubertus nachmittags noch fluchend aufgebaut hatte, und begann zu sprechen.
»Liebe Gäste, ich freue mich sehr, dass Sie alle unserer Einladung zur Neueröffnung des Waldhauses gefolgt sind. Wenn Sie sich fragen, was sich ändern wird, so will ich sagen, vieles, aber eigentlich auch nichts. Wir haben uns einige schöne neue Ideen ausgedacht, angebaut, umgebaut, eine Wellnessoase dazubekommen, aber an unserem Motto ›Zuhause ist, wo das Herz ist‹ hat sich nichts geändert. Wir heben nicht ab, wir werden nicht versuchen etwas zu sein, was wir nicht sind, aber wir haben einen hohen Anspruch an uns selber und die Qualität, die wir Ihnen bieten wollen mit regionalen und saisonalen Produkten, traditionellen Gerichten und modernen Behandlungsmethoden. Kurzum, für uns bedeutet Tradition im Waldhaus, die Flamme weiterzutragen und nicht die Asche aufzubewahren.«
Die ersten Gäste lachten und applaudierten, was mich gleich viel entspannter werden ließ. Es war vergleichbar mit der Entspannung, wenn ich den ersten Satz bei einem Konzert gut gespielt hatte.
»Meine Schwester Helene und ich sind übrigens beide hier im Waldhaus geboren, meine Mutter bestand gegen das Anraten meines Vaters und meiner Großmutter auf einer Hausgeburt, was zuvor heftig diskutiert wurde, denn mein Vater befürchtete durch das Schreien meiner Mutter alle Gäste zu vertreiben. Sie setzte
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