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Heute morgen und fuer immer - Roman

Heute morgen und fuer immer - Roman

Titel: Heute morgen und fuer immer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anke Greifeneder
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an, las die Informationsschilder aufmerksam durch und fragte auch nach, wenn sie etwas nicht verstand.
    »Ganz schön auf Zack, Ihre Kleine!«, lächelte mich ein älterer Herr an, der Nele für meine Tochter und Jasper für den dazugehörigen Vater hielt. Anstatt das Missverständnis aufzuklären, lächelte ich nur zurück und fand, dass es sich gut anfühlte, diese kleine Leihfamilie für einen Tag zu haben, und gar nicht fremd, was wohl daran lag, dass Nele wie selbstverständlich meine Hand nahm und mir offensichtlich vertraute. Bei diesem Gedanken beschlich mich ein warmes, nicht gekanntes Gefühl.
    »Ich weiß nicht, wie es euch beiden geht, aber ich hab langsam so großen Hunger, dass ich nicht garantieren kann, ob der Flamingo nebenan meine Heißhungerattacke überlebt, wenn er länger hier rumsteht und ich nichts zwischen die Kiemen bekomme. Wollen wir los zur Reitschule?«, fragte Jasper und machte Gesten, als ob er andernfalls kollabieren würde, was Nele zum Lachen brachte.
    Ein wenig erschöpft von dem langen Spaziergang durch den Tierpark fuhren wir zur Reitschule nach Schwabing, die nur einen Katzensprung vom Waldhaus entfernt lag. Die Reitschule war eine Institution und seit achtzig Jahren in Betrieb. Die Ludwig-Maximilian-Universität verlieh ihr bereits in den zwanziger Jahren den Titel Universitäts-Reitschule, und schon damals war die dazugehörige Gastronomie innerhalb Münchens bekannt, was sich bis zum heutigen Tage nicht geändert hatte.
    »Meine Mama hat mich, als ich klein war, immer in die Reitschule auf ein Stück Kuchen und eine heiße Schokolade eingeladen, wenn ich es mir verdient hatte oder Trost brauchte! Wir setzten uns immer an eines der langen Fenster und schauten durch das Glas den Reitern zu, wie sie in der Halle trabten, voltigierten oder sogar kleine Hindernisse übersprangen!«, schwelgte ich in Erinnerungen.
    »Und gehst du heute auch noch mit deiner Mama hierher?«, wollte Nele wissen, was mir einen Stich versetzte. »Nein, das geht leider nicht, meine Mama ist schon seit vielen Jahren nicht mehr auf der Erde, aber sie fehlt mir schrecklich«, antwortete ich wahrheitsgemäß.
    Nele sah mich verständig an.
    »Meine Mama fehlt mir auch!«, sagte sie traurig, und für einen kurzen Moment verlor ich die Fassung, weil mir klar war, dass Nele und ich ein ähnliches Gefühl teilten, wenn auch aus anderen Umständen heraus. Schnell atmete ich tief ein. Keine Ahnung, ob das pädagogisch wertvoll war, auf alle Fälle antwortete ich: »Ich kenne ein tolles Rezept, das bestimmt hilft. Wie wär's mit einem schönen Stück Kuchen und einer heißen Schokolade?«, rief ich aufmunternd. Nele lachte und sprang mit Jasper und mir die Stufen hoch zum gelb gestrichenen, frisch renovierten Gebäude.
    In der Reitschule war viel los, Familien mit Kindern, verliebte Paare, Geschäftsleute, Freundinnen, alles tummelte sich in dem großen Raum, der auf der einen Seite mit einer grauweißen Tapete versehen und auf der anderen mit Sitznischen aus Holz und dunklen Lederbänken bestückt war, jede einzelne davon an einem großen Fenster, das den Blick in die beleuchtete Reithalle freigab. Regelmäßig kletterten Kinder an dem breiten Holzsims hoch und drückten sich an den Fenstern ihre Nasen platt, so auch Nele, die völlig begeistert den Pferden und ihren Reitern zusah. Die Kellnerin mit der bodenlangen weißen Schürze nahm unsere Bestellungen entgegen, nachdem Nele sich an dem großen Glaskuchenbüfett einen Schokoladenkuchen ausgesucht hatte, und balancierte wenig später ein großes rundes Silbertablett mit unserer Bestellung an den Tisch. Wir saßen am Ende des Raums, wo im beheizbaren Kamin ein Feuer vor sich hin flackerte, das eine gemütliche Wärme ausstrahlte. Mit gesundem Appetit verspeisten wir unsere Kuchenstücke.
    Müde und zufrieden traten wir später, draußen wurde es bereits dunkel, die Heimfahrt an.
    »Du musst unbedingt mal mit ins Tierheim kommen, dann zeige ich dir Eddie! Das ist mein Pflegehund. Papa hat gesagt, dass ich ihn vielleicht nach Hause holen darf, wenn ich mich gut um ihn im Tierheim kümmere und lerne, wie man einen Hund pflegt«, plauderte Nele mit bereits halb geschlossenen Augen. Wenig später schlief sie an meiner Schulter ein, und auch ich döste entspannt vor mich hin, während Jasper uns durch die Dämmerung zur Brauerei Maienstein kutschierte.
    »Ich hab euch kommen hören, war's gut?«
    Valentin stand an der geöffneten Autotür und sah zu uns nach hinten.

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