Heute morgen und fuer immer - Roman
verrückt!, versuchte ich mich zu beruhigen, gleichzeitig war mir so was von schlecht bei dem Gedanken, gleich auf Valentin zu stoßen. Um Zeit zu gewinnen, trödelte ich vor mich hin, bis Japser die Geduld verlor.
»Willst du jede deiner Locken einzeln begrüßen, oder was fummelst du dein Haar so umständlich hin? Wir gehen nicht auf den Neujahrsempfang des Bundespräsidenten, sondern zum Familienfrühstück!«
Eher zum Schafott, und da konnte man doch wenigstens gut dabei aussehen, oder? Auf dem Weg in die Wohnküche hörte ich bereits Valentins raue Stimme. Er unterhielt sich mit Nele und klang wie immer. Als er mich sah, wirkte er für einen kurzen Moment wie eingefroren, fing sich aber schnell wieder und presste weiter Orangensaft.
»Hab ich einen Hunger!« Jasper rieb sich gut gelaunt die Hände und häufte sich seinen Teller voll. Mir war so schlecht, dass an Essen überhaupt nicht zu denken war. Alibimäßig löffelte ich einen Joghurt, hätte im Nachhinein allerdings nicht sagen können, um welche Sorte es sich dabei gehandelt hatte.
»Du isst ja wie ein Spatz, Schatz! Ha, das reimt sich ja!«, lachte Jasper und gab mir einen Kuss. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Valentin sich abrupt abwendete und die Kaffeemaschine bediente. Mir war schon klar, welche Bilder und Gedanken ihm gerade im Kopf herumspuken mussten. Nele war ebenfalls noch müde und relativ ruhig für ihre Verhältnisse. Nur als Jasper sie auf das Tierheim ansprach, blühte sie auf und wurde wach. Mist! Den Ausflug dorthin hatten wir Nele schon seit Wochen versprochen. Wir wollten zu viert in das nahe gelegene Tierheim, in dem Nele sich dreimal in der Woche nach der Schule um Eddie und andere Tiere kümmerte. Vor lauter Aufregung mit meinem Konzert und dem Vorfall letzte Nacht war mir das komplett entfallen. Was mir leider nicht entfallen wollte, war die Erinnerung daran, wie Valentin mich geküsst hatte, jede Berührung war so eingebrannt, dass ich Angst hatte, man könnte mir etwas anmerken.
»Wann geht's denn endlich los zum Tierheim?«
Nele wurde ungeduldig, was mir sehr entgegenkam. Das Frühstück auflösen und endlich fort von hier.
Unter normalen Umständen wäre ich im Tierheim nur so dahingeschmolzen, hätte mehrere Tiere adoptiert und unter Tränen die anderen zurückgelassen. Heute jedoch bemerkte ich nicht, ob ich einer Boa Constrictor den Kopf streichelte oder einer Siamkatze, so sehr war ich durch den Wind!
»Jasper, kommst du mit Eddie holen?«, rief Nele und konnte es kaum abwarten, Jasper ihren Pflegedackel vorzustellen.
Das gab Valentin und mir endlich die Gelegenheit zu sprechen. Er hatte sein Visier wieder runtergelassen und versuchte, so abgeklärt wie möglich zu sprechen, aber seine Augen, aus denen Verlangen und Begehren blitzten, sprachen eine andere Sprache. Leise hob er an: »Es tut mir leid, was gestern passiert ist. Ich hatte 'nen schwachen Moment. Dir ist klar, dass das ein einmaliger Ausrutscher war, von dem wir niemals jemandem erzählen werden!«
Ich nickte zustimmend, weil mir nichts Besseres einfiel und ich bestimmt nicht diejenige war, die vorschlagen würde, es miteinander zu versuchen. Das war moralisch nicht vertretbar, selbst wenn ich es wollte. Valentin schien ebenfalls zögerlich, so als ob er darauf wartete, dass ich etwas sagte. »Kannst du das denn einfach so abhaken?«, nahm ich schließlich all meinen Mut zusammen.
Zum ersten Mal sah ich, wie Valentin nervös wurde.
»Alles eine Frage der Einstellung. Das ist wie mit 'nem Schnupfen, der kommt, erwischt dich und geht aber auch wieder.«
Hach, war das schön mit einem bakteriellen Infekt verglichen zu werden. Das wünschte man sich als Frau! Hallo?
Valentin schien meine Reaktion zu begreifen.
»Schau nicht so, du weißt auch, dass es keinen anderen Weg gibt, also mach es nicht noch schwieriger, okay?«
Machte ich nicht, aber eins würde mich dann doch noch interessieren. »Ich wusste gar nicht, dass du dich so für klassische Musik interessierst. Mir kam es so vor, als ob du die Partitur auswendig kannst ...«
Mit einem Schlag war sie wieder da, diese Distanz.
»Ach ja? Das musst du dir eingebildet haben!«
Jasper kam auf uns zu und wollte wissen, worüber wir so sprachen.
»Musik!«, antwortete ich schnell und hakte mich bei ihm unter. Nele bog mit Eddie um die Ecke, der wirklich herzallerliebst war. Fröhlich und sehr anhänglich zugleich, vor allem aber schien er großes Zutrauen zu Nele zu haben, denn er wich ihr nicht von
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