Heute morgen und fuer immer - Roman
Muschelkalk, Lettenkeuper und Lösslehm, beste Voraussetzungen für Spitzenweine. Die angebauten Rebsorten brachten die besten Weine hervor: Riesling, Müller-Thurgau, Spätburgunder, Weißer Burgunder und Silvaner. Valentin, der sich mit Weinen genauso gut auskannte, würde unter der bereits bekannten und hochwertigen Biermarke Maienstein auch das Weingut leiten. Qualitative Spitzenprodukte aus Bayern unter der Marke Maienstein war die Idee, die wirklich gut funktionieren konnte. So wie Georg es schilderte, schien Valentin auf seine Weise also auch kreativ zu sein, sonst würde er Weine verpanschen und könnte bestimmt nicht Noten und unterschiedliche Düfte hervorbringen, die am Ende dann mit vielen Adjektiven beschrieben wurden und in guten Restaurants auf der Weinkarte so klangen: eindringlicher, würziger Duft von Zitrusfrüchten, kandierten Pfirsichen, Wachs, Karamell, Dörrfrüchten und Honig. Reintönige, konzentrierte Frucht, saftig, sehr präsente, rassige Säure, explosives Aromenspektrum am Gaumen, fast schmerzhafte Präsenz, extreme Tiefe und Nachhaltigkeit, vibrierende Struktur, noch völlig unfertig, extreme Länge. Atemberaubend!
Georg führte mich zum Abschluss in einen kleinen Raum, wo ich ein frisch gezapftes Bier probieren durfte. Ein Hefeweißbier, weil es nicht so bitter schmeckte, dazu gab es eine Brezn mit Obazda, was zusammen so lecker schmeckte, dass ich mich zwingen musste aufzuhören, um gleich noch Appetit zu haben, denn Jasper und ich hatten Nele versprochen, erst mit ihr in den Tierpark und hinterher in die Reitschule zum Essen zu fahren. Nele war seit Tagen furchtbar aufgeregt und freute sich so sehr, mit ihrem Lieblingsonkel und mir einen Ausflug machen zu dürfen. Je mehr ich mit Jaspers Nichte zu tun hatte, umso mehr wuchs sie mir ans Herz. Sie war aufgeweckt und interessiert, hatte ein großes Herz und war meistens fröhlich. Nachdem ich mich von Valentin mit einem kurzen Gruß verabschiedet und bei Georg mit einer herzlichen Umarmung für die Führung bedankt hatte, ging ich wieder zu den Privathäusern. Nele stand fix und fertig angezogen bereit, selbst die Handschuhe hatte sie bereits übergestülpt und wartete erwartungsvoll an der Tür. In der Hand hielt sie ein DIN-A4 großes Buch, das sie wohl vorhatte, mit in den Zoo zu nehmen.
»Was ist das für ein Buch?«, fragte ich neugierig, und Nele erklärte, dass sie für jedes Tier ein Kapitel angelegt hatte, mit Ausschnitten aus dem Internet und Fotos, die Valentin für sie im Zoo geschossen hatte. Auch heute durften die Kamera und ein Feldstecher zur Beobachtung nicht fehlen. Man konnte Nele wahrlich keine mangelnde Ernsthaftigkeit nachsagen, was ihre Tierliebe und ihr Interesse anging.
»Sehr professionell!«, lobte ich sie, als ich anerkennend ihr Buch durchblätterte, das wirklich sehr aufwendig und liebevoll bearbeitet worden war. Stolz nahm sie das Buch zurück in Empfang.
»Heute müssen wir endlich Fotos von den Robben machen, die sind das letzte Mal immer entwischt!«, wurde ich von Nele gebrieft.
Nele kannte sich in Hellabrunn bestens aus. Sie ging die Wege stets voran, wusste bereits, wo welches Tier hauste, schwamm, schlief, und war völlig aufgekratzt. Ich musste zugeben, dass es mir auch viel Freude bereitete, nicht nur Nele zu sehen, die förmlich aufblühte, sondern einfach an der frischen klaren Luft durch den groß angelegten Park zu gehen und all die Tiere zu beobachten. Im Tierpark waren jede Menge junger Familien unterwegs. Ein Vater zeigte seiner Tochter, die nicht älter als zwei sein konnte, den Tiger und versuchte dabei, den Tigerschrei mit »chhhhwaaaaah« zu imitieren, was die Kleine abwechselnd vergnügt juchzen ließ, um sich im nächsten Moment hinter ihrem Vater zu verstecken. Der Tierpark war wunderschön angelegt, jetzt im Winter trugen die einzelnen Bäume Schnee, und auf den schmalen Flussarmen waren einige Stellen zugefroren. Bei manchen Tieren hatte ich das Gefühl, dass sie sich sehr wohlfühlten und artgerecht im Zoo leben konnten, bei anderen Arten beschlich mich ein ungutes Gefühl, und ich stellte mir die Frage, ob das wirklich die beste Lösung für die Tiere war, hier anstatt in der freien Wildbahn zu leben.
»Kannst du bitte ein Foto von dem Ameisenbär machen?«
Nele gab mir und Jasper an jedem Gehege Anweisungen, ob und welche Tiere sie noch für ihr Buch brauchte. Im Vergleich zu anderen Kindern, die eigentlich immer nur zu den Affen wollten, sah Nele sich alle Tiere genau
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